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Auf doppelter Spur

Auf doppelter Spur

Titel: Auf doppelter Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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musterte mich weiter mit langen, durchdringenden Blicken, die mich fast nervös machten. Es war kein besonders hübsches Kind, hatte aber sehr intelligente graue Augen.
    »Ich bin Colin Lamb«, sagte ich. »Wie heißt du?«
    Prompt antwortete die Kleine: »Geraldine Mary Alexandra Brown – Geraldine oder Gerry werde ich gerufen, aber Gerry mag ich nicht, und Vater hält nichts von Abkürzungen.«
    »Dein Vater ist nicht da, nehme ich an.«
    Wiederum gab sie sofort erschöpfend Auskunft: »Cartinghaven Engineering Works in Beaverbridge; genau dreiundzwanzig Kilometer von hier.«
    »Und deine Mutter?«
    »Mummy ist tot«, sagte Geraldine unvermittelt munter. »Sie starb, als ich ein zwei Monate altes Baby war. Sie war in einem Flugzeug, das aus Frankreich kam. Es explodierte. Alle wurden getötet.«
    »Ach so«, sagte ich. »Deswegen habt ihr – « Ich sah zur Tür.
    »Das ist Ingrid. Sie kommt aus Norwegen. Sie ist erst vierzehn Tage hier. Sie kann noch nicht Englisch sprechen. Ich bringe es ihr bei… Sie ist in Ordnung. Die Sachen, die sie kocht, sind manchmal ziemlich komisch. Heute versucht sie sich an Sirupkuchen – den esse ich gern. Sind Sie zum Essen gekommen?«
    »Eigentlich nicht. Ich kam unten vorbei und dachte, dass du das da aus dem Fenster hast fallen lassen.« Ich gab ihr das silberne Obstmesser. Geraldine sah es erst misstrauisch, dann mit Zeichen der Bewunderung an und seufzte schließlich.
    »Es gehört mir nicht. Ich hab es nicht fallen gelassen. Wieso dachten Sie, dass ich es war?«
    »Nun, du sahst aus dem Fenster und…«
    »Ich sehe meistens aus dem Fenster. Ich hab mir das Bein gebrochen. Ich stieg aus dem Bus aus, und er fuhr zu schnell an. Vati bringt mir ständig Spielzeug, aber es wird auf die Dauer langweilig; so verbringe ich viel Zeit damit, aus dem Fenster zu sehen – mit diesem hier.«
    Stolz zog sie das Opernglas hervor. Ich nahm es, stellte es ein und sah aus dem Fenster.
    »Das Glas ist sehr gut«, sagte ich anerkennend. Und es war auch wirklich ausgezeichnet. Verblüffend, wie deutlich man Wilbraham Crescent Nr. 19 und die benachbarten Häuser sehen konnte. Ich gab es ihr zurück. »Erstklassig«, sagte ich.
    »Es ist ein richtiges… Ich habe ein kleines Buch.« Geraldine zeigte es mir. »Da schreibe ich hinein, was ich sehe und die Tageszeiten. Mein Vetter Dick und ich, wir schreiben auch Autonummern auf… Leider fahren aber in dieser Straße nur sehr wenige Autos, und deswegen habe ich es zunächst wieder aufgegeben.«
    »Du weißt bestimmt alles über diese Häuser dort, wer da wohnt und so weiter.« Ich sagte es ganz beiläufig, doch Geraldine reagierte schnell.
    »O ja. Ich kenne natürlich nicht die richtigen Namen, deswegen habe ich ihnen eigene Namen gegeben. Da drüben, das ist die Markgräfin von Carrabas… die mit den unordentlichen Bäumen und dem Haufen Katzen.«
    »Ich hab mich gerade mit einer unterhalten«, sagte ich.
    »Ich habe Sie beobachtet«, erklärte Geraldine.
    »Du musst sehr gescheit sein. Ich glaube, dir entgeht nicht viel, was? Erzähl mir mehr von den Menschen in diesen Häusern und was du so siehst. Wer wohnt im nächsten Haus – dem ordentlichen?«
    »Oh, da wohnt eine blinde Frau. Sie ist ganz blind, und doch geht sie, als könne sie sehen. Das hat mir der Hauswart erzählt, Harry. Harry ist sehr nett. Er erzählt mir vieles. Er hat mir von dem Mord erzählt… ja, in dem Haus geschah ein Mord. Ich habe ihn sozusagen gesehen.«
    »Was hast du… äh… gesehen?«
    »Nun, zu der Zeit war nicht viel los. Das Aufregende war, dass jemand schreiend aus dem Haus gerannt kam. Und dann wusste ich natürlich, dass etwas geschehen sein musste.«
    »Wer schrie?«
    »Nur eine Frau. Sie war ziemlich jung, eigentlich recht hübsch. Sie stürzte aus dem Haus und schrie und schrie. Ein junger Mann kam gerade die Straße entlang. Sie kam durch die Pforte und umklammerte ihn – so ungefähr.« Sie machte eine entsprechende Armbewegung. Plötzlich sah sie mich genau an. »Er sah Ihnen recht ähnlich.«
    »Ich muss einen Doppelgänger haben«, sagte ich leichthin. »Was passierte dann? Das ist alles sehr aufregend.«
    »Nun, er hat sie sozusagen fallen gelassen. Da auf den Boden, wissen Sie, und dann ging er zurück ins Haus, und der Kaiser – so habe ich die rötliche Katze getauft, weil sie immer so stolz aussieht – hörte auf, sich zu putzen, und dann kam Miss Nagelstock aus ihrem Haus, Nr. 18 meine ich, blieb auf den Stufen stehen und schaute… ja, ich

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