Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf Inseln (German Edition)

Auf Inseln (German Edition)

Titel: Auf Inseln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel von Treppen
Vom Netzwerk:
Unzucht. „Gottes Tochter war nur eine Figur eines erotischen Traums“, verteidigte ich mich. Ich bekam sofort einen bestrafenden Stromschlag. „Die Gedanken sind frei“, formulierte ich und wurde dafür bestraft. Angeblich diente das meiner Heilung. Ich könnte nicht an Gott glauben, denn dieser sei bestenfalls eine Witzfigur. So dächten die Aurelianer offensichtlich auch. Ich war nicht in der Lage, meine theologischen Überlegungen wie gewohnt rhetorisch geschickt darzulegen, dazu war mein Zustand zu desolat und die Drogen, die ich bekam, taten vermutlich ihr Übriges, dass ich nicht mit Intelligenz überzeugen konnte. Intelligenz hätte mich schneller in den Knast gebracht. Es gab nur Gerüchte über die Gefängnisse von New Avignon, deren Verhältnisse vermutlich keinen Deut besser waren als die dieser Anstalt. „Warum glauben sie nicht an Gott?“ Ich überlegte lange für eine Antwort, die dann aus meinem Innersten kam und ich unzensiert weiter gab. „Weil ich keine Frau habe, Gott hat mir keine Frau zur Seite gestellt.“ Die Aussage war natürlich an philosophischem Niveau nicht zu unterbieten. Meine atheistische Brillanz musste ich irgendwo auf Aurelia gelassen haben. „Gab es Momente, in denen sie an Gott geglaubt haben?“ - „Manchmal, wenn ich die Hostie empfangen habe und einer Messdienerin in den Ausschnitt gucken konnte.“ Die Antwort stellte meine Verhörer offensichtlich zufrieden, da ich darauf hin keinen Schmerzen ausgesetzt wurde. „Ich bin immer sehr gerne in die Kirche gegangen.“ Sie ersparten sich zu fragen warum. Mir dämmerte es, dass die Ärzte, wenn sie welche waren, zum Geheimdienst gehörten. Ihre Aufgabe war es weniger mich zu zerbrechen, sondern ein Bild der kollektiven Realität unserer Besatzung zu bekommen. Sie mussten jede Aussage jedes Einzelnen miteinander vergleichen, um Informationen über die Aurelianer und, ja, über Gottes Tochter zu bekommen. Sie hatten ein ausgesprochen großes Interesse an diesen Traum, ich wurde allerdings heftig abgestraft, wenn ich den Ausdruck „Gottes Tochter“ benutzte. Stattdessen sagte ich dann Gloria. Gloria hatte nicht nur in meiner Einbildung gewirkt, sondern war ein kollektives Phänomen. Ihre Existenz war so real wie die der Aurelianer selbst, so wirklich wie unser Aufenthalt auf Aurelia. Theologen mochten schon an der Hypothese feilen, Gloria sei nicht Gottes Tochter, sondern des Teufels Hure gewesen, eine Abgesandte der Verdammnis, die in die Welt gekommen war, um unsere christliche Mission zu stören. Sie hatte mich als schwächstes, anfälligstes Mitglied der Crew mit ihren teuflischen Hurenreizen umgarnt, damit schließlich sogar der Wunsch bei mir auftrat, zu desertieren und auf Aurelia zu bleiben. Ich erwähnte, dass Gloria ziemlich dümmlich gewesen wäre, was ich mir für eine Gespielin des Teufels nicht vorstellen könnte. Für diese Aussage bekam ich einen heftigen, schmerzhaften Stromschlag. „Ich kann es nicht ausschließen, dass sie wirklich Gottes Tochter war.“ Die Aussage reichte vermutlich, um mich für Monate in den Knast zu bringen. Die Untersuchung hatte das Problem, den Wirklichkeitsgehalt unseres Abenteuers einzuordnen. War Gottes Tochter nicht real, waren es die Aurelianer vielleicht auch nicht und womöglich hatten wir den Boden Aurelias nie berührt. Der Geheimdienst war bemüht, seinen Gegner, der zehn Milliarden Kilometer von New Avignon in irgendeiner Form existieren musste, kennenzulernen. Ich bestätigte, dass ich während meines Aufenthalts auf Aurelia keinerlei psychische Störungen ausgesetzt gewesen wäre, zu meiner Ankunft vielleicht, als ich mich neben Gloria wiederfand und ich den Eindruck hatte, mich in einer Hügellandschaft New Avignons wiederzufinden. Niemand der anderen hatte ähnliche Probleme gehabt: Sie hatten sich alle sofort in der fremden Umgebung Aurelias wiedergefunden. Bei mir mochte der Teufel seine Hand im Spiel gehabt haben. So gut, wie ich konnte, sollte ich alles, was ich gesehen und erlebt hatte, beschreiben. Man stellte nach Art von Fahndungsbildern Bilder von den Aurelianer und Gloria an, Bilder des Komplexes, in dem wir uns befunden hatten, Bilder von der fremdhaften Vegetation Aurelias, glich die Aussagen und Beschreibungen von jedem von uns miteinander ab. Womöglich befanden sich alle andern auch irgendwo in einer psychiatrischen Einrichtung, vielleicht in unmittelbarer Nähe, nur dass den geistlichen Mitgliedern unserer Crew kein anschließender Prozess gemacht

Weitere Kostenlose Bücher