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Auf ein prima Klimakterium

Auf ein prima Klimakterium

Titel: Auf ein prima Klimakterium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne Saegebrecht
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und war nicht mehr in der Abfolge einschätzbar.
    Nach meiner Eheschließung mit neunzehn Jahren beschloss meine Mutter den für ihre Generation sehr mutigen Schritt der Trennung von diesem Plagegeist und ich machte mich daran, die geheimnisvollen Verbindungen der karmischen Familienverstrickungen, das Gesetz von Ursache und Wirkung zu studieren und meine vorbestimmten Stationen zu finden.
    »Man kann einem Menschen erst dann vergeben, wenn man mehr über seine Lebensumstände gelernt hat«, pflegte mir mein Religionslehrer im Hinblick auf meinen Stiefvater nahezubringen.
    In diesem Fall war die historische Aufklärung, was die Schrecken und erlittenen Demütigungen meines Stiefvaters in einem Konzentrationslager betraf, von unschätzbarem Wert. Diese Schilderungen waren für den Rest meiner Schulklasse in den Fünfzigerjahren tabu und es ist nur dem mutigen Engagement zweier Lehrer zu verdanken, dass in mir für meinen Stiefvater, die jüdischen Mitmenschen und all die anderen Verfolgten ein großes Mitleid erwuchs.
    »Alle unliebsamen Menschen und schrecklichen Ereignisse sind in der Realität nur Vorboten, um das lauernde Unsichtbare materiell sichtbar zu machen. Alles, was uns zustößt, müssen wir nach seiner Sinnhaftigkeit hinterfragen und Verantwortung für unser Leben übernehmen. Nie dürfen wir als Hauptziel die stete Wandlung aus den Augen verlieren«, legte mir mein Priester aus der Hauptschulzeit nahe, der am 30. April 1945, zusammen mit weiteren Priestern, homosexuellen Mitgliedern der verfolgten Rosa-Winkel-Fraktion und überlebenden Roma- und Sinti-Frauen mit Kindern, von den amerikanischen Soldaten auf einem Todesmarsch befreit wurde.

    Wir Menschen schleppen aus der Vergangenheit großen Ballast mit uns herum, liegen mit unseren Verwandten und Freunden im Clinch, wie es so schön heißt. Immer versuche ich von Zeit zu Zeit in eine Meditation zu gehen und höre in mich hinein. An Eckpfeilern der Lebensabschnitte lasse ich Innenbilder auftauchen, mit denen ich mich wohl noch nicht ganz ausgesöhnt habe, und nun, rückwärts betrachtet, entsteht ein klares Bild über die Sinnhaftigkeit dieses Lebensabschnittes und die mitwirkenden Personen, die ich noch einmal mit tantrischer Liebe betrachte und ihnen ein Dankeschön für ihre Aufwartung und Begleitung im geheimnisvollen Labyrinth meiner Schicksalseinlösung übermittle. Dann versuche ich das Schuldprinzip aus dem Vergänglichen herauszulösen und die damaligen Umstände in einen kausalen Kontext zu stellen.
    »Vergiss nie, Marianne, dass du immer mit Ideen, Mitmenschen und Geschehnissen in Berührung kommen kannst, für die du gerade eine Eigenresonanz mitgebracht hast, und du jetzt gerade für diese Erlebniskette frei bist, um einer weiteren vorbestimmten Reise auf deinem Lebens-Fluss auf dem Wege zum großen weiten Meer mit Toleranz, Neugierde und Bereitschaft zum immerwährenden Lebensrisiko im Reisegepäck nicht im Wege zu stehen.« So sprach mein ärztlicher Mentor und ich habe es nie vergessen, sondern es mir hinter beide Ohren geschrieben, wo es trotz kleiner Ohren heute noch zu entziffern ist.

    Nichts unterstreicht eine Vergebungs-Zeremonie besser als das duftende, delikate Relikt unserer Kindheit.
    Omas Kaiserschmarrn à la Vaticano
    Für 4 Personen
    150 g Mehl
    ¼ l Milch
    4 Eier
    30 g flüssige Butter
    1 EL Zucker
    1 Prise Salz, kräftig
    1 Spritzer Rum
    1 EL Rosinen, gehäuft
    100 g Butter oder Butterschmalz
    1 Päckchen Vanillinzucker
    1 El Mandeln, gestiftelt
    1 EL Marzipan, gerieben
    Oma mischte Mehl und Milch zusammen, rührte alles glatt und fügte liebevoll die vier getrennten Eigelbe, flüssige Butter, Zucker und Salz dazu. Jetzt vermengte sie alles, gab die kurz mit Rum beträufelten Rosinen dazu und hob den geschlagenen Eischnee aus vier Eiern fürsorglich darunter.
    In einer Stielpfanne wartete schon das heiße Butterschmalz brutzelnd auf seinen Moment. Oma goss den Teig in Pfannenkuchenformat ein, bräunte kurz an, drehte ihn, gelernt ist gelernt, mit einem Schwung um und begann ihn, nach kurzer Anbratung, in Stücke zu zerteilen, gab dabei nochmals etwas Butterschmalz in die Pfanne, damit ihre Kreation ja nicht zu trocken wurde.
    Zum Finale verteilte Oma noch den Vanillinzucker, die Mandelsplitter und eine kleine Prise geriebenen Marzipans über diesen köstlichen Kaiserschmarrn, der sogleich duftend, ein adeliges Aprikosenkompott im Gefolge, ihrem verehrten Papst Benedikt, im Kreise seiner Kollegschaft, serviert werden

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