Auf & Davon
„Ich habe tatsächlich eins erstellt“, bestätigte er mit einem sachlichen Nicken. „Ich warte immer noch darauf, dass du es widerlegst.“
Zanes Interesse an diesem Gespräch erlosch, und damit auch das lebendige Funkeln in seinen dunklen Augen. Seine Miene versteinerte wieder. Jeder erwartete immer von ihm, dass er sich änderte. „Wie gnädig von dir“, sagte er kurzangebunden.
Ty zuckte die Achseln. „Wenn du weiterhin willst, dass ich dich für einen Waschlappen und Schreibtischhengst halte, ist mir das auch recht. Sag aber nicht, ich hätte dir keine Chance gegeben“, warnte er und lehnte sich wieder in seinem Stuhl zurück. Rechts von ihm bewegte sich jemand zu schnell; er warf einen Blick in diese Richtung und folgte der Person dann eine Weile mit den Augen. Die plötzliche Anspannung nahm ihn ganz in Anspruch.
„Ich kann ja doch nichts tun, um deine Meinung von mir zu ändern“, sagte Zane säuerlich. Er hatte die Veränderung in Tys Verhalten nicht einmal bemerkt. „Außerdem liegst du nicht ganz falsch.“ Er hörte sich jetzt eindeutig verbittert an. Zane nahm einen großen Schluck von seinem Eistee, um seiner Verärgerung wieder Herr zu werden.
„Aha, wie sich‘s anhört, holt dich deine Vergangenheit gerade wieder ein“, stichelte Ty und wandte sich wieder Zane zu. „Das ist noch so etwas, worüber ich nichts hören will.“
„Ich hab’ sowieso nicht vor, dir die Schicksalsmelodie vorzuspielen“, fauchte Zane.
Ty lachte gutgelaunt und nickte. „So ist es besser“, sagte er anerkennend.
Zanes zog die Nase kraus, als er feststellte, dass er schon wieder fast die Beherrschung verloren hätte. Irgendetwas an Ty brachte Seiten von Zanes Charakter ans Tageslicht, die er lieber verborgen gehalten hätte. Das hier würde sicher katastrophal enden. „Es waren vier“, murmelte er, ehe er es sich anders überlegen konnte.
„Vier was?“, fragte Ty in offensichtlicher Verwirrung.
Zane räusperte sich verdrossen und schaute sich kurz um. „Nutten“, quetschte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
„Alle auf einmal?“, fragte Ty mit Unschuldsengelblick.
„Nein, nicht alle vier“, murmelte Zane vor sich hin.
„Schande aber auch“, grinste Ty. „Warum?“
Zane seufzte innerlich. „Eine war mit ihrem Freier im anderen Bett zugange“, sagte er und hob sein Glas, um sich noch einen Eistee zu bestellen. Das war vielleicht eine irre Nacht gewesen. Soweit er sich daran erinnern konnte, jedenfalls.
„Bezaubernd und pervers, aber das hab ich gar nicht gemeint“, sagte Ty unbewegt. „Eigentlich wollte ich wissen: Warum Nutten?“, stellte er mit einem koboldhaften Grinsen klar. „Wenn man dafür zahlt, heißt das doch normalerweise, dass man seinen Frust loswerden und nicht, dass man es genießen will.“
„Es sei denn, man ist so stockbesoffen, dass man’s nicht besser weiß“, verwies Zane und nahm noch einen Schluck Eistee.
Ty zog die Augenbrauen hoch und legte interessiert den Kopf zur Seite. „Bist du ein Säufer?“, fragte er direkt.
Zanes Lippen zuckten ironisch. Anstatt zu antworten, trank er noch einen Schluck Tee.
„Au, das kann ja heiter werden, wenn wir mal in eine Schießerei geraten“, sagte Ty sarkastisch. Er kniff die Augen zusammen, formte mit Daumen und Zeigefinger eine Pistole und fuchtelte damit in der Luft herum, als versuchte er zu zielen. „Sorry, Boss, ich hab auf den Mittleren gezielt“, rief er leise.
Jeglicher Ausdruck verschwand aus Zanes Blick. „Ich trinke nicht mehr“, sagte er nach einer langen Pause.
„Soll heißen?“, forschte Ty. „Was, du bist ein geheilter Alkoholiker ?“, fragte er mit ätzendem Unterton.
Zanes Augen wurden schmal und sprühten zornige Funken von der Anstrengung, einen plötzlichen Anfall von Mordlust unter Kontrolle zu halten. Er hätte wissen müssen, dass Ty selbst das ins Lächerliche ziehen würde. „Alkoholiker können nicht geheilt werden“, gab er scharf zurück und stand von seinem Stuhl auf. „Ich bin gleich wieder da“, murmelte er und ging Richtung Eingangstür.
„Das weiß ich doch“, rief Ty ihm nach, ohne aufzustehen. „Die Computerfritzen sollten sich mal einen Sarkasmus-Dolmetscher zulegen“, brummte er vor sich hin und verdrehte die Augen.
Zane hörte ihn schon, war aber zu wütend, um sich umzudrehen. Er musste sich beruhigen oder er würde noch seine ganze so schwer erkämpfte Selbstkontrolle wieder verlieren. Er ging durch die Tür auf den Gehsteig hinaus. Ein
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