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Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens

Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens

Titel: Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Westrup
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Wirkung, symbolhaft, zeichenhaft, ein naives Schlachtenmärchen, fern aller Realität. Erschöpft von all der Hitze und der großen Kultur flüchte ich wieder auf meinen Lieblingsplatz von gestern im Schatten der kühlen Platanen und den stillen, feinen Leuten. Es gibt doch noch ein ruhiges, vornehmes Spanien.
    Und keine Marguerita taucht auf. Gegenüber liegt der vornehme Palazzo „Conde de Alba de Aliste“ voller Ritterrüstungen und schwarzbrauner Eichenholzschränke, vor dem ständig Luxusautos mit dunklen Gläsern und feinen Leuten vorfahren, trotz der Hitze in Anzug und Krawatte, eng taillierten Kostümen und weiten Hüten. Später taucht noch ein Rudel kanarienbunter Italiener auf ebenso kanarienbunten Motorrädern auf, fröhlich und lustig und durcheinanderlachend. Welch ein Unterschied zu diesen ernsten, verschlossenen, vornehmen Kastilianern. Selbst die Kinder sind schon vornehme Erwachsen, kleine Prinzessinen und kleine Granden.
    Ich telefoniere mit meinen Pilgerfreunden in Delft und erfahre, daß sie erst am Mittwoch, dem 7. Juni kommen. Nun muß ich noch einen weiteren Tag hier in Zamorra bleiben, wenn ich sie treffen will. Macht nichts, morgen ist sowieso Pfingsmontag, da fahre ich einfach einen Tag mit dem Bus nach Toro, der Weinhauptstadt der Tierra del Vino, ein kleines Zamorra mit ebenso vielen Kirchen und Palästen, dessen Besuch mir sehr empfohlen wurde.
    Ich lasse den Tag ruhig ausklingen, zu viel habe ich heute besichtigt und gesehen. Ich kehre wieder zur Plaza Mayor zurück, wo ich vor der Cafeteria neben meinem Hotel sitze und bei einem frischen Rozado Valdeoliva das lebhafte, sonntägliche Treiben beobachte. Ich genieße die schöne, ruhige Stimmung dieser feinen Stadt. Es ist auch merklich wärmer geworden, der eklige, kalte Wind der letzten Tage, der es fast unmöglich machte, nach Sonnenuntergang noch draußen zu sitzen, ist endlich eingeschlafen. Der 40. Mai ist wohl vorüber und man kann den Mantel ausziehen. Die Atmosphäre ist ein bißchen wie in Zafra, wo ich auch so gern abends mit den Einheimischen auf der Plaza saß. Hier sind keine Touristen, die immerzu lärmen und fotografieren müssen, und wenn, dann nur solche von der ruhigen, kultivierten Sorte, die nicht immer auffallen müssen.
    Ich bestelle Gambas a la Plancha mit dieser fetten, gelben spanischen Mayonnaise, die ich so gerne esse. Danach kann man sich herrlich die fettigen, verschmierten Finger ablutschen, denn die Gambas ißt man selbstverständlich hier mit den Fingern. Der Wein ist köstlich, mein feiner, sensibler Freund Detlev würde ihn wieder einmal als korkig bezeichnen, ich simpler Pilgersmann, der schon anderes trinken mußte, finde ihn erfrischend erdig. Das Escalope ist schön trocken, man serviert es mit einer ganzen Schale grüner Limonen, die man darüber träufelt.
    Nach dem schmackhaften Essen träume ich so ein wenig vor mich hin, ich bin ja unter all den fröhlichen, tafelnden Menschen wieder allein. Gegenüber ruht das kleine romanische Kirchlein San Juan Bautista, wo heute morgen so tiefergreifend das Ave Maria mich zum Weinen brachte. Jetzt steht es still und ruhig, von orangegelbem Licht gegen den tiefschwarzen Nachthimmel gehoben, erhaben über der modernen Plaza und träumt von den Zeiten, wo Ritter und Bischöfe ihr Tor durchschritten. Als ich genauer hinschaue, entdecke ich am Portal eine verdrehte Stütze, deren zwei Säulen sich korkenzieherartig umeinander winden. Ich bin überrascht, sah ich doch ähnliche Säulen in Estrella und Los Silos am Jakobsweg weit im Norden. Es ist also doch keine Laune eines Bildhauers, der sich einen Spaß machen wollte oder seinen Plan falsch gelesen hat. Dann ist es doch ein verbreitetes Architekturelement der Romanik. Oder es hat den wandernden Steinmetzen so gefallen, daß sie diesen Spaß übernahmen und in den Süden brachten. 800 Jahre steht diese Kirche jetzt und hat alle Zeiten überdauert. Die Mauren und die Ritterheere, die Franzosen und die Faschisten.

Ausflug nach Toro

    Montag, der 5. Juni, Zamora
    2. Ruhetag
     
    Heute ist alles geschlossen. Die Stadt ist wie ausgestorben. Sonst haben am Sonntagmorgen nämlich in Spanien alle Läden geöffnet, wie in Frankreich auch. Ich hatte fast vergessen, daß heute Pfingstmontag ist. Eigentlich wollte ich ja zum Zahnarzt und zum Friseur. Das geht aber heute nicht. Dann eben morgen. Zeit und Ruhe bekommt man auf diesen langen Pilgerwanderungen. Und die Geduld zu warten.
    Also fahre ich heute um halb elf Uhr

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