Auf ein Neues!: Roman (German Edition)
Gedanken aussprach, ließ Griff zusammenzucken. War er mit ihr auch so hart umgesprungen? Offensichtlich. »Du bist Alix’ Tante. Warum machen wir nicht einen Schritt nach dem anderen, wie du es vorhin vorgeschlagen hast?«
Chelsie schüttelte den Kopf. »Sie ist noch ein Kind. Eins, das Mutter und Vater verloren hat«, erwiderte sie sanft. »Du kannst nicht nach Belieben Menschen in ihr Leben lassen und daraus entfernen und erwarten, dass sie das einfach so mitmacht.«
Wieder einmal hatte er Chelsie unterschätzt. Wenn sie jemanden ins Herz geschlossen hatte, setzte sie sich für ihn ein. Um ihn hatte sich nie jemand auf diese Weise gekümmert, daher hatte er nur wenig Zeit und Verständnis für tiefergehende zwischenmenschliche Beziehungen. Die langjährige Freundschaft mit Ryan und, bis vor Kurzem, die enge Verbindung zur Familie seines Bruders waren die einzigen Ausnahmen. Dank seiner Vormundschaft für Alix war er nun ins kalte Wasser geworfen worden, allerdings war es schlichtweg unmöglich, ein kleines Mädchen, das ihm all seine Liebe schenkte und noch viel mehr brauchte, nicht zurückzulieben. Aber Kinder waren anders, unverdorben – bis sie groß wurden und lernten, andere zu manipulieren.
Doch hier war Chelsie, die für das Kind ihrer Schwester kämpfte und mehr Herz zeigte, als er ihr zugetraut hätte. Griff sah sie an und fragte sich, wie es wohl sein mochte, so bedingungslos geliebt zu werden. Das kannst du dich lange fragen, mein Lieber. Du wirst es nie erfahren . Er war zweimal im Leben verlassen worden. Nur ein Dummkopf ging das Risiko ein, so etwas ein drittes Mal zu erleben.
Trotzdem bewunderte er Chelsies Weitsicht. Er hatte nur daran gedacht, wie er sie in ihr Familienleben einbinden konnte, nicht daran, wie er sie wieder daraus entfernen sollte. Aus irgendeinem Grunde gefiel es ihm nicht, an das Ende ihrer noch nicht einmal begonnenen Beziehung zu denken. »Das kriegen wir schon hin«, hörte er sich sagen. Leider hatte er keine Ahnung, wie.
Chelsie beugte sich vor und fuchtelte beim Reden erregt mit den Händen. »Menschen sind nicht aus Stein, mein lieber Herr Anwalt . Man kann nicht erwarten, dass sie einen Schlag nach dem andern einstecken und keinen Schaden nehmen. Und man kann ihnen nicht vorschreiben, wie sie zu leben haben.« Sie ließ sich gegen die Rückenlehne fallen und verschränkte die Arme vor der Brust.
Griff kniff die Augen zusammen. Von wem hatte sie da gesprochen? Vordergründig von Alix. Chelsies instinktive Zuneigung zu dem Kind war ihm bereits aufgefallen, und er würde es ihr nicht verbieten, ihre Nichte zu sehen. Das war ihr doch wohl klar.
Blieb also Chelsie selbst. Aber da er sie nicht gut genug kannte, wusste er nicht weiter. »Was soll ich dazu sagen?«, fragte er.
»Wenn ich bei dieser Sache mitmache, muss ich mich darauf verlassen können, dass ich mitbestimmen kann, wie sie zu Ende geht. Dass Alix, wenn ich damit aufhöre, beinahe täglich vorbeizukommen, nicht schon wieder denkt, sie sei verlassen worden.« Von ihren Gefühlen übermannt, versagte Chelsie die Stimme.
Ihre entschlossene Miene verriet Griff, dass sie gehen und einen Weg finden würde, ihre Nichte auch ohne ihn zu sehen, wenn er ihr keine befriedigende Antwort geben konnte. Aber im Moment war er verunsichert …
War er bereit, ihr bei der Entscheidung, was für Alix am besten war, ein Mitspracherecht einzuräumen? Dazu musste er Chelsie einen Vertrauensvorschuss gewähren, und er war sich nicht sicher, ob er das wollte. Gerade erst hatte er einen inneren Kampf verloren und eingesehen, dass er ihre Hilfe brauchte; es akzeptiert, dass sie sein Leben teilte, allerdings ohne sich gleichzeitig auch das starke Bedürfnis, sie näher kennenzulernen, einzugestehen.
Sie verlangte ein Mitspracherecht bei der Entscheidung, wann und wie sie sich trennten. An und für sich eine einfache Bitte. Aber was war, wenn er ihre Zusammenarbeit eher beenden wollte, als sie es für richtig hielt? Und schlimmer noch, was, wenn er und Alix nicht so weit waren, wenn Chelsie beschloss, es genug sein zu lassen? Seine Mutter war einfach gegangen. Deirdre ebenso.
Griff musterte die Frau, die neben ihm saß – die fest zusammengebissenen Zähne, die geballten Fäuste und die dunklen gefühlvollen Augen. Ihre Wirkung auf ihn hatte sich schon auf zu vielen Ebenen gezeigt. Sollte er ihr auch noch die Macht geben, ihn zu verletzen?
Alix schrie im Schlaf. Doch kaum war Griff auf die Füße gesprungen, hatte die Kleine
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