Auf Couchtour
Typ verbrachte definitiv mehr Zeit im Bad als im Gerichtssaal. Auf so einen müsste man immer warten. Der würde seine Kosmetik so exzessiv verteilen, dass man gezwungen wäre, sein eigenes Zeug in einer Plastiktüte unterm Bett zu verstauen, weil im Bad kein Platz mehr frei wäre. Auch hier passt mein Spruch mit der adäquaten Dosierung: Zu viel des Guten nervt. Ich gönnte dir ein bisschen Kurzweil mit Geplänkel und Komplimenthascherei, während ich mich nach dem Mörder umsah. Einer sollte es tun. Da keinem ein nettes Wort für mich einfiel, nutzte ich die Zeit eben so. Ich bin mit den Drei??? groß geworden. Alfred Hitchcocks Meisterdetektive Justus, Peter und Bob begleiten mich noch heute beim Autofahren und lösen jeden Fall. Sie wären dem Täter längst mit Trick 17 auf die Schliche gekommen. Ich hingegen fühlte mich ahnungsloser als eine Jungfrau. Die meisten Verbrecher sind dusselig, deswegen werden sie erwischt. Ich fand aber keinen herausragend dusselig. Was hätte Justus jetzt getan?«
»Das interessiert doch keinen. Erzähl mir lieber, was der Schnauzbärtige mir zugesäuselt hat.«
»Dass du die Haare schön hast.«
»Rita!«
»Ihr habt euch über Markenklamotten unterhalten, und dass Qualität eben kostet. Deine bevorzugten Designer waren auch seine Favoriten. Er meinte, du seist eine ausnehmend geschmackvoll gekleidete Person mit Gefühl für Farbe und Schnitt. Das habe er sofort erkannt. Tragen könntest du ja alles, bei deiner Figur. Mir wird übel, kann ich aufhören?«
»Nein, weiter.«
»Dein Gekicher und dein ›Ach nein‹ animierten ihn, das ganze Gewäsch zu wiederholen. Mehrfach. Er setzte noch einen drauf: Gäbe es eine Farbe, die dir nicht stünde, so sei sie ihm unbekannt, und deine Ausstrahlung brächte Licht in jedes Dunkel. Er fragte dich, ob du als Model arbeiten würdest. Jetzt reicht’s aber!«
»Model? Ach nein.«
»Charline, ich bin nicht der Schnauzbärtige und werde es nicht wiederholen!«
»Schade.«
»Breitschnabel, Charline und Bullermann, Stefan.« Ich rufe die Namen durch meine Hände, damit es sich echt anhört.
»Oje, bin ich dran?«
»So ist es. Du warst irrsinnig aufgeregt und wolltest mich am liebsten mitzerren. Aber das E stand weiter unten auf der Liste. Alles, was ich für dich tun konnte, war, dich zur Tür zu bringen.
Verhört
Bullermann, Stefan wartete schon. Ihr seid zusammen mit einem Officer raus und im Flur nach rechts abgebogen. Es war ein langgezogener, schwach beleuchteter Gang mit Fotoleinwänden von Flugzeugen an den Wänden. Wie originell. Zu beiden Seiten führten viele Türen in viele Räume, die ihr alle hinter euch ließt. Der Officer hatte einen ganz schön flotten Schritt drauf. Seine Sohlen quietschten auf dem Laminatfußboden. Er stratzte schnurstracks geradeaus und schaute sich nicht einmal um. Ich frage mich, warum kein Polizist hinter euch ging? Ihr hättet euch locker aus dem Staub machen können, wäre bei dem Gequietsche gar nicht aufgefallen. Stillers Instruktion, Stillers Problem, dachte sich der Officer wohl. Am Ende des Flurs waren zwei Polizisten auf Hockern postiert, die aufstanden, als ihr kamt. Ihr wurdet wortlos übergeben und getrennt in zwei gegenüberliegende Räume geführt. Hinter dir fiel die Tür ins Schloss. Du standest in einem Büro, aus dem offensichtlich jemand unfreiwillig ausquartiert worden war. Auf dem Schreibtisch in der Mitte des Zimmers zeugten lediglich eine Lampe und ein Laptop davon, dass hier gearbeitet wurde. Ansonsten lagen sämtliche Utensilien, die der seines Platzes Verwiesene in Griffbereitschaft brauchte, achtlos zusammengefegt in einer Kiste neben der Heizung. Na, der würde sich freuen, wenn er wieder rein durfte.
Wie du dir ja vorstellen kannst, warst du nicht allein dort. Ein Beamter in Zivil begrüßte dich und bat dich, auf einem Stuhl vor dem Schreibtisch Platz zu nehmen. Er stellte sich per Handschlag vor: Officer McGee. Du hast ihm mit deinem Namen geantwortet und dich hingesetzt. Der andere wandte dir den Rücken zu. Er stand am Fenster und blätterte geschäftig in irgendwelchen Unterlagen, die sich auf der Fensterbank stapelten. Er suchte wohl deinen Ausweis. Wie war doch gleich sein Name, mhhh?« Ich schiele zur Decke und reibe mir das Kinn. »Mhhh!« Charline kreischt auf. Sie fächert sich mit den Händen Luft zu und hechelt, wie eine Superstreberin im Geburtsvorbereitungskurs. Bevor sie mir austrocknet, erlöse ich sie: »Aaron Steel! Komm, dreh dich um, Aaron, hier
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