Auf ein Neues!: Roman (German Edition)
würde. Doch von dem Tag an hatte sie ihn mit anderen Augen betrachtet.
Außerdem hatte er sie niemals so angesehen, als wäre sie das Wichtigste auf der Welt. Am Anfang nicht und erst recht nicht, nachdem … Vor ihrem geistigen Auge sah sie sich selbst, zitternd vor Schreck, und einen großen Schatten, der drohend näher kam.
Ihr schauderte bei den düsteren Erinnerungen, die eigentlich aus ihren wachen Stunden verbannt waren.
»He, bist du in Ordnung? Chelsie!«
Griffs tiefe vertraute Stimme riss sie aus der Vergangenheit. Mit einer Sanftheit, die er sonst nur bei Alix zeigte, strich er ihr den feuchten Pony aus der Stirn.
»Bist du in Ordnung?«, fragte er noch einmal, während seine Finger über ihre Wange strichen und einen Moment dort verharrten, ehe er sie wieder zurückzog.
»Mir geht’s gut«, sagte Chelsie mit bebender Stimme, eine überaus peinliche Reaktion auf seine Zärtlichkeit.
»Entschuldige, dass ich das sage, aber du siehst nicht gut aus.« Die Besorgnis in Griffs haselnussbraunen Augen rührte sie. Wenn er die Stacheln einfuhr, fühlte sie sich zurückversetzt in eine Zeit, in der ihr naiver Glaube an ein Glück bis ans Ende aller Tage noch nicht zerbrochen war.
»Ich bin etwas erschöpft«, sagte sie mit einem gezwungenen Lächeln. »Hin und wieder wächst mir die Arbeit über den Kopf. Ich komme schon zurecht. Du hast genug um die Ohren, da musst du dir meine Sachen nicht auch noch aufhalsen.«
Sie schluckte schwer und beschloss, seine gerunzelten Brauen und den ungläubigen Gesichtsausdruck nicht zu beachten. Doch der maskuline Duft seines Rasierwassers machte es ihr unmöglich, ihn zu ignorieren. Das holzige Aroma ging ihr unter die Haut. Allein durch seine Anwesenheit wurden ihre Erinnerungen so weit verdrängt, dass sie beinahe geglaubt hätte, das Vergangene hätte keine Bedeutung mehr.
Aber das war ein Trugschluss . Es gab da draußen nicht einen einzigen Mann, dem das nicht wichtig wäre, Griffin Stuart eingeschlossen. Alix war seine Nichte, nicht sein Fleisch und Blut. Er würde eigene Kinder haben wollen. Und obwohl Chelsie viel zu bieten hatte, war sie dazu nicht fähig.
Verlegen wandte sie den Blick ab und beschäftigte sich damit, die Flasche mit dem Kindershampoo zu verschließen und Alix’ kleinen Fäusten die Gummiente zu entwinden.
»Bist du sicher, dass du in Ordnung bist?«, fragte Griff.
»Vollkommen sicher.« Sie hatte die letzten fünf Jahre überlebt, indem sie aus allem, was das Leben ihr bescherte, einfach das Beste gemacht hatte. Es war unvernünftig, das jetzt zu ändern. Momente wie dieser waren sehr selten. Besser, sie prägte ihn sich gut ein. Nur der Himmel wusste, wie viele ihr noch vergönnt sein würden.
Ohne Alix’ Gezappel zu beachten, nahm Chelsie sie aus der Wanne und hüllte sie in ein großes Badetuch. »Du bist ein kleiner Wildfang«, sagte sie, während sie ihre Nichte gleichzeitig kitzelte und abtrocknete.
»Soll ich dich ablösen? Bestimmt bist du mittlerweile ziemlich erschöpft.«
»Sie ist wirklich anstrengend, so viel ist sicher.«
Alix quittierte die Bemerkung mit einem Kichern und dem schnell vereitelten Versuch, wieder in die Wanne zu klettern.
»Der Beweis, dass Kinder nicht nur jedes Wort verstehen, sondern auch versuchen, unsere Erwartungen zu erfüllen«, murmelte Chelsie.
»Amen. Diese Tricks muss sie von ihrem Vater gelernt haben. Jared hat auch immer genau gewusst, wie er mich nehmen musste, damit ich ihm beinahe alles erlaubte.«
Dankbar dafür, dass er liebevoll und nicht bekümmert von seinem Bruder gesprochen hatte, lächelte Chelsie. Auch wenn Griff sein Leben Alix verschrieben hatte, wünschte sie ihm, dass er bald über seine Trauer hinwegkam.
»Hört sich so an, als wärst du der typische ältere Bruder gewesen.«
»Eher der typische Vater.«
»Wirklich?«
Griff nickte. »Aber dies ist nicht der richtige Augenblick, um alte Geschichten aufzuwärmen. Ich möchte dich nicht langweilen«, sagte er. »Schlafanzug an und dann ab ins Bett, Schätzchen.«
Alix rannte in ihr Zimmer und verlor mitten auf dem Flur ihr Handtuch. Laut lachend lief Griff hinter ihr her.
Chelsie ließ das Wasser aus der Wanne und trocknete sich die Hände ab. Sie war sicher, dass sie sich nicht langweilen würde. Ohne es zu wollen, war sie neugierig auf Griffs langjährige Beziehungen, auch auf die zu Jared und Ryan. Sie zeigten, ebenso wie seine Fürsorge für Alix, dass er imstande war, gesunde Freundschaften zu pflegen und
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