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Auf Couchtour

Auf Couchtour

Titel: Auf Couchtour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ramona Wickmann
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– es sah aus, als sei er damit auf Großwildjagd gewesen. Außerdem blockierte er damit ständig zwei Parkplätze. Er hatte definitiv einen Spruch verdient. Also machte ich mich eines Tages an seiner Motorhaube zu schaffen. Ich zog schön geschwungene saubere Linien durch den Dreck und schrieb: ›Wer vor Geld stinkt, sollte sich öfter mal eine Wäsche leisten.‹ Als ich gerade mit dem Punkt abschließen wollte, tauchte er plötzlich auf und fragte, zu Recht, was ich da mache. Charline, mein Herz schlug mir bis in die Haarspitzen. Blitzschnell verwischte ich die Buchstaben mit meinem Ärmel und log, mir sei mein Hustenbonbon aus dem Mund auf seine Motorhaube gefallen, und ich wolle nur die Kleberückstände entfernen. Ich entschuldigte mich demütig und legte dabei mein Unschuldsgesicht auf. Dabei griff ich mir an den Hals und röchelte so was von ansteckend gefährlich, dass er Abstand von mir hielt.«
    »Sag nicht, er hat dir den Mist abgekauft?«
    »Aber hallo, kennst du mein Engel-Spezial-Unschuldsgesicht?«
    »Zur Genüge.«
    »Dann wundert mich deine Frage. Dieser Mann zeigte sich ernsthaft besorgt um mich. Ich hatte mich mittlerweile in eine Kauerstellung gehustet und tastete auf dem Boden nach dem unsichtbaren Bonbon. Trotz Infektionsgefahr beugte er sich zu mir runter und half mir wieder auf die Beine. Er wollte mich sogar krankschreiben! Ich winkte ab und versprach ihm, ich würde mich am Wochenende, in meiner Freizeit, auskurieren. Er fand das außerordentlich lobenswert. Mit Entsetzen bemerkte ich, dass das ›stinkt‹ immer noch lesbar schimmerte. Ich musste einen weiteren Anfall vortäuschen, der mich auf der Motorhaube zusammenbrechen ließ. Ich schupperte und wand mich auf dem Blech, bis es blitzblank funkelte. Ich war komplett eingesaut. Glaub es oder nicht. Er zog sein Portemonnaie aus der Hosentasche und gab mir zwanzig Euro für die Reinigung. Ich nahm es – nach einiger Überredung seinerseits – an. Seitdem grüßt er mich besonders freundlich und wäscht sein Auto regelmäßig. So viel zu deinen ewigen Ermahnungen in puncto: Lügen zahlt sich nicht aus. Lügen kann echt lukrativ sein.«
    »Schäm dich.«
    »Dann du dich aber gleich mit. Du hast ebenfalls davon profitiert.«
    »Ich? Niemals«, leugnet die Ehrlichkeit in Person.
    »Doch. Ich habe dir am selben Abend von dem Schwindelgeld einen Campari spendiert. Der Pullover war eh alt, den habe ich weggeschmissen.«
    »Ich fass es nicht.«
    »Tu nicht so scheinheilig, einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.«
    »Bei dir mache ich da zukünftig eine Ausnahme!« Das hört sich schlimmer an, als es ist. Spätestens morgen hat sie das vergessen – zumindest bis zum nächsten Mal.
    »Wir kamen uns vor wie Störenfriede in dem Imbiss. Es war in etwa so, als hätten sich im Stadion zwei Dortmunder Fans in die Schalker-Kurve verirrt. Ruhe vor dem Sturm. Die Truppe, die sich an den Stehtischen zusammengerottet hatte, machte einen äußerst merkwürdigen Eindruck. Die sahen aus wie Gestalten aus einem Horrorfilm: bleich, dunkle Ringe unter den Augen, gammelige Zahnstumpen, verfilzte Haare, Leinenkluften und Lodenmäntel. An dem Barhocker am Tresen lehnte ein Beil, an dessen Griff ein Zylinder hing. Was hatte das zu bedeuten? Traf sich hier die Henkerinnung, um neue Hinrichtungsrichtlinien auszuklamüsern? Mir war ganz schön mulmig zumute. Troy auch. Wäre es nicht so verdammt still gewesen, hätte er mich bestimmt zum Gehen aufgefordert. Ich spürte seine Befangenheit. Er war mir so vertraut, als hätte ich die passende Antenne für seinen Sender. Ich war heilfroh, dass er ausnahmsweise keine Geräusche von sich gab, und grüßte mit einem fröhlichen ›Hallo‹ in den Raum. Zu meiner Überraschung antworteten die Grusel-Figuren freundlich und widmeten sich wieder ihren Gesprächen. Seltsam. Ihr Gemurmel wiegte mich jedenfalls in Sicherheit. Ich richtete meine Bestellung an den Wirt: ›Fish and Chips extra large und eine Cola light‹ – ganz wichtig, ein kalorienarmes Getränk zu einer Fettbombe. Ich wollte zumindest den Anschein erwecken, auf meine Figur zu achten. Troy begnügte sich mit einem Burger. Schlank, wie er war, konnte er sich eine normale Cola dazu leisten. Er forderte mich auf, mit ihm zu wetten, dass ich meine Portion nicht schaffen würde. Ich lachte siegesgewiss und schlug ein. Dem würde ich’s zeigen. Unser Einsatz: fünf Pfund. Ich massierte meinen Bauch und stimmte meinen Magen auf Arbeit ein. Bereits wenige

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