Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens
da, zwei spanische Fußpilger und eine ganze Reihe Radler, die die ebenen breiten Kiespisten und die Asphaltsträßchen ohne Verkehr schätzen. Nur meine drei Freunde sind nicht da und Hilmar, Pierre und Nicole auch nicht. Ich wundere mich, meine Drei müßten doch mit dem Wagen mir voraus sein. Ich kann mir das nur erklären, daß sie bis Tábara durchgefahren sind und dann die 23 Kilometer bis Santa Croya gelaufen sind, die nächste Etappe, die wir eigentlich morgen gemeinsam laufen wollten. Vielleicht treffe ich sie ja in der Bar am Marktplatz? Und Nicole war vielleicht durch den Sturz doch so angeschlagen, daß sie in der Herberge von Faramontanos de Tábara, zwei Stunden vor Tábara, geblieben sind. Ich sollte sie nie mehr wiedersehen. Wer einmal zurückbleibt auf dem Weg, den trifft man nie mehr wieder und auch den nicht, der vorauseilt. Das ist das Gesetz des Weges.
Am 30. Januar 2007 erhielt ich von Hilmar einen langen Brief, den ich hier mit seiner Erlaubnis zitiere:
„In meinem Tagebuch vermerkte ich am 9 Juni 2006:
„...Der heutige Weg war mir von unserer Wanderung 2002 noch gut in Erinnerung. Bald erreichten wir den Río Esla, der in diesem Jahr wesentlich mehr Wasser führte als damals. Von den Resten der römischen Brücke am gegenüber liegenden Ufer war nichts mehr zu sehen. Die Kanadier waren weit hinter mir geblieben. Während ich von der Autostraße aus einige Fotos machte, kam ein PKW, hielt an und setzte einige Leute ab. Sie sahen aus wie Pilger.
Nachdem ich einen Teil der aufregenden Kletterpartie, die gleich hinter der Brücke begann, gut überstanden hatte, suchte ich mir einen geeigneten Rastplatz, um auf Pierre und Nicole zu warten. Und dann stand er plötzlich vor mir, der elegante Herr mit roten Socken, Shorts und Panamahut, den Nicole und ich vor drei Tagen in Zamora beim Abendessen beobachteten. Peter wird ca. 60 Jahre alt sein, begann seine Wanderung, wie wir in 2002, in Sevilla und schreibt Bücher über seine Erlebnisse auf dem Jakobsweg. Ein interessanter Mann, von dem ich gerne etwas mehr erfahren hätte. Ich gab ihm meine Visitenkarte, vergaß aber nach seinem Nachnamen und Adresse zu fragen. Vielleicht treffen wir uns nochmal. Seine Bücher sollen im Handel zu haben sein. Aber ohne den Namen des Autors wird das nicht leicht sein......“
Und nun meldet sich dieser „interessante“ Mann mit einem netten Brief und dem stimmungsvollen Foto, welches unser erschöpftes Team unter einer schattigen Steineiche zeigt....
Nach ihrem Sturz war Nicole doch ziemlich geschwächt und sie hatte Mühe, den viel zu schweren Rucksack zu tragen. Wir kürzten daher die vor uns liegende Strecke ab, indem wir mit Bus und Bahn bis A Gudina fuhren, um die anstrengende Bergstrecke zu umgehen. So war ein Wiedersehen mit Ihnen vollkommen ausgeschlossen. Am 19. Juni erreichten wir Santiago nun schon zum dritten Mal. Das „Ankommen“ war anders als vor 6 Jahren. Wir fuhren dann noch für drei Tage nach Madrid, von wo aus sich unsere Wege dann trennten. Pierre und Nicole bestiegen das Flugzeug nach Quebec und ich flog nach Hannover. Unsere Freundschaft lebt nun weiter in Briefen und gelegentlichen Telefongesprächen. Pierre hat neue Aufgaben in der Universität übernommen. Es geht ihnen beiden gut....
Ich schickte Hilmar dann auf seinen lieben Brief hin mein Buch „Der andere Jakobsweg“ über meine Pilgerreise durch Südfrankreich und Nordspanien.
Auch in der Bar an der Plaza Mayor ist niemand. So hatte ich sie also wieder verloren. Kaum gefunden und schon wieder verloren. Ich bin traurig. Nach den zwei schönen Tagen und der warmen Gemeinsamkeit hatte ich mich so gefreut, daß das Alleinsein nun zu Ende ist. Doch es sollte wohl nicht sein. Jakob weiß, warum. Die anderen sind halt nicht so konsequent wie ich, der ich nach meinem Plan laufe, den ich mir vorgenommen habe. Sie entscheiden spontan, was sie machen wollen, ganz nach Lust und Laune. Und so verliert man sich eben. Wir sind ja auch keine Reisegruppe mit gemeinsamem Reiseplan und Führer. Dann gehe ich also so weiter wie bisher. Traurig, trotzig und allein, Jakob ist wie immer der einzige, der mir bleibt.
Bin ich heute Abend also wieder allein zum Essen. Allein mit diesen ungehobelten, unfreundlichen Spaniern am Nebentisch, die nur dasitzen vor ihrem Bier und in den Bildschirm des Fernsehens starren, wo wieder so ein Stierkampf läuft. Also esse ich diesen ewig gleichen schönen, grünen Salat, das ewig gleiche zarte Tenero mit
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