Auf & Davon
weiß ich auch nicht“, murmelte Ty ernster werdend und neigte das Kinn.
Zane verstummte für eine Weile. Ihm fiel nichts ein, was er dazu hätte sagen können, ohne sich komplett zum Narren zu machen. So langsam wurde er wieder nervös, und er drohte schon wieder den Tatterich zu bekommen. Er rollte sich auf den Rücken und rieb sich mit beiden Händen das Gesicht, ehe er sie zu Fäusten ballen musste, weil sie sichtbar zu zittern begannen. Verdammt, verdammt, verdammt. Er hatte auf eine etwas längere Gnadenfrist gehofft, bevor der Entzug ihn packen würde. Und er konnte nichts trinken, wenn er zur Arbeit musste. „Wir müssen langsam los“, murmelte er schwach und verzog das Gesicht, weil er sich so kläglich anhörte.
Für einen Moment blieb Ty still liegen, verblüfft über den plötzlichen Themawechsel. „Ja“, stimmte er schließlich zu, rollte sich auf die Seite und schwang mit einem Grunzen die Füße über die Bettkante. Er stemmte sich hoch und schlurfte ins Bad, um sich sauberzumachen.
In einem Wirbel von widerstreitenden Gefühlen sah Zane ihm nach. Verdammt, er brauchte dringend einen Schuss, einen Schluck, eine Pille, irgendwas. Zane stieg aus dem Bett und ging nach unten, erst in das kleine Badezimmer unter der Treppe und dann zu seiner Jacke. Er musste dringend diese Pillen loswerden, oder er würde wie ein Irrer eine nach der anderen einwerfen—und das würde es ihm so viel schwerer machen, sich in Tys Nähe unter Kontrolle zu behalten. Ganz zu schweigen davon, dass Ty stinksauer auf ihn wäre.
Ty hörte das Bettzeug rascheln, als Zane aufstand und blieb für einen Moment mit seinem feuchten Waschlappen in der Hand vor dem Badezimmerspiegel stehen, ehe er seinem Misstrauen nachgab und Zane leise folgte. Er zog sich Unterhose und Jeans an und ließ sich Zeit dabei, in der Hoffnung, dass er Zane nicht bei dem ertappen würde, was er befürchtete. Es war ganz offensichtlich, dass Zane schon den Tatterich hatte, und Ty kannte genug Süchtige um zu wissen, dass Zane seinen Vorrat in greifbarer Nähe haben würde.
Zane durchwühlte die Jacke und fand die Dose, in der er seine Pillen aufbewahrte. Er machte sie nicht auf; er tappte nur mit der Dose nervös auf den Ärmel der Lederjacke und versuchte sich dazu zu überwinden, sie wegzuschmeißen. So stand er immer noch da, als Ty hinter ihm erschien und sich schweigend an den Küchentresen lehnte. Zane war so verstrickt in seinen inneren Zwiespalt, dass er Ty gar nicht hörte, und die Dose tappte weiter, mal schneller, mal langsamer, dann wieder schneller.
Ty beobachtete ihn schweigend. Seine Stirn legte sich in immer tiefere Falten, als er Zane so sichtlich mit sich ringen sah.
Die Hand, mit der Zane die Dose umklammert hielt, zitterte, und er schloss die Augen. Er konnte damit aufhören. Er konnte es. Es war nicht sein Körper, der die Droge wollte, das war nur sein Kopf. Er holte tief Luft, öffnete die Augen, drehte sich um und erstarrte, als er Ty dort stehen sah. Ty sah ihm ruhig in die Augen und blickte dann hinab auf die Dose in seiner Hand.
„Pfefferminzbonbons?“, fragte er ausdruckslos.
„Nein.“
Tys Kiefermuskeln arbeiteten, dann entspannte er sich wieder. „Bisschen früh dafür, hmm?“
Zane dachte darüber nach, ob er eine Erklärung abgeben sollte--ungefähr zwei Sekunden lang. Stattdessen griff er nach Tys Hand. Er legte ihm die Dose auf die Handfläche, schloss ihm die Finger darum und ging dann rasch an ihm vorbei die Treppe hinauf ins Bad. Ty blickte ihm nach, dann schaute auf der Dose in seiner Hand und schürzte die Lippen. Mit einem Seufzer steckte er die Dose in seine hintere Hosentasche und ging wieder hinauf ins Schlafzimmer, um mit dem Packen anzufangen.
Zane drehte das kalte Wasser in der Dusche an und ließ sich dann auf den Badewannenrand sinken. Er fluchte vor sich hin. Warum fiel ihm das nur so schwer? Er hatte schon viel härtere Drogen aufgegeben. Dagegen waren diese Pillen Kinderkram.
Er stieg in die Dusche. Also warum kam es ihm dann dieses Mal so vor, als hätte er so viel mehr zu verlieren? Das Verlangen nach Drogen widerhallte in seinem Kopf, das Bedürfnis nach einem Schluck Alkohol drehte ihm den Magen um und die Gier nach einer Zigarette ließ seine Finger zucken. Gott, er war ja so verkorkst. Damals war ihm alles egal gewesen. Er war davon ausgegangen, dass er es ohnehin nicht lange genug machen würde, dass die Sucht für ihn zum Problem werden konnte. Am ganzen Körper zitternd lehnte er
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