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Auf dem Rücken des Tigers

Auf dem Rücken des Tigers

Titel: Auf dem Rücken des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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werde es halten. Ich bin ganz vernünftig. Ich werde so lange hierbleiben, wie es deine – deine Helfershelfer wünschen.«
    »So lange es dein Freund Wolfgang Müller für nötig hält«, verbesserte ihn Erik.
    Er stand unschlüssig vor ihm. »Hast du diese Geschichte in Aglaias Salon angestiftet?« fragte er dann unvermittelt.
    »Wer behauptet das?«
    »Ja oder nein?«
    »Also Aglaia«, sagte Christian.
    Verärgert bemerkte er Eriks Mißtrauen. Er sah wieder Gespenster, die ihn jagten: den Mann mit dem Schlapphut, die Stirnglatze, den windigen Burschen, den Jutta in der Bar gestellt hatte.
    »Wenn mich Aglaia schon bespitzeln läßt«, setzte er grimmig hinzu, »weiß sie ohnedies alles.«
    »Eben«, entgegnete Erik und ärgerte sich über das Wort.
    »Die Sache hat mich köstlich amüsiert«, erwiderte Christian, »aber ich hatte nichts mit ihr zu tun. Das kannst du nun glauben oder nicht.«
    Erik überlegte, ob er dem Bruder glauben könne.
    Eine der Ungeheuerlichkeiten Christians war, niemals zu lügen, sondern die Wahrheit, selbst in konventionellen Dingen, wie eine Waffe zu nutzen, eine Waffe, die verletzen sollte.
    Der Bruder hatte sich überraschend schnell erholt, aber die Frage blieb, wie weit seine Lebensweise den Verstand schon angekränkelt haben mochte.
    Von Medizin verstand Erik nicht viel, aber er wußte, daß sich das Persönlichkeitsbild eines Säufers unter dem Einfluß von Alkohol verändert. Weil Christian ein Alkoholiker war, hatte er ihn schließlich hierher begleitet.
    Er gestand sich ein, daß er Christians kränkendes Misstrauen teilte. Er wagte nicht, eine Entscheidung zu treffen, ob diese Entfremdung nur logisch sei oder ob bereits Aglaias Einfluß auf ihn einwirkte.
    Seine Frau war keine Phantastin, und Christian hatte auch einiges dazu beigetragen, ihren Haß zu nähren. Erik weigerte sich noch immer, in Aglaias Animosität gegen den Bruder mehr zu sehen als den Zorn einer Gekränkten. Weder Christian noch Aglaia hatten etwas unternommen, um den verjährten Zwist einzuschläfern.
    Mitunter wollte sich Erik der Verdacht aufdrängen, hinter Aglaias Anwürfen könnte auch die Angst stehen, Christian würde eines Tages Vater, und der Konzern hätte dann neben Sebastian einen weiteren Erben. Zwar teilte er mit der Zeit – aus ganz anderen Gründen – die Abneigung seines Bruders gegen Aglaia, trotzdem traute er ihr ein so egoistisches Angstdenken nicht, noch nicht zu, zumal sie sich bis vor kurzem mit direkten Kabalen gegen Christian zurückgehalten hatte; sicher gegen ihren Willen, denn sie mußte wissen, daß ihr Mann auf Anwürfe gegen den Bruder empfindlich reagierte.
    Wenn sie nunmehr aus der Deckung ging und den Gehaßten offen beschuldigte, würde sie auch Beweise vorzeigen können, was für Erik nichts an der Tatsache änderte, daß er sich aus seiner Frau nichts mehr machte und den Bruder mochte.
    »Ich möchte, daß du dich erholst«, sagte Erik, »und alles vergißt, was …«
    »Vergiß, wenn du kannst«, unterbrach ihn Christian sarkastisch.
    »Wir sollten uns wieder sprechen, wenn du über dem Berg bist«, entgegnete Erik.
    »Einverstanden«, lenkte Christian ein. »Bleibst du länger in München?« fragte er ohne Übergang.
    »Weiß nicht«, wich Erik aus.
    »In diesem Fall würde ich dich bitten, dich um das Mädchen zu kümmern.«
    »Um Jutta?« fragte Erik verwundert. »Warum?«
    »Wenn du willst«, versetzte Christian.
    Er stand am Fenster und sah dem Bruder nach, einem großen, selbstsicheren Mann, einem feinen Kerl und armen Hund; einem Gesunden, der krank war, im Gegensatz zu ihm, einem Kranken, der sich gesund wähnte.
    Christian roch die Luft, die er haßte, diese sterile Sauberkeit, die ihn bedrängte, diese Unterdrückung der Töne und Farben, bis auf das verhaßte Weiß. Weiß, super weiß oder, wie sein alberner Konzern tönte: »Prinoi bleibt Prinoi«, diesen Begriff mit einem Millionenaufwand in Hirne hämmernd, die das Denken verlernt hatten. Ein Volk, das die Sauberkeit mit der Wurzelbürste erschrubbte, sei es auch in der programmierten Waschmaschine, und den Dreck nur im Auge des Bruders sieht.
    Die ersten Stunden, so sagte sich Christian, seien die schlimmsten, und schlimmer seien nur die nächsten Tage und das schlimmste wären wohl die kommenden Wochen.
    Vielleicht würde ihn Jutta besuchen.
    Er hatte sie nicht darum gebeten. Noch gestand sich Christian nicht ein, wieviel ihm das Mädchen bedeutete, aber noch weniger wußte er zu sagen, was sie

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