Auf eiskalter Fährte. Abrechnung im Yukon (German Edition)
rät, eine Mütze voll Schlaf zu nehmen. Morgen in aller Frühe wollen sie beide in See stechen.
Das Wetter am nächsten Morgen ist nicht viel besser geworden, am Himmel treiben dunkle Regenwolken. Ab und zu nieselt es. Es ist kalt und ungemütlich. An den Ufern des Lake Bennet schwimmt noch eine dünne Eisschicht. Der Wind weht böig und die beiden Männer ziehen ihre Kragen hoch. Nach einem kurzen, kargen Frühstück, schieben sie mit vereinten Kräften das Floß ins Wasser. Andere sind auch schon dabei, ihre Boote und Flöße klar zu machen. Schon früh ist hier am See ein Gewimmel und Gewusel im Gange. Aufgeregt und im Goldfieber will man so schnell wie möglich zum Klondike. Jeder hat Angst, zu spät zu kommen.
Auch Clay und Kid beladen ihr Floß mit der Ausrüstung. Ohne Hast und Eile wird alles sorgfältig verstaut und festgezurrt. Platz haben sie genug. Das Floß hat etwa 10 m Länge. Genug, um alles unterzukriegen. Dann schieben sie mühsam das beladene Floß vom Ufer weg und springen auf. Clay nimmt sofort das Ruder und mit gleichmäßigen, schwingenden Bewegungen treibt er das Gefährt vorwärts. Das selbst gebastelte Segel bläht sich auf und hilft beim Vortrieb. So gleiten sie langsam auf den See hinaus.
Eine Woche sind sie jetzt unterwegs. Und sie haben noch etwa zwei vor sich bis nach Whitehorse. Zwischendurch haben sie in einer kleinen Bucht des Tagish Lake angelegt und sind jagen gegangen. Frisches Fleisch musste her. Die eintönige, karge Kost konnte ihre Kräfte nicht mehr erneuern. Man braucht viel Kalorien hier draußen. Bei anstrengender Arbeit muss dem Körper ständig Nährstoff zugeführt werden. Und Hunger haben beide ständig. Sie befinden sich jetzt mitten auf dem Tagish Lake. Der See liegt direkt nördlich der Grenze zu British Columbia. Dieser See ist über 100 km lang und rund 2 km breit und hat mehrere Seitenarme. Bei ständigem aus Westen wehenden Wind kommen sie gut voran. Sie müssen dann später noch den Marsh Lake überqueren und befinden sich endlich auf dem Yukon River, der in diesen Seen seinen Ursprung hat.
Schon lange sehen sie nichts mehr von den anderen Flößen. Nur einige Boote fahren weit vor ihnen. Sie sind nur als kleine Punkte auf dem See erkennbar. Manche waren schon früh auseinandergebrochen und für die Insassen war der Traum vom Reichtum ausgeträumt. Viele von ihnen erfroren auch in den eiskalten Gewässern.
Ihr Floß aber ist gut gebaut. Dank viel Sorgfalt und Können ist es den Anforderungen der Überfahrt gewachsen. Doch ihnen stehen noch der Miles Canyon und die Stromschnellen von Whitehorse bevor. Die Zeit verläuft träge und schleppend. Eintönigkeit beherrscht die Fahrt über die Seen. Dann endlich kommen sie an der Einmündung des Yukon an. Von jetzt an verläuft die Fahrt mit etwas flotterem Tempo. Kid entfernt das Segel, das sie jetzt nicht mehr brauchen. Der Fluss trägt sie gemütlich voran. Clay braucht nur noch zu steuern und bringt das Floß in die Mitte des Flusses. Am Ufer sehen sie ein Boot liegen. Winkend stehen einige Männer und Frauen am Ufer und machen Rast. Rauch von einem Lagerfeuer wird vom Wind davon getragen und verliert sich zwischen den Bäumen. Dann sind sie wieder alleine. Mit dem Fluss und der geheimnisvollen Mauer der Wildnis. Die sie immer und überall begleitet. Unterwegs beobachten sie ein Rudel Elche, das äsend am Ufer steht. Oben kreist ein Adler auf der Suche nach Beute. Ein paar Meilen weiter: ein Schwarzbär. Er hält den Kopf gesenkt und läuft schnüffelnd am Ufersaum entlang. Als er das große, komische Etwas erblickt, das auf dem Fluss schwimmt, entfernt er sich schnell in den nahen Wald. Clay ist beeindruckt. Beeindruckt von der wilden Schönheit des Landes. Auch zu Hause in Montana gibt es solches Wild. Und auch die Natur ist atemberaubend. Doch hier ist alles anders. Keine hohen, schneebedeckten Berge. Das Yukon Territorium ist fast menschenleer. Flach, mit nur wenigen sanften Hügeln, erstreckt sich das Land mit seiner fast undurchdringlichen Wildnis endlos dahin. Erst hoch im Norden grenzt es wieder an die Ausläufer der Rocky Mountains.
Der Ruf seines neuen Freundes reißt ihn aus seinen Gedanken. Weit vorne ist eine große Menschenansammlung zu erkennen. Boote und Flöße liegen in einer langen Reihe vertäut am Ufer. Langsam gleiten sie heran und Clay lenkt das Floß ans Ufer. Hinter dem letzten Boot setzt es knirschend im groben Kies auf. Sie steigen ans Ufer und fragen einen Mann, der sich an
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