Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition)
Fälschungen erkannt – gleiche Fehlerdaten in verschiedenen Experimenten!
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Eine Lüge kann den halben Weg um den Globus machen, bevor die Wahrheit Zeit hat, die Stiefel anzuziehen. – Mark Twain
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Solche Betrügereien zu entlarven kann erstaunlich lange dauern, selbst in Zeiten, als Versuche noch sorgsamer reproduziert wurden als heute. Um 1920 galt der Physiker Emil Rupp als einer der führenden Experimentatoren, ehe sich nach über zehn Jahren herausstellte, dass alle seine Daten gefälscht waren. Originell ist, wie Rupp endgültig aufflog. Einstein hatte sich einmal in einem Vorzeichen verrechnet, und Rupp, der ihm aus Selbstschutz immer recht gab, bestätigte dieses falsche Vorzeichen experimentell. Ein zweifellos nützlicher Fehler.
Aber die Mühlen der Falsifikation arbeiten sehr, sehr langsam, selbst in eindeutigen Fällen – beunruhigend. Die größtenteils idealistische Gemeinschaft der Wissenschaftler ist wohl unzureichend auf Sabotageakte wie Fälschungen vorbereitet. Bei aller Aufmerksamkeit, die Fehlverhalten in der Wissenschaft zu Recht erhält, stellt dies jedoch nicht die größte Gefahr für sie dar. Die allermeisten Wissenschaftler verfolgen ihre Projekte sorgfältig und integer, jedoch zeigen Beispiele wie Otto Hahn, dass auch nach bestem Wissen und Gewissen arbeitende Forscher sich gewaltig verlaufen können. Über Generationen tradierte Vorstellungen sind dabei besonders haltbar – Paradebeispiel ist natürlich das geozentrische Weltbild, das die Astronomie fast zwei Jahrtausende lang dominierte.
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Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. – Friedrich Nietzsche
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PRÄZISIONSKOSMOLOGIE, DIE DEN VERSTAND ERMÜDET
Dabei war dieses Modell der antiken Astronomie keineswegs unwissenschaftlich. Aus heutiger Sicht lacht man über die Vorstellung des Ptolemäus, die Erde würde im Zentrum der Welt ruhen, und über die dümmlichen Argumente, die Galilei in einem satirischen Dialog dem damaligen Papst Urban als Simplicio in den Mund legte. Aber wenige Jahrzehnte vor dem ersten Teleskop, und erst recht zu Zeiten von Kopernikus, klang die Vorstellung noch ziemlich logisch, die Erde sei der Mittelpunkt der Welt. Dass sie sich um die Sonne drehe, erschien dagegen absurd. Schließlich nehmen wir keine entsprechende Bewegung wahr, und außerdem fallen Gegenstände zur Erde – ein starkes Indiz dafür, dass sie das Zentrum des Weltalls sei. Hinweise auf die Bahnbewegung der Erde, etwa die Verschiebung der Sternpositionen, waren noch nicht beobachtbar.
(2) Epizykelmodell
Und schließlich wurde die scheinbare Rückwärtsbewegung von Planeten, etwa wenn wir Mars auf der ‚Innenbahn‘ um die Sonne überholen, auch anders befriedigend gedeutet: Man stellte sich vor, auf einer Kreisbahn um die Erde sei ein kleinerer Kreis montiert, auf dem Mars seine Runden dreht, ein sogenannter Epizykel. [7] Heute kommt uns das albern vor, es war jedoch die fast einhellige Überzeugung der klügsten Köpfe. Einzig die Tatsache einer gewissen willkürlichen Komplikation konnte damals Zweifel am Ptolemäischen Weltbild nähren. Weil das Modell der Epizyklen nicht perfekt passte, verschob man den Mittelpunkt des Hauptkreises zu einem sogenannten Exzenter, um mit den Beobachtungen im Einklang zu sein. Und weil gleichsam als Nebenwirkung des Symptomkurierens die Geschwindigkeit immer noch nicht stimmte, postulierte man einen weiteren willkürlichen Punkt, den Äquanten, von dem aus gesehen die Planetenbewegung gleichmäßig erfolgen sollte. Die Epizykeltheorie ist seither zum Synonym für eine gedankenlose Komplizierung geworden. Der Historiker Arthur Koestler nannte sie treffend „Produkt einer müde gewordenen Philosophie und einer im Verfall begriffenen Naturwissenschaft“. 14
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Hätte mich der Herrgott bei der Schöpfung um Rat gefragt, hätte ich etwas Einfacheres empfohlen. – König Alfonso X. von Kastilien
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LIEBER DIE BESCHREIBUNG IN HÄNDEN ALS DIE ERKLÄRUNG IM KOPF
Offenbar ist Genauigkeit in der Physik nicht alles, solange keine vernünftige Theorie dahinter steht. Dennoch wird heute die offensichtliche Komplizierung der Physik mit dem Argument gerechtfertigt, die Standardmodelle seien so schön präzise – man redet hier komplett aneinander vorbei. Ein Modell mit vielen anpassbaren Parametern tut sich eben unvergleichlich leichter, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, wenn die Beobachtungen sich widersprechen.
Nebenbei produziert der
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