Auf die Freundschaft!
Hund.
„Was kann ich für Sie tun?“, fragte die junge Frau, auf deren linkem Ohr ein Headset klemmte.
„Milo! Kommst du her!“, rief sie dann streng, als sie sah, dass der Hund nicht mehr bei ihr war und Milo trabte wieder hinter die Theke.
Ich stellte mich vor und wurde gebeten, kurz zu warten. Das Sofa hatte es mir angetan und ich setzte mich. Liebend gern hätte ich in einem der Bücher gelesen oder die Zeitschriften durchgeblättert, aber ich war zu nervös. Die Minuten zogen sich hin wie Kaugummi und ich blickte ständig zu der großen Wanduhr hinter der Rezeptionistin. Kaum hatte ich mich damit abgefunden, noch eine Weile warten zu müssen, da kam eine Frau auf mich zu, die sich als Frau Rendel zu erkennen gab. Sie war die Personalverantwortliche. Aus irgendeinem Grund erinnerte sie mich an ein Pferd. Ihr Gesicht war sehr schmal, aber das hatte die Zähne nicht gehindert, riesig zu werden.
„Schön, Sie kennenzulernen, Frau Robinson. Dann kommen Sie mal mit.“
Ich folgte Frau Rendel in ihr Büro. Es war mit Parkett ausgelegt und mit weißen Möbeln ausgestattet, die auf alt getrimmt waren.
„Ich liebe Vintage“, gestand ich und bestaunte ein Metallschild aus den fünfziger Jahren.
„Ja, es hat einen ganz eigenen Flair, oder?“, sagte Frau Rendel freundlich und ging an mir vorbei hinter den großen Schreibtisch, der den Großteil des Raumes ausmachte. Ich setzte mich, noch immer nervös und nahm dankend den Kaffee, der mir angeboten wurde.
Dann ging alles ganz schnell: Ich erzählte von meinem bisherigen Werdegang und meinem Faible für das Organisieren von Festen und Events. Wir unterhielten uns über meine Hochzeit, die ich im Alleingang geplant hatte und mein Leben in den USA. Frau Rendel fragte nach vielen Details, angefangen von den Einladungen bis hin zur Farbe der Tischläufer. Ich erklärte ihr unser Konzept und blühte richtig dabei auf. Ungeachtet der Vorfälle, die in der Zwischenzeit unsere Ehe erschüttert hatten: Unsere Hochzeit war der schönste Tag in meinem Leben gewesen und ich erinnerte mich gern an ihn.
Wir sprachen im Weiteren über Einsatzmöglichkeiten, die Gehaltsfrage und das Unternehmen. Effective Events hatte zehn Mitarbeiter und war die erfolgreichste Eventagentur der Region. Dieses Unternehmen bot mir eine grandiose Chance, meine Leidenschaft zum Beruf zu machen. Es verschlug mir die Sprache, was Frau Rendel mir anbot: Höheres Gehalt, Weihnachtsgeld, fünf Tage mehr Urlaub und kostenloses Mittagessen, dazu eine Provision, wenn ein Projekt zufriedenstellend durchgeführt wurde. Ich wollte diesen Job unbedingt.
Frau Rendel versprach mir, sich noch bis Ende der Woche zu melden.
***
Ken kam am Donnerstagabend bei mir vorbei und ich machte uns beiden eine Vorspeise aus Tomaten mit Mozzarella und einem Kräutertopping. Als Hauptspeise gab es Lachsfilet (okay, ich gebe es zu – ich habe Herrn Maggi gebeten, abzuschmecken!) und als Nachtisch hatte ich Fertigpudding vorbereitet, da ich wusste, wie sehr Ken Pudding liebte.
„Du verwöhnst mich heute aber ganz schön“, bemerkte er. „Das brauche ich heute aber auch. Es war ein verdammt harter Tag.“
„So?“
„Diese olle Assistentin, die ich habe, ist die reinste Nervensäge und ein richtiges Klatschweib.“
Noch immer hatte ich bei dem Begriff Assistentin in Zusammenhang mit Ken ein mulmiges Gefühl, aber ich unterdrückte die aufkeimende Assoziation.
„Wieso?“
„Ach, die wollte mir irgendwas erzählen, von wegen mein Chef würde seine Frau betrügen oder so. Keine Ahnung. Neunzig Prozent ihrer Aussagen sind Unsinn und es ist mir völlig egal, was mein Chef treibt, solange er nicht schwul ist.“
Ich bedachte ihn mit einem vorwurfsvollen Blick.
„Deine Einstellung ist wirklich aus der Steinzeit.“
„Der sollte mal lieber seine Arbeit ordentlich machen“, fuhr Ken unbeirrt fort.
„Wirklich, Claudia, wenn du wüsstest, wie inkompetent der ist! Aber ich will mich nicht aufregen. Ich freue mich lieber auf einen schönen Abend mit dir.“
„Tut mir leid mit deiner Arbeit. Aber wo wir gerade beim Thema sind: Wir haben etwas zu feiern“, sagte ich geheimnisvoll und Ken wartete darauf, dass ich weitersprach.
„Frau Rendel hat angerufen. Sie wollen mich haben.“
„Nein!“, stieß Ken aus. „Wahnsinn! Herzlichen Glückwunsch! Wow! Ein neuer Job, klasse!“ Er sprang auf und umarmte mich herzlich, er wirbelte mich umher, ließ mich los, sah mich noch einmal an und umarmte mich
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