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Auf dem Weg zu Jakob

Auf dem Weg zu Jakob

Titel: Auf dem Weg zu Jakob Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Adams
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Steigung. Mit einigen komme ich ins Gespräch. Sie haben eine Wandertour gebucht und laufen von Pamplona bis Burgos. Ein Bus begleitet sie und wartet jeweils im nächsten Ort auf die Leute. Heute wollen sie bis Puente la Reina laufen, haben damit also das gleiche Etappenziel wie ich. Ihr Bus wird sie von dort nach Pamplona in ihr Hotel zurückbringen. Das hat den Vorteil, dass sie ihr Gepäck dort ausgepackt liegen lassen können und nur mit Tagesgepäck laufen. Am nächsten Tag wird der Bus sie dann nach Puente la Reina bringen, von wo aus sie zur nächsten Etappe laufen. Das mit dem Gepäck finde ich eine tolle Sache, aber sie laufen alle in einer Horde, und das würde mir nicht gefallen. Ich kann mir meine Pausen einteilen wie ich es möchte und muss keine Rücksicht auf den Bus nehmen.
    Eine Weile führt der Camino jetzt durch Buschwerk. Manchmal muss ich mich ducken, um nicht von einem Zweig erwischt zu werden. Angenehm ist aber, dass die Büsche Schatten spenden.
     
    Ich gelange an eine Kreuzung. Hier muss es nach Guendulain abzweigen. Gerne hätte ich mir die Ruine des Schlosses der ehemaligen Barone des Ortes angeschaut, aber da ich von hier aus aufgrund der Büsche nichts sehen kann, verzichte ich auf den womöglich kräftezehrenden Abstecher ins Nichts und folge dem Camino.
    Ein wenig später, als ich mich von einer weiteren Schiebeepisode ausruhe, kann ich die grauen Mauern des zerfallenen Schlosses sehen. Daneben stehen die Reste einer nicht minder verrotteten Kirche, jetzt ist es zu spät für den Abstecher. Umkehren will ich nicht noch einmal, denn das kostet Kraft. In der Ferne sehe ich Pamplona. Es ist eigentlich gar nicht weit bis hierher, aber tierisch anstrengend.
    Weiter geht's. Irgendwann überholt mich die Wandergruppe wieder. Der Weg steigt stetig und eigentlich kann ich jetzt nur noch schieben. Mit dem vielen Gepäck bin ich wesentlich langsamer als die Fußwanderer. Der von Kräutern und Unkräutern gesäumte Weg gibt einen herrlichen Blick frei über die Ebene. Es ist so wunderschön, wenn es nicht so strapaziös wäre. Selbst das Schieben wird zur Tortur. Noch bis zu diesem Schatten da vorne, sage ich mir, da kannst du nach Luft schnappen. Wenn ich die Luft wieder habe, halte ich Ausschau nach dem nächsten Schatten, an dem ich mir dann etwas Wasser gönnen werde.
    Linkerhand, kurz vor Zariquiegui liegt ein kleiner, von einer weißen Mauer umgebener Friedhof mit einem schönen Baum. Ich nehme meine ganze Kraft zusammen und schiebe mein schweres Rad in den Ort. Hier steht auch der Bus der Wandergruppe. Die Kühlbox gibt kalte Getränke frei, und jede Menge Obst und belegte Brote stehen denen auch zur Verfügung.
    Ich pflanze mich auf die Mauer vor der Kirche und packe mein Picknick aus: Oliven, ein Stückchen verschwitzter Käse, ein paar Nüsse, eine angeditschte Banane, eine lauwarme Cola. Schatten gibt es hier keinen, dafür aber einen Trinkwasserhahn. Mindestens einen Liter trinke ich sofort, dann fülle ich noch meine Wasserflaschen.
    Dass ich nicht die einzige bin, die auf dem Weg zum Perdón-Pass heftig ins Schwitzen gerät, und großen Durst verspürt, erzählt auch eine Legende: Trotz sengender Sonne mühte sich einst ein Pilger den Hang hinauf. Sein bisschen Trinkwasser hatte er längst verbraucht. Mit jedem Schritt nahm sein Durst zu, bis er fast unerträglich wurde. Genau in diesem Moment erschien ihm der Teufel und versprach ihm leckeres, kühles Wasser. Als Preis dafür sollte der Pilger den heiligen Jakob verleugnen. Glücklicherweise ließ der Pilger sich nicht auf diesen Deal ein, sondern kämpfte sich trotz des Quälenden Durstes weiter die Passhöhe hinauf, wo Jakob dann für ihn eine Quelle hat entspringen lassen, aus der sich der treue Pilger satt trinken konnte.
    Es kommen drei weitere Radfahrer auf den Kirchenvorplatz. Ein Ehepaar aus der Wandergruppe kennt einen der Radler. Welch ein Zufall! Sie werden den anderen der Gruppe als Professoren so und so vorgestellt. Die Professoren sind gut zehn Jahre älter als ich, vielleicht sogar etwas mehr. Ihre Räder sind nicht ganz so schwer beladen wie meines. Eine kurze Unterhaltung mit ihnen ergibt, das sie keine Campingausrüstung mitführen. Als ich von meinen bisherigen Schwierigkeiten berichte, rät mir einer der Professoren, hier nicht weiter auf dem Camino zu fahren. Die Strecke würde zu schwierig, wäre teilweise überwuchert, und ich sei besser beraten, die Straße zu nehmen. Soll ich den Rat nun annehmen oder nicht?

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