Auf ein Neues!: Roman (German Edition)
wieder verblassten.
Der Autounfall, bei dem sein Bruder und seine Schwägerin ums Leben gekommen waren, hatte sein Leben bis in die Grundfesten erschüttert. Er und Alix hatten nur einander, niemanden sonst. Die Russells zählten nicht, und wenn man bedachte, wie wenig Zeit sie mit der Kleinen verbracht hatte, zählte Chelsie auch nicht.
Da Alix erst zwei war, brauchte sie Griff, um die Erinnerung an ihre Eltern wachzuhalten. Und dafür würde er sorgen, selbst wenn er sein ganzes Leben umkrempeln musste, um sein Ziel zu erreichen.
»Was glaubst du, warum sie all diese harten Fälle annimmt?«, fragte Ryan, während er eine Möhre aus einer Papiertüte zog und sie Alix in die Hand drückte. »Und mehr als die Hälfte davon anscheinend, ohne ein Honorar dafür zu bekommen.«
»Das war keiner von ihren harten Fällen«, murmelte Griff. »Und ihre Eltern zählen auch nicht unbedingt zu denen, die kostenlose Rechtsberatung nötig hätten. Woher weißt du das alles überhaupt?«
»IchmusstedochetwasmitmeinerZeitanfangen,währendichAlixvondemTheaterdadrinnenfernhielt«,erwiderteRyan,indemeraufdenGerichtssaaldeutete.
»Werweißschon,warumFrauentun,wassietun,verdammtnochmal?DiemeistenvonihnenverfolgenjedenfallsirgendwelchePläne.«Griffkonnteverstehen,dassChelsiedasBedürfnishatte,ihrerFamiliezuhelfen.ErhatteauchzeitseinesLebens für seinen Bruder gesorgt. Doch jede intelligente Frau mit einem Funken Gefühl musste sich etwas Besseres für ihre Nichte wünschen als eine Kindheit bei Leuten, die zu Betrug und Bestechung fähig waren. Selbst wenn es sich dabei um die eigenen Eltern handelte.
»Chelsie Russell ist nicht Deirdre.«
Griff zog eine Augenbraue in die Höhe. »Nicht? Dann hat sie dieses berechnende Weib jedenfalls verdammt gut nachgemacht. Chelsie ist darauf aus, sich einen guten Namen zu machen, und dabei ist es ihr vollkommen gleichgültig, wem sie auf die Zehen tritt.« Griffs Blick schweifte zu der Glastür, durch die sie vor ein paar Minuten verschwunden war. »Und glaub mir, Ryan, sie kriegt, was sie will. Ich kenne den Typ Frau.«
»Mag sein, dass sie sich eine Karriere aufbaut, aber mir scheint es eher umgekehrt zu sein. Im Gegensatz zu vielen anderen Frauen ist sie eine, die gibt – nicht nimmt.«
»Na klar. Du fällst doch bloß auf ihr hübsches Gesicht herein.«
»Immer noch sauer, hm? Deine Trennung von Deirdre ist zwar noch ziemlich frisch, aber ich würde sagen, du bist ohne diese Hexe von Freundin besser dran.«
»Ach, hör auf, Jackson.« Griffs Verlobte hatte nicht einmal den Anstand gehabt zu warten, bis er seinen Bruder beerdigt hatte, ehe sie ihm, seinem Mündel und einem Lebensstil, der nicht in ihre Pläne passte, den Rücken kehrte. Es hatte sich herausgestellt, dass sie keinen Deut besser war als seine Mutter, die ihn als Kind verlassen hatte. Ohne sein sechsstelliges Gehalt hatte er wenig Anziehungskraft für Deirdre. Sie war nur so lange bei ihm geblieben, wie er Partner in einer der größten Kanzleien von Boston gewesen war.
»Was soll diese Feindseligkeit eigentlich? Die Lady hat doch nur ihren Job gemacht«, sagte Ryan.
»Einen Job, den kein anständiger Rechtsanwalt angenommen hätte. Aber ihre Eltern zu vertreten wird ihr bestimmt einige ziemlich wohlhabende Mandanten eingebracht haben.«
Wen kümmerte es da schon, wenn ihre eigene Nichte bei der ganzen Geschichte Schaden nahm? Jedenfalls nicht Chelsie Russell. Sie hatte deutlich gezeigt, wo ihre Prioritäten lagen. Moral und Anstand gehörten jedenfalls nicht dazu. Doch die Frage, warum es ihm so verdammt viel ausmachte, dass sie ihn enttäuscht hatte, stellte Griff sich nicht.
»DiealtenHerrschaftenhabensiehereingelegt,hastdudasnichtbemerkt?Außerdemmussteirgendjemandsievertreten.JederhatdasRechtaufeinenAnwalt.IstdasnichtdasErste,wasmaneuchimStudiumbeibringt?«
Griff fluchte verhalten und packte Alix am Schlafittchen. »Stehen bleiben, du Fratz.« Das Kind hielt ungefähr zwei Sekunden still, ehe es weiter um den Pfeiler herumrannte. Wenigstens hatte sie lang genug angehalten, um ihm die Möhre zu geben und zwei orangefarbene Handabdrücke auf seinem weißen Hemd zu hinterlassen.
»Verrat mir mal eines«, sagte Ryan in seinem Ich- weiß-etwas,-was-du-nicht-weißt-Ton. »Was stört dich eigentlich so? Dass die Russells dich zu einem unschönen Prozess gezwungen haben oder dass die hübsche Miss Russell die Gegenseite vertreten hat?«
Griff betrachtete seinen Freund mit hochgezogener Braue. »Was soll das
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