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Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Titel: Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen McQuestion
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bedeutet. Ich werde sie nicht zurückbekommen.«
    »Trotzdem«, meinte Jazzy. »Sie müssen doch Hoffnungen und Träume haben, die noch nicht verwirklicht worden sind?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Nicht einmal eine einzige Hoffnung, einen einzigen Traum?« Jazzys Stimme klang jetzt schmeichelnd. »Nur einen?«
    Rita blickte zu Boden. »In letzter Zeit
hoffe
ich auf Gerechtigkeit und
träume
von Rache. Hatten Sie das im Sinn?«
    »Nein.« Jazzys Gesicht verdüsterte sich. »Es tut mir leid.«
    »Schon gut«, meinte Rita. »Es ist schön, dass Sie voller Optimismus und großartiger Ideen sind. Ich mag es, dass Sie soviel Energie haben. Aber Sie sind jung. Sie werden eines Tages feststellen, dass manche Dinge sich nicht so einfach lösen lassen.« Sie rückte auf ihrem Stuhl nach hinten. »Falls überhaupt.« Einen Moment lang sah sie so aus, als würde sie gleich aus dem Zimmer stürzen.
    Leticia, die ihr im Kreis gegenüber saß, sagte: »Vielleicht würde es helfen, wenn wir alle ein Gebet sprechen, damit Rita Frieden findet? Wäre Ihnen das recht?« Marnie spürte die Veränderung bei Rita: Leticia hatte genau das Richtige gesagt. Rita nickte dankbar. Ohne ein Stichwort zu benötigen, reichten die Frauen sich die Hände und senkten die Köpfe. »Lieber Gott oder gute Göttin oder an welches höhere Wesen jede von uns auch immer glaubt«, sagte Leticia, »bitte hilf unserer Freundin Rita, Frieden und Freude in ihrem Leben zu finden. Eine gewisse Gerechtigkeit wäre ebenfalls gut. Und lass Marnie Frieden damit schließen, dass sie ihren Stiefsohn verloren hat.« Eine nach der anderen schloss sie jede Frau der Gruppe in ihr Gebet ein und endete dann: »Und danke, dass du uns zusammengeführt und Jazzy in unseren Kreis gebracht hast.«
    Als das Gebet zu Ende war, sagte Marnie mit den anderen zusammen ein von Herzen kommendes Amen, was merkwürdig war, weil sie in letzter Zeit den Glauben an fast alles verloren hatte.

10
    Am nächsten Vormittag war Marnie im Supermarkt und hatte gerade Bananen in ihren Einkaufswagen gelegt, als sie Matt Haverman, Troys besten Freund seit der dritten Klasse, erblickte. »Hi Marnie«, sagte er. Er lehnte sich gegen eine Auslage und sein Hintern stieß an eine Reihe von Granatäpfeln. »Wie läuft’s so?« Das Selbstbewusstsein dieser jungen Generation erstaunte Marnie. Was für ein Unterschied zu ihrer eigenen Teenagerzeit, als sie kaum einem Erwachsenen auch nur in die Augen geblickt hatte. Matt konnte sich mühelos mit jedem Erwachsenen unterhalten. Tatsächlich war er manchmal, wenn er bei ihnen zu Hause gewesen war, eigens aus Troys Zimmer gekommen, um mit Marnie zu plaudern. Sie hatte bessere Gespräche mit ihm geführt als mit den meisten Erwachsenen.
    »Hallo Matt«, antwortete sie und ihr Lächeln war echt. Matt war einer dieser schlaksigen Jugendlichen, die beim Wachsen in die Höhe schossen. Heute trug er weite Khaki-Shorts und sie sah, dass er haarige Männerbeine hatte. Sie dachte an den alten Spruch, ›Wie die Zeit verfliegt!‹ Das stimmte wirklich. Zumindest kam es einem so vor, wenn es um heranwachsende Kinder ging. Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als neben ihneneine automatische Luftbefeuchtungsanlage ansprang und eine Lage Gemüse einsprühte.
    Beide zuckten zusammen und wandten sich um. Matt lachte. »Ey, Alter. Hab ich mich erschreckt. Ich wusste gar nicht, dass das Gemüse hier duscht.«
    Matt war zum Plaudern aufgelegt. Er zeigte auf seine Mutter, die sich gerade mit einer anderen Frau unterhielt, und sagte, er sei zum Helfen mitgekommen. »Ich soll Mom das Hundefutter und das Wasserenthärtungssalz tragen. Sie sagt, die Tüten sind ihr zu schwer.« Er verdrehte die Augen.
    »Das ist nett von dir«, meinte Marnie. »Ich bin mir sicher, sie weiß das zu schätzen.« Sie kramte in ihrer Handtasche nach ihrer Einkaufsliste.
    »He, was ist da los mit Troy?«, fragte Matt.
    »Wovon sprichst du?«
    »Wieso fährt er in dieses Ferienlager?«
    Marnie wurde es schwer ums Herz. Wie kam es, dass Matt alles über Troys Leben wusste und sie nicht? »Ich weiß eigentlich nicht, was bei Troy läuft«, erwiderte sie langsam. »Kimberly hat jetzt das Sorgerecht für ihn. Ich habe nichts mehr zu sagen.« Sie blickte wieder in ihre Handtasche, lenkte sich ab, damit ihre Augen sich nicht mit Tränen füllten. Ah, da war er ja – ein zusammengefalteter Notizzettel mit ihrer handgeschriebenen Einkaufsliste. Bananen standen zuoberst. »Er fährt also in ein Ferienlager?«
    Matt

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