Auf dem spanischen Jakobsweg
eben zur
Bewässerung angelegt worden ist. Heute können mit seinem Wasser, das aus dem
Gebirge im Norden kommt, große Teile der „Tierra de Campos“ bewässert werden.
Der Jakobsweg führt auf dem linken Ufer, gelegentlich auch auf dem Damm dieses
Kanals, in Richtung Frómista. Hier ist alles grün, überall stehen Pappeln und
Weiden, aber auch Obst- und Mandelbäume. Das Wasser des Kanals ist teilweise
verschilft, gelbe Schwertlilien blühen auch jetzt noch und viele Frösche
plumpsen bei meinem Näherkommen ins Wasser. Schwüle Hitze liegt über diesem
Streifen üppiger Vegetation.
Auf der Höhe
von Frómista, ich habe inzwischen Heinz und Tobias wieder eingeholt, überqueren
wir den Kanal, der sich hier verzweigt, und so bekommen wir an diesem
Wasserknotenpunkt eine gute Vorstellung von der genial ausgetüftelten
Konstruktion dieser Anlagen. In Frómista gehen wir zur kommunalen
Pilgerherberge und finden Aufnahme. Sie ist geräumig und das kalte Wasser aus
der Dusche ist für einen überhitzten Pilger eine Wohltat. Vor der Herberge
befindet sich ein schön angelegter Platz mit Büschen und Bäumen, ein paar
Sitzbänken und einem Brunnen in seiner Mitte. Sobald wir uns hier etwas
ausgeruht haben, besichtigen wir die nur ein paar Meter entfernte Kirche San
Pedro, ein mächtiger gotischer Bau mit einer bekannten Santiago-Figur aus dem
16. Jahrhundert. Aber der kunsthistorische Ruf Frómistas gründet sich auf eine
andere Kirche: San Martin, ein absolutes Meisterwerk der Romanik. Mit diesem
Juwel stoßen wir wieder auf frühe Spuren des Königshauses von Navarra. König Sancho
dem Großen von Navarra sind wir schon mehrfach begegnet. Seinen Sohn García
haben wir, in Nájera, bei der so folgenreichen Falkenjagd beobachtet. Aber auch
von der Gemahlin des großen Sanchos und der Mutter des „Falkners“, Doña Mayor
von Kastilien, haben wir schon gehört. Das war allerdings in Puente la Reina.
Sie, möglicherweise aber auch die Frau ihres Sohnes García, Doña Estefanía von
Barcelona, vielleicht sogar beide Damen, haben den Bau der dortigen „Brücke der
Königin“ veranlasst.
Wie auch
immer. Doña Mayor von Kastilien jedenfalls hat sich nach dem Tod ihres Gatten
Sancho in die Einsamkeit der Meseta zurückgezogen und hier in Frómista ein
Kloster gestiftet. Von diesem Klosterkomplex ist die berühmte Kirche San Martin
übriggeblieben, eine Perle am Jakobsweg, viel beschrieben, ja, man muss sagen:
viel besungen. Unser Pilgerführer bedauert, dass heute im Innern der Kirche nur
noch eine romanisch-gotische Christusfigur aus dem 13. Jahrhundert vorhanden
ist. Wir aber haben den Eindruck, dass das Innere dieser schönen Kirche gerade
durch den Verzicht auf Ausstattung ganz besonders beeindruckend ist.
Eine Blondine
aus dem Norden bringt Unruhe in die königliche Familie
Wenn man von
Frómista nach Carrión de los Condes wandert, unserem heutigen Etappenziel, empfiehlt
es sich, vorher den Pilgerführer sorgfältig zu studieren und auch unterwegs
sich auf den Camino zu konzentrieren. Andernfalls kann es leicht passieren,
dass man die ganze Strecke unmittelbar entlang einer lebhaft befahrenen
Landstraße läuft, wo man wieder diese seelenlosen Pisten angelegt hat. Ein
kleiner deutscher Reiseführer merkt hierzu an:
„Das
Projekt dieses Weges ist sicher gut gemeint, aber es lässt das rechte
Pilgergefühl und die Einsamkeit des Weges vermissen; man fühlt sich hier mehr
wie ein Sonntagsspaziergänger auf vorbereiteten Spazierwegen. Außerdem
kritisieren viele Pilger den Kiesbelag.“
Um diesen
hier sehr zurückhaltend beschriebenen Stumpfsinn zu vermeiden, biege ich in
Población de Campos noch vor der Brücke über den Río Ucieza nach rechts in
Richtung Villovieco ab und überquere erst hinter diesem Dorf das Flüsschen. Von
hier aus führt ein malerischer Fußweg, teilweise nur als Pfad, unmittelbar am
Wasser entlang durch lockere Auenwäldchen aus Pappeln, Weiden, Espen, Erlen und
anderen Laubbäumen. Das Wasser des Flüßchens ist klar. Es gibt seichte Stellen,
die in Kiesbänke übergehen, und es gibt tiefere Gumpen, eieren Ränder mit
Schilf zugewachsen sind. Wieder eine Flussoase in der „Wüste“ der Meseta.
Schon nach
einigen Kilometern zeigt der gelbe Markierungspfeil nach links in ein Dorf
hinüber, das in einiger Entfernung vom Río Ucieza liegt. Ohne nochmals meine
Karte zu studieren, folge ich dem gelben Pfeil, erreiche das Dorf Villarmentero
de Campos und finde mich prompt auf der
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