Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde
ihm gehört.
Aber insgesamt gesehen waren die Vorstellungen von Amerika doch ganz positiv oder faszinierend?
Zu unserer Kinderzeit war uns Amerika schon näher als beispielsweise die ostasiatischen Länder. Im Hafen haben wir selbstverständlich schwarze Amerikaner gesehen, aber auch Asiaten. Als Kinder haben wir festgestellt, dass es hier viele von Chinesen betriebene Wäschereien gab. In Hamburg haben wir sicher mehr mitbekommen als woanders, und es war uns deshalb auch geläufiger, dass auf dieser Erde sehr unterschiedliche Menschen leben. Nach dem Krieg haben uns die Carepakete und die ganze Hilfsbereitschaft von drüben natürlich für Amerika eingenommen. Dass die Vereinigten Staaten als Siegermacht uns, die wir den Krieg angefangen hatten, so großzügig halfen, hat uns schon beeindruckt. Viele bekamen Carepakete. Als Lehrerin habe ich auch die Schulspeisung hautnah miterlebt, die von der Care-Organisation durchgeführt wurde – wir wohnten damals in einem Zimmerchen in Neugraben bei Hamburg. Haben Sie mal Bilder gesehen von einer Schulspeisung?
Die habe ich noch selbst genossen.
Kennen Sie diese Kübel, aus denen sie ausgegeben wurde? Wahrscheinlich waren es bei Ihnen im Ruhrgebiet die gleichen. Auch die Bevölkerung in Fischbek-Neugraben hat von diesen Suppen oder dem Haferbrei profitiert. Vielen Kindern ist durch die Schulspeisung möglicherweise das Leben gerettet worden, denn das Essen war reichlich. Wir mussten es bezahlen, und ich weiß, dass mein Schwiegervater, der ja Lehrer in Hamburg war, auch dafür bezahlt hat.
Das waren alles sehr positive Eindrücke, die Sie von Amerika gewonnen haben.
Dass unmittelbar nach dem Krieg von drüben nicht nur die Carepakete, sondern auch Essen für die Schulen kam, hat mich sehr beeindruckt; ich habe es in meiner Schule ja auch mit verteilt.
Das Amerikabild Ihrer und meiner Generation wurde auch durch die amerikanische Literatur geprägt, die nach dem Zweiten Weltkrieg plötzlich zu bekommen war.
Das können Sie aber nur als Kind erlebt haben. Zuerst kamen die rororo-Bände, auf Zeitungspapier gedruckt und im Zeitungsformat. Das war eine Offenbarung! Die wurden natürlich gelesen und sofort an jemand anders weitergegeben, weil es so viele davon nicht gab. Später kamen dann die kleinen, festen Taschenbücher auf. Die freie Literatur, vor allem die amerikanische, war für uns nach den Bücherverboten der Nazizeit wahrscheinlich wichtiger als das Essen, auch wenn wir das nicht gleich gemerkt haben. In jener Zeit kam überhaupt viel Neues auf uns zu. Zum Beispiel tauchten die Impressionisten aus Frankreich auf einmal in Form von Reklameplakaten auf. Wir haben sofort unser Zimmer damit dekoriert.
Wie ist Ihre erste Amerikareise verlaufen, und was haben Sie dabei empfunden? Für die meisten Deutschen war es ja etwas ganz Besonderes, wenn sie zum ersten Mal nach Amerika fuhren.
Ich nehme an, meine erste Amerikareise hat Anfang der sechziger Jahre stattgefunden. Ich habe sie nicht als eine Sensation empfunden, denn wenn das so gewesen wäre, hätte ich das genaue Datum noch parat. Ich hatte feste Vorstellungen von diesem Land, vornehmlich geprägt durch Bücher, Zeitungsartikel und das Kino.
Können Sie sich noch an die ersten Eindrücke bei Ihrer Ankunft erinnern?
Ich kam mit dem Schiff in New York an, und die Freiheitsstatue war schon ein beeindruckender Anblick. Wir kannten sie ja von Bildern als ein Symbol für die amerikanische Freiheit und Großzügigkeit. Nun sahen wir sie in der Realität. Die Hafeneinfahrt glich der unseren. Wenn man wie ich aus einer Hafenstadt kommt, vergleicht man solche Anlagen natürlich. Imposanter als unsere in Hamburg fand ich sie aber, glaube ich, nicht.
Hatten Sie das Gefühl, dass Sie da zu einer Weltmacht fuhren?
Damit kann ich nicht dienen, denn ich hatte Amerikaner hier bei uns schon erlebt. Fremd erschienen sie mir nicht, eher vertraut. Dass ich eine Weltmacht besuchte, war mir deshalb nicht sonderlich bewusst.
Später waren Sie dann an der Seite des Kanzlers häufiger in Amerika. Wie kamen Sie mit den Amerikanerinnen zurecht?
Die Amerikanerinnen haben einen natürlich nach tausend Sachen gefragt, weil sie genauso neugierig auf uns wie wir auf sie waren. Manchmal kamen mir ihre Fragen etwas naiv vor. Aber das hat mich nicht verwundert, denn Deutschland – und Europa überhaupt – waren für sie doch weit weg und nicht so wichtig, wie das umgekehrt der Fall gewesen ist.
Sie haben vier amerikanische Präsidenten
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