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Auf den zweiten Blick

Auf den zweiten Blick

Titel: Auf den zweiten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Schottland fliegen.«
    Cassie ließ den Blick über die Hausangestellten wandern, die wie Zinnsoldaten am Fuß der linken Treppe aufgereiht standen. John wartete dort, natürlich, der nicht nur Fahrer und Leibwächter, sondern offenbar auch eine Art Majordomus war. Ein Mann mit Küchenschürze um den dicken Bauch stand da, und eine junge Frau in schlichter, schwarzweißer Dienstmädchenkleidung. Ein Mann stand etwas abseits, als wolle er nicht zum übrigen Personal gezählt werden. Er trat vor und streckte ihr die Hand entgegen. »Jack Arbuster«, sagte er lächelnd. »Der Sekretär Ihres Mannes.«
    Sie überlegte, wozu in aller Welt Alex einen Sekretär brauchte, wenn er schon einen Agenten, eine PR-Beauftragte und eine persönliche Assistentin hatte. Vielleicht war er für die Fanpost oder für die Rechnungen zuständig.
    »Wir müssen noch ein paar Sachen klären, bevor Sie abfliegen«, sagte Jack zu Alex. Er lächelte Cassie bedauernd an.
    Alex schlang ihr die Arme um den Leib. »In einer Stunde«, erklärte er Jack. »Wir treffen uns dann in der Bibliothek.« Als Jack davonging, folgte ihm Cassie mit den Augen und versuchte sich vorzustellen, wie es hinter der nächsten Ecke aussah. Alex zupfte an ihrem Ärmel und zog sie an dem Dienstmädchen, dem Koch und John vorbei. »Komm«, sagte er. »Ich zeige dir, soviel ich kann. Schlimmstenfalls lasse ich dir den Grundriß bringen, damit du dich zurechtfindest.«
    Er zeigte ihr eine mit Kirschholz getäfelte Bibliothek, in der Hunderte von Erstausgaben britischer und amerikanischer Klassiker standen. Ein ganzes Regalfach war wissenschaftlichen Journalen und Zeitschriften gewidmet, in denen Artikel von Cassie erschienen waren. Er führte sie durch ein Eßzimmer mit einem Tisch für dreißig Personen, einen Vorführraum mit makellos weißer Leinwand und zehn dick gepolsterten Sofas. In der Küche steckte sie den Kopf in den Edelstahlkühlschrank, zählte die Kupfertöpfe über der marmornen Kochinsel und erhielt zum Abschied vom Koch eine winzige Apfeltasche.
    Es gab sechs Bäder und zehn Schlafzimmer, jedes mit pastellfarbenen Seidentapeten und französischen Spitzengardinen. Es gab drei Salons und ein Spielzimmer mit Flippern, einer Kegelbahn, Poolbillard und einem Großbildfernseher. Es gab einen ganzen Flügel, den sie nicht einmal zu Gesicht bekommen hatte, als Alex sie nach oben ins große Schlafzimmer brachte. Er öffnete die Flügeltür zu einer mit bequemen, fröhlich gestreiften Sofas und weichen Perserteppichen ausgestatteten Suite. Eine Stereoanlage war in die Wand eingelassen, außerdem gab es einen Fernseher und einen Videorecorder. Auf mehreren Tischen standen Schalen mit Blumenarrangements - wunderschöne Blüten, die die lavendelfarbenen und blauen Grundtöne im Zimmer unterstrichen und die, wie Cassie wußte, nicht in Kalifornien wuchsen.
    »Wir müssen viel Zeit hier oben verbringen«, meinte Cassie, bevor sie hinter Alex durch eine zweite Tür trat, hinter der ein gigantisches Kufenbett aus Vogelaugenahorn zum Vorschein kam.
    Alex lächelte sie an. »Wir versuchen es jedenfalls.«
    Cassie trat ans Bett und zeichnete die Wirbel in der Holzmaserung nach. »Das hier ist größer als ein Doppelbett, nicht wahr?«
    Alex ließ sich bäuchlings auf die Matratze fallen. »Ich habe es extra anfertigen lassen. Ich habe so eine Theorie über Betten – sie sind wie Goldfischgläser. Du weißt doch, wenn du Goldfische im Glas hältst, werden sie bloß daumengroß. Aber wenn du sie in einem Teich aussetzt wie draußen im Garten, dann werden sie zehnmal so groß. Ich glaube, je größer mein Bett ist, desto weniger hemme ich mein Wachstum.«
    Cassie lachte. »Ich dachte, die Pubertät hättest du schon hinter dir.«
    Alex packte sie am Knöchel und zog sie neben sich aufs Bett. »Das hast du schon gemerkt?«
    Sie rollte neben ihn und musterte die winzigen Stoppeln, die sich schon wieder durch sein glattes Kinn bohrten. »Wo ist mein Labor?«
    »Draußen hinter dem Haus. Das kleine weiße Häuschen - das zweite von hier aus. Im ersten wohnt John.«
    Cassie runzelte die Stirn. »Er wohnt nicht im Haus, so wie Mrs. Alvarez?«
    Alex setzte sich auf. »Wir sind nachts lieber allein«, antwortete er schlicht.
    Cassie spazierte zu dem riesigen Kamin gegenüber dem Bett und betastete die leere Brandykaraffe auf dem Sims. Aurora, dachte sie und spürte Alex’ Hände auf ihren Schultern. »Nur zur Dekoration«, flüsterte er, als könne er ihre Gedanken lesen.
    Cassie

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