Auf die Freundschaft!
packte nach dem Frühstück seine Tasche und ein paar Akten zusammen, die er dann in das Auto hievte. Ich wollte ihn zum Bahnhof fahren und danach einkaufen. Nach meinem Unfall vor ein paar Wochen hatten wir zwar ein neues Auto bestellt, aber das würde erst im Juni eintreffen. Bis dahin nutzten wir Kens Firmenwagen gemeinsam. Dadurch musste Ken heute Zug fahren. Wir stiegen ein und fuhren los.
Am Bahnhof angekommen sah ich schnell auf die Uhr.
„Wann fährt der Zug noch gleich?“
„Um sechs nach zwei.“
„Dann sind wir ja noch gut in der Zeit. Sollen wir noch einen Kaffee trinken?“
Aber Ken schüttelte den Kopf.
„Lass gut sein, ich setze mich in den Zug oder an den Bahnsteig und lese ein bisschen. Erledige du deine Sachen und wir sehen uns morgen in alter Frische wieder.“
Zum Abschied gab er mir einen Kuss und strich mir über die Wange.
„Bis morgen dann. Ich vermisse dich schon jetzt.“
„Bis morgen, mein Schatz.“
Ich blickte ihm noch nach, bis er im Bahnhof verschwunden war, dann machte ich mich auf den Weg. Ich kaufte die wichtigsten Lebensmittel ein und belud das Auto. Der Verkehr war an diesem Tag sehr überschaubar und so hing ich meinen Gedanken noch nach, als ich zu Hause meine Einkäufe wieder auspackte. Leider hatten weder Maria noch Karin heute Zeit, aber ich hatte mich dafür mit Hannah verabredet. In zwei Stunden sollte ich bei ihr sein, also beschloss ich, meine Backfähigkeiten aufzubessern und begann, einen Teig für Muffins anzurühren. Nebenbei ließ ich wie immer das Radio laufen und stellte den Regionalsender ein. Ich trällerte mit der Musik und telefonierte zwei Mal mit Karin, bis die Nachrichten meine volle Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen.
„Ein Intercity vom Hauptbahnhof Bremen in Richtung Hamburg ist heute um fünfzehn Uhr fünfundzwanzig verunglückt. Uns liegt die Meldung vor, der Zug sei entgleist und habe eine Oberleitung beschädigt. Insassen des Zuges wurden nach Polizeiangaben nicht verletzt, aber es ist ungewiss, ob die Reisenden ihr Ziel heute noch erreichen können. Ein Schienenersatzverkehr soll eingerichtet werden.
Osnabrück. Der Bürgermeister...“
Ich hörte nicht mehr zu. Die Meldung mit dem Zug ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Ging es hier um den Zug, in dem Ken saß? War ihm tatsächlich nichts passiert? Es war jetzt viertel nach vier, wie mir ein Blick auf die Küchenuhr verriet. Wenn es seinen Zug nicht betraf, würde ich ihn noch im Zug erreichen können, denn er sollte erst um viertel nach fünf in Hamburg ankommen.
Ich wusch mir die Hände und suchte mein Handy. Dann wählte ich mit zittrigen Fingern seinen Namen aus meiner Kontaktliste aus. Die Verbindung wurde aufgebaut und es klingelte, aber niemand nahm ab. Ich legte auf und versuchte es nach drei Atemzügen erneut, aber ohne Erfolg. Und wenn ihm doch etwas zugestoßen war? Nicht auszudenken!
Ich beschloss, bei der Service-Hotline der Deutschen Bahn anzurufen und mich zu erkundigen. Aus dem Internet suchte ich die passende Nummer heraus und hatte bald eine nette Dame am Telefon.
„Guten Tag, ich hätte gerne eine Auskunft“, begann ich mit brüchiger Stimme. „Mein Mann ist heute von Oldenburg nach Hamburg unterwegs und hat meines Wissens nach den IC in Bremen gegen zehn nach drei bestiegen. Ich habe im Radio nun gehört, dass ein IC auf dem Weg nach Hamburg einen Unfall hatte und ich bin verunsichert, ob vielleicht mein Mann...“ Ich brach ab.
Die Dame am Telefon sprach beruhigend auf mich ein. Dann fragte sie:
„Hat er den Zug um 14:06 Uhr aus Oldenburg genommen?“
„Ja, genau.“
„Also wird er vermutlich um 15:09 den IC genommen haben.“
Ich hörte, wie sie im Hintergrund auf einer Tastatur tippte.
„Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass es tatsächlich der 15:09 Uhr-Zug war, der entgleist ist. Aber es ist niemand verletzt worden, da kann ich Sie beruhigen.“
„Ich erreiche ihn nicht auf seinem Handy.“
„Sicherlich wird er Sie anrufen, sobald er weiß, wie es weitergeht. Machen Sie sich keine Sorgen. Es wird dafür gesorgt, dass ihr Mann seine Reise fortsetzen kann oder dass er zurück nach Hause kommt. Ein Schienenersatzverkehr wird eingerichtet und ich bin mir sicher, dass Ihr Mann sich bald bei Ihnen melden wird. Machen Sie sich keine Sorgen, bestimmt geht es ihm gut. Wie gesagt, es wurde niemand verletzt.“
„Danke. Er kann auch nicht in einem anderen Zug gesessen haben, oder?“
„Es fährt noch ein Metronom nach Hamburg, ein paar
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