Auf Dunklen Schwingen Drachen1
Kuchen buken, Trockenpflaumen in Maska aufweichten, sie mit kristallisiertem Honig und Erdnusspaste füllten. Nicht, dass wir viele Pflaumen zum Füllen gehabt hätten oder viel Honig, mit dem wir süße Kuchen hätten machen können, aber selbst die letzten Schätze wurden aus unseren Kellern geholt, und was uns fehlte, erstanden wir von benachbarten Clans, gegen Schuldscheine. Unsere Nachbarn wussten, wie wohlhabend wir in acht Tagen sein würden, und sahen keinen Grund, uns die Nahrungsmittel nicht auf Kredit zu geben … Natürlich mit einem ungeheuren Zins.
Die Gerüche an diesem Tag! Das Brutzeln von Renimgar-Fleisch! Das berauschende Aroma von Orchideen-Brötchen! Der scharfe Duft der Leberkränze!
Ich sage Euch, die kleinen roten Kugelnüsse über der Paarungshütte kamen kaum einmal aus ihren Kürbissen, denn den ganzen Tag über strömten erhitzte Paare in die Verschläge und legten die Nüsse in die Kürbisse, um den Segen Res zu erflehen, falls der Drachenbulle im Geiste zusah. Auf dass vielleicht ein Kind im Garten der Frauenschöße Wurzel schlug.
Genau genommen war Sa Gikiro ein Tag der Enthaltsamkeit, also hätten die Feiern eigentlich bis zum Sonnenuntergang warten müssen. Aber so wie unser Clan niemals das Arbeitspensum dieses Tages erfüllte – denn wie hätten wir Holz schlagen oder Spiralflaschen machen sollen, wo doch so viele Vorbereitungen zu erledigen waren, den Drachenbullen und die Tempelstatuten zu ehren -, so übersah Großvater Maxmisha auch das rege Kommen und Gehen in den Verschlägen.
Wie schnell allein die Aussicht auf Reichtum die Menschen verdirbt!
Gut, das war also ein Porträt des Töpferclan-Hofs am Sa Gikiro, gesehen mit den Augen einer Neunjährigen. Es schillerte von eingeölten Männern, parfümierten Frauen, dampfte von Düften seltener Speisen und vom Beischlaf, glitzerte von unseren polierten, wenngleich armseligen Habseligkeiten, die zu Sonnenuntergang, gemäß den Stempelstatuten, auf dem Boden des Hofes ausgelegt waren, auf dass sich jeder bedienen konnte.
Wann bemerkten wir Töpfer das erste Mal, dass die anderen Rishi - Clans, die vor dem Torbogen unseres Hofs warteten, nicht mit uns lachten? An welchem Punkt begannen ihre starren, eindringlichen Blicke uns zu beunruhigen, ließen sie uns innehalten, uns auf die Lippen beißen oder die Stirn runzeln? Vielleicht in dem Moment, als diejenigen, die ganz vorn standen, sich weigerten, ihre Plätze aufzugeben, obwohl sie vom Drang der Natur bedrückt wurden; sie entleerten sich vor aller Augen, direkt unter unserem Torbogen, statt jemand anderem ihren Platz zu überlassen. Vielleicht schöpften wir Verdacht, als eine unserer Frauen, Kobos Dash, begann, die Tempelstatuten laut zu rezitieren, sehr laut, nicht nur einfach so gemurmelt, und das mit einer entschlossenen, wenn auch versunkenen Miene.
Sicher weiß ich jedenfalls, dass die Kämpfe, die bei Beginn des Sonnenuntergangs, der die grauen Wolken blutrot färbte, unter unserem Torbogen ausbrachen, uns das Lächeln auf den Gesichtern gefrieren ließ. Wir hatten uns sauber gewaschen und in unsere älteste Kleidung gehüllt, denn unser bestes Zeug lag auf den Matten vor uns, und standen Seite an Seite im Kreis um den Hof. Waisi stand links neben mir, Mutter rechts.
Was Waisi anging … Sie sah atemberaubend aus, wirklich. Ihr Anblick ließ einem den Atem in der Brust stocken und das Herz stehen bleiben und trieb die Röte in unsere Wangen.
Sie hatte Gesichtspuder und Farbstifte gefunden, sie gemischt und sie so sorgfältig aufgetragen, dass es aussah, als hätte sie gar keine Schminke aufgelegt. Aber ihre Augen, ihre Wangenkochen, ihre Lippen, ihr Hals … Der fadenscheinige Bitoo, den sie trug, war viel zu klein für sie, schmiegte sich eng um ihre Brüste, ihren Bauch und reichte kaum bis zur Mitte des Oberschenkels. Selbst Vater musste sie immer wieder anstarren.
»Sie werden nicht bis nach Sonnenuntergang warten«, erklärte Waisi. »Es dauert nicht mehr lange, dann werden sie sich auf uns stürzen wie geile Drachenbullen.«
»Halt deinen vorlauten Mund, Mädchen-das-wie-Kiyu-aus-sieht«, zischte Kobos Dash. »Wage es nicht, an einem Heiligen Tag Drachenbullen zu beleidigen.«
»Aber Bullen greifen an, wenn sie geil …«
»Still, Waivia«, murmelte Mutter. Diesmal widersprach Waisi nicht. Mutter runzelte die Stirn und kaute zerstreut auf einer Haarlocke, während sie beklommen die Meute vor dem Torbogen musterte.
Einige Herzschläge verstrichen. Die
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