Auf dem Rücken des Tigers
sie.
»Ich denke nicht daran.«
»An was denkst du dann?« fragte Aglaia.
»Frag nicht so dumm«, fuhr er sie an. »Ich will dich haben.«
»Aber doch nicht hier …«
»Von mir aus auf dem Fußboden«, schrie er und riß sie an sich.
Er glaubte Aglaia zu zerren, während sie ihn mit sanfter Berührung fernsteuerte, nach unten, in den Raum, der breiten Couch entgegen, auf deren Tischchen Champagner stand, schon eingeschenkt, das Licht sorgfältig moduliert, genau berechnet.
Während sie Sebastian wegdrängte, warf er sich über sie. Dabei nahm sie gelassen eines der Canapees, biss ein Stück ab und schob Sebastian den Rest in den Mund.
Schließlich ließ sie sich, wie von seiner Brutalität überwältigt, nach hinten fallen, auf die breite Couch mit den Seidenkissen.
Sebastian suchte gleichzeitig ihren Mund und ihre Scham, er merkte nicht, daß er nicht beides gleichzeitig erreichen könnte, und versuchte es weiter und vergeblich.
Seine Hände griffen plump und klamm nach ihr. Es war ihm, als würden halb erfrorene Hände in kochendes Wasser getaucht. Aglaias Rundungen blieben hart und fest. Schwellend wuchsen sie ihm entgegen.
Sebastian griff hinter sich, zerrte die Decke über seinen Rücken, als suchte er eine schützende Rüstung. Er griff nach dem Schalter der Tischlampe.
Als das Licht gelöscht war, jagte er wieder auf Aglaia zu wie ein Geschoß.
Er kämpfte gegen ihre Abwehr, ohne zu spüren, daß dieser Widerstand nur der Beginn des Liebesspiels wäre – so er vermöchte, darauf einzugehen.
Doch der Junge wollte nicht spielen; er wollte toben, beißen, schlagen, würgen, um sich zu befreien. Er war nicht darauf aus, sich zu nehmen, was er haben konnte; er wollte haben, was er ohne ihre Hilfe nicht zu nehmen vermochte.
»Dummkopf«, sagte Aglaia mit moussierender Stimme.
Es traf ihn wie ein Peitschenhieb; er duckte sich. »Warte nur«, keuchte er, fürchtend, er könnte versagen. Statt einen Tempel zu schänden, schürte er ihre Gier; statt eine mißbrauchte Frau zu seinem Opfer zu machen, wurde er zu ihrem Lustpagen.
Sebastian spürte, daß er ohne Aglaias Erfahrungen untergehen müßte in einem Meer voll Wollust, ertrinkend, statt genießend, ein Brandstifter ohne Feuer, ein Henker ohne Schwert; ein Mann ohne die nutzbare Fähigkeit seines Geschlechts.
»Was willst du eigentlich?« fragte Aglaia aus dem Dunkel.
»Dich«, erwiderte Sebastian und biß sich in die Zunge.
»Dann nimm mich doch«, entgegnete sie spöttisch.
Er verstärkte seine tumben Anstrengungen.
»Weißt du nicht, wie man das macht?« fragte sie aus dem Dunkel.
Sebastian schwieg verbissen.
»Oder soll ich dir helfen?«
»Du sollst zum Teufel gehen«, keuchte er. Der Junge erschrak über seine eigene Stimme, setzte seine unnütze Brutalität fort, wie sie Aglaia, raffinierterer Präliminarien müde, auch erwartete.
Schnaufend und fluchend, drängend und pressend ging er in ihre Falle, stand auf der Stelle und lief doch im Kreise herum. Er spürte ihre geschmeidige Haut in seiner Hand, die pelzig wurde, taub, gefühllos.
»Du benimmst dich wie ein Stallbursche«, sagte Aglaia und schaltete das Licht wieder ein. Er wich zurück, wie vor einem Schlag, vor einem Tiefschlag. Er bot dem Gegner schutzlos seinen Kopf dar, entstellt von der Gier, gerötet von der Scham, Spiegel eines Lebens, das mit siebzehn noch nicht das erlebt hatte, was andere mit fünfzehn oder mit dreizehn erlebt hatten oder erlebt haben wollten.
Sie fuhr ihm über die Stirn.
Erstmals erschrak sie über den irren Ausdruck seiner Augen.
»Komm«, sagte sie, »leg dich hierher.«
Der Junge apportierte wie ein Hund; er lag willenlos neben ihr, reuiger Sünder oder sündiger Primaner, je nachdem, wie es die erste Frau seines Lebens von ihm erwartete. »Hast du Fieber?« fragte Aglaia, als wäre sie besorgt.
Ihre Hand streifte seinen Hals, seine Schulter. Es war ihm, als öffneten sich die Poren seiner Haut wie platzende Schoten. Die Gänsehaut wurde über ihn geworfen wie ein Netz, in dem er sich willig verfing. Er merkte, wie seine Sinne ertranken, wie sich seine ganze Vitalität verlagerte, sich stauend, wuchernd, erigierend, um eine Entladung bettelnd.
Er wandte sein Gesicht ab und streckte Aglaia seine geballte Sucht entgegen, die sie nahm, führte und lenkte, dämpfte und schürte, explodieren ließ und neu auflud.
Als er den Engpaß, von ihr geleitet, überwunden hatte, spürte ein Junge, der gewaltsam sein wollte, daß ihm selbst Gewalt
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