Auf der Straße nach Oodnadatta
Tod des Zwilters gewesen zu sein, der es auf ihn abgesehen hatte.
Er entriegelte vorsichtig die Tür, schob sie einen Spalt weit auf und lauschte. Draußen war es still und dunkel. Mit dem Lichtwerfer des Kampfanzuges leuchtete er in den Gang. Vor der Tür lag der verstümmelte Leichnam eines Kämpfers. Die gegenüberliegende Wand war von Energieladungen geschwärzt und verformt. Er schob den toten Körper beiseite und ging zum Mittelgang. Den Boden nach Hindernissen ausleuchtend, bewegte er sich zum Notausstieg, kam an Garpurs Kabine vorbei und sah, dass die Tür aufgesprengt war. Vorsichtig betrat er das Zimmer. Die Verwüstungen waren hier besonders schlimm. Die gesamte Einrichtung war verkohlt und zertrümmert. Tarus drehte sich um, machte einen Schritt auf die Tür zu und rutschte weg. Er krachte mit dem Helm in eine Blutlache. Vor sich erblickte er den abgerissenen Kopf von Garpur. Blutverklebt starrte der ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
Tarus schnellte nach oben, stürmte den Gang entlang, stieß immer wieder gegen leblose Körper und wurde erst ruhiger, als er die Metallstufen an der Außenhülle des Raum-Kampf-Kreuzers hinabkletterte. Er sprang auf den Boden, wandte sich um und erblickte – die Säule.
Tatsächlich, sie war wieder da, aus dem Boden wachsend, immer noch an Höhe und Umfang zunehmend. Was geschah dort?
Um das Zittern seines Körpers zu unterdrücken, setzte er sich. Sein Atem ging schnell, während seine Gedanken darum rangen, eine Überlebensmöglichkeit zu finden.
Nach einer Weile gelang es ihm, sich zu beruhigen. Er erhob sich und ging auf die Säule zu.
Mit den Händen voran drang er in das weiße nachgiebige Gewebe ein, wurde von ihm umschlossen und nach oben getragen. Der Kampfanzug, ein jetzt unnützer Fremdkörper, löste sich auf und wurde von der ihn umgebenden wogenden Masse aufgenommen.
Es war ein langwieriger Prozess.
Nach und nach wurde er eins mit diesem Wesen.
Copyright © 2001 by Gerd Frey
Originalveröffentlichung
Mit freundlicher Genehmigung des Autors
ALASTAIR REYNOLDS
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England
Auf der Straße nach Oodnadatta
Er starrte in die Ferne und bemühte sich nach besten Kräften, keine Aufmerksamkeit zu erregen, wollte aber nicht bloß in der Betrachtung seines Kaffees versunken dasitzen wie ein Mestizen-Junge, der Ärger aus dem Weg ging. Muller kümmerte es nicht besonders, ob er Ärger bekam oder nicht. Er wollte ihn aber nicht an einem Ort bekommen, wo ihm die Hackordnung noch fremd war und er nicht wusste, wem er trauen konnte und wem nicht.
Zum Glück geschah genug, um seinen Blick zu rechtfertigen.
Durch die großen Fenster des Rasthauses sah man auf dem angrenzenden Flugfeld zweimotorige Propellermaschinen landen und starten. Lastwagenzüge kamen auf ihrer Route zu den Cadman-Viehstationen, die entlang des Birdsville Tracks aufgereiht waren, oder nach Adelaide im Süden durch. Bei Tageslicht, Staubfahnen hinter sich herziehend, schienen die Gespanne ewig zu brauchen, um näher zu kommen und sich wieder zu entfernen, aber jetzt fiel die Dämmerung ein – der Himmel war purpurrot, durchzogen von orangefarbenen Streifen hinter den Mulga-Bäumen –, und die Autozüge schalteten die Scheinwerfer nur in der Nähe von Siedlungen ein.
»Aufwachen«, sagte der Mann und schnippte vor Mullers Augen mit den Fingern. »Cadman zahlt dich nicht fürs Tagträumen, Kumpel.«
Der Mann trug einen Hut, seine drahtige Gestalt verschwand beinahe in der karierten Jacke mit Reißverschluss und Pelzkragen.
»Mr. Rawlinson?«
Der Mann leerte Mullers Kaffeesatz in eine Topfpflanze in der Nähe. »Du kannst mich Rawlinson nennen. Du hast dein Zeug mit, nicht wahr? Das Flugzeug wartet auf uns. Ein altes Mädchen ist auf der Straße nach Oodnadatta zusammengeklappt.«
Muller griff nach seiner Tasche und dem Werkzeugkasten unter dem Tisch. »Ein Lastwagenzug?«
»Ja, ein Lastzug. Nicht, dass wir hier draußen sonst viel zu sehen bekommen.« Rawlinson ging zum Abfertigungsschalter und nahm sich einige Auftragsscheine. »Trag dich aus, Kumpel.«
Während ihm Rawlinson über die Schulter blickte, schrieb Muller sorgfältig seinen Namen in das Arbeitsbuch. »Juan Muller«, sagte der große Australier. »Was bist du, eine Art Mischling? Hielt dich für einen Kraut. Sieht aus, als hättest du auch etwas von einem Abo an dir. Nichts für ungut.«
»Ich bin Chilene«, sagte Muller, schon zum tausendsten Mal, schien es ihm, seit seiner Ankunft in Perth.
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