Auf den zweiten Blick
dunklen, schlammigen Fleck.
Betont langsam zog Alex die Schiebetür wieder zu und wanderte dann durch das ganze Apartment, um überall die Fenster zu schließen, die ich aufgemacht hatte, um den Ozeanwind hereinzulassen. Als er uns völlig abgeschirmt hatte, begann er zu reden. »Eine Scheißkatze hat in meine Schuhe gepinkelt«, sagte er. »Ich möchte nur wissen, was meine Turnschuhe da draußen zu suchen hatten.«
Ich legte meine Gabel am Tellerrand ab, ängstlich darauf bedacht, nicht das leiseste Geräusch zu machen. »Hast du sie nicht draußen gelassen?« fragte ich.
»Du warst den ganzen verdammten Tag lang hier!« brüllte Alex. »Ist dir kein einziges Mal in den Sinn gekommen, daß du sie reinholen könntest?«
Ich verstand nicht, wieso das eine Krise auslösen mußte. Ich wußte, daß Alex noch ein Paar ältere Turnschuhe unten in seinem Schrank hatte. Im Haus hatte er mindestens noch drei weitere Paare. Weil ich nicht wußte, was genau er von mir hören wollte, starrte ich auf meinen Teller, auf das kalt werdende Hähnchen.
Alex packte mich am Kinn und riß mir den Kopf zurück. »Sieh mich an, wenn ich mit dir rede!« fauchte er. Dann packte er mich an den Schultern und stieß mich zur Seite, so daß der Stuhl umfiel und ich halb darunter landete.
Ich schloß die Augen, rollte mich zusammen und wartete auf das, was gleich kommen würde, aber statt dessen hörte ich, wie der Schlüssel in der Haustür umgedreht wurde. »Wo willst du hin?« flüsterte ich so leise, daß ich nicht glaubte, Alex würde mich hören.
»Ich gehe joggen«, antwortete er knapp. Mühsam kämpfte ich mich hoch. »Du hast keine Schuhe an«, sagte ich.
»Das weiß ich selbst«, fuhr Alex mich an und knallte die Tür hinter sich zu.
Ein paar Sekunden blieb ich sitzen, die Knie fest an die Brust gedrückt, dann stand ich auf und begann, die Teller abzuräumen. Alex’ Portion stellte ich in die Mikrowelle, meine kippte ich in den Müll. Danach ging ich durch das Apartment und machte die Fenster wieder auf, die Alex geschlossen hatte. Ich lauschte den Hunden, die am Strand die Flut anbellten, dem Lachen und Rufen, das von einem Volleyballspiel herüberwehte. Ich wartete darauf, daß ich Alex zu mir zurückkommen hörte. Und ich redete mir ein, daß überhaupt nichts passiert war und es deshalb auch nichts zu verzeihen gab, wenn er wiederkommen würde.
Herb Silver reichte mir ein zweites Glas Sekt. Er stand mit mir in einer Ecke der überfüllten Lobby und stopfte sich winzige Würstchen im Schlafrock in den Mund. »Weißt du«, sagte er, »die läßt Alex extra für mich kommen. Weil er genau weiß, daß ich dieses schicke Austern- und Blätterteigzeugs nicht mag.«
»Quiches«, stellte ich klar.
»Wie auch immer.« Er legte mir einen fleischigen Arm um die Schultern. »Tief durchatmen, Schätzchen. Er kommt gleich wieder.«
Ich lächelte verlegen und wünschte mir, ich wäre nicht so leicht zu durchschauen. Ich genoß Herbs Gesellschaft, und ich wußte zu schätzen, wie fürsorglich Alex darauf achtete, daß sich jemand um mich kümmerte, aber viel lieber wäre ich mit Alex selbst zusammengewesen. Und ich wäre auch mit ihm zusammengewesen, wenn wir irgendeine Premiere und nicht die seines eigenen Films besucht hätten. Heute abend jedoch hatte er Verpflichtungen, er mußte Interviews geben und mit möglichen Geldgebern über die Finanzierung seines nächsten Projekts sprechen. Ich wäre ihm dabei bloß im Weg. Ich verrenkte mir den Hals und versuchte, ihn irgendwo in der Menge der Gratulanten zu erspähen.
Alex war nirgendwo zu sehen. Enttäuscht wandte ich mich wieder Herb zu. Er war eigentlich mit Ophelia hier, nicht weil er ihr Agent war, sondern weil er sich keinesfalls das Vergnügen entgehen lassen wollte, eine schöne Frau zu einem Medienereignis zu eskortieren. Ich hatte ihn um diesen persönlichen Gefallen gebeten, genau wie ich Alex darum gebeten hatte, sie auf die Gästeliste setzen zu lassen. Ich sah sie am anderen Ende der Lobby, in einem meiner Kleider und in ein Gespräch mit einem Schauspieler verwickelt, der kurz vor dem großen Durchbruch stand.
» Ophelia scheint sich zu amüsieren «, sagte ich, um das Gespräch wiederaufzunehmen.
Herb hob die Achseln. »Ophelia würde sich auch auf einer Beerdigung amüsieren, vorausgesetzt, es wären genug Branchenheinis da.« Er erbleichte, als sei ihm eben erst aufgegangen, daß er damit meine Freundin beleidigt hatte. »Das soll nichts heißen, bubbelah«,
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