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Auf Inseln (German Edition)

Auf Inseln (German Edition)

Titel: Auf Inseln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel von Treppen
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ich keine Chance hatte, zu entscheiden was real und was virtuell war. Ich wusste, dass die frühere Menschheit mit virtuellen Realitäten experimentiert hatte, aber ich konnte mir darunter nichts vorstellen. Es mussten errechnete Welten sein, erzeugt durch eine Computertechnologie, die unvorstellbar weit der unseren überlegen war. Was es auch immer gewesen war, eine konkrete Vorstellung hatte ich nicht. Meine Umgebung war äußerst befremdlich geworden, die Gräsern ähnlichen Pflanzen um uns herum hatten eine orange Farbe, der Himmel war mehr grün als blau und der große Sonnendurchmesser ließ zu, in das Antlitz von Helena zu schauen, wenigstens eine kurze Zeit. Die ersten Gebäude der Stadt waren nur noch circa 500 Meter entfernt. Ich hatte mich mit ihr wieder ins orange Gras gesetzt; sie wollte mit ihrer göttlichen Bestimmung fortsetzen und obwohl ich schon wieder Lust verspürte sie zu lieben und in sie einzudringen, ihren nackten, schönen Busen zu betrachten und zu betasten, um schließlich …. nun ja, ich erklärte ihr, dass ich ein philosophisches Problem hätte. „Du glaubst nicht an meinen Vater. Du glaubst nicht, dass ich Gottes Tochter bin. Ich werde dir dies lehren.“ Paul hätte gesagt, ich wäre ganz der Alte, als ich ihr antwortete, dass ich mir durchaus ihrer himmlischen Qualitäten bewusst sei. Es würde sich vermutlich nie in meinem Denken ändern: Mein Paradies war die Befriedigung und Erfüllung meines Sexualtriebs. Insofern war es konsequent: Sie war Gottes Tochter und vermutlich das unrealste Objekt weit und breit. Irgendetwas wollte mir die Chance geben, das Versäumte in meinem Leben mit ihr nachzuholen. Aber wie viel Zeit blieb uns noch? Im Übrigen war sie ja auch gekommen, das Böse in uns und um uns herum zu vernichten. Ich konnte den Unsinn allerdings nicht glauben. „Du bist nicht Gottes Tochter. Du bist ein Traum. Aber ich weiß nicht, wessen Traum. Sie sah mich mit ihren unergründlich grünen Augen an und sie sagten mir vielleicht, dass ich sehr, sehr dumm sein müsse. So hielten wir im Grunde genommen das Gleiche voneinander. Ich hatte ihre Person auf einen Objektstatus reduziert, da sie nur ein Traum war, ein zum Bild, zum Körper gewordener Gedanke, mit dem man tun und lassen konnte, was man wollte. Ich hatte durchaus noch vor, mich mit diesem Gedanken zu vergnügen, Wollust zu verspüren, auch wenn ich einem Gedanken nicht die Möglichkeit eines Menschen einräumen wollte, mir Glück zu verschaffen. Ich hatte mich schon – mit einer sehr aufregenden Fälschung von Paola vergnügen müssen; ich trieb es nur noch mit Bildern. Womöglich störte mich aber nur die törichte Rolle, die Gloria spielte. Meine Gedanken drehten sich wieder um die Prinzessin, um das Weib, nicht um mein philosophisches Problem. Ich hielt ihre Hand, was mich zudem ablenkte. Ich versuchte, dem Problem semantisch beziehungsweise ontologisch auf die Spur zu kommen. Es gab die Realität und den Traum. Das, was ich über die Realität dachte, wie ich sie empfand und wahrnahm, waren einerseits auch Gedanken und vermutlich ziemlich weit von der Realität entfernt. Es gab nur die Realität und nichts neben ihr. Die Gedanken waren Teil der Realität. Es gab die Täuschung: eine fehlerhafte Sinneswahrnehmung, ein Denkfehler. Der Traum war eine Täuschung. Die Unterscheidung wirklich und unwirklich basierten wiederum auf womöglich fehlgeleiteten Gedanken, die einen Realitätsbezug herstellen wollten. Etwas war wirklich, wenn ich mir sicher war, der Realität recht nahe zu sein, was immer das auch heißen mochte. „Verstehst du was ich meine?“, fragte ich sie. Als Antwort knabberte sie mir ans Ohr, eine durchaus beeinträchtigende Störung meines philosophischen Gedankenstroms. Dass sie an meinem Ohr knabberte, war wirklich, keine Frage. In New Avignon hatte sich der Begriff der virtuellen Welt im Prinzip nicht geprägt; er existierte als ein Relikt einer fernen Vergangenheit. „Virtuell bedeutet soviel wie scheinbar“, sagte ich ihr und bewegte mein Ohr in Sicherheit. Wenn man träumte, tauchte man in so etwas wie eine scheinbare Welt. Drogen oder der Stich der Avignonwespe schufen virtuelle Objekte in die reale Welt, es konnten so viele Objekte sein, dass man die reale Welt praktisch nicht mehr erkannte. Die Aborigines schafften es, dass wir wirklich und unwirklich nicht unterscheiden könnten; Voraussetzung dafür ist ein gesunder Geist. Ursache und Wirkung, Kontinuität sind Anzeichen für Wirkliches.

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