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Auf nassen Straßen

Auf nassen Straßen

Titel: Auf nassen Straßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Reeder.«
    »Vielleicht der Thyssen selbst? Oder der Haniel? Oder gar der Howaldt? Du Schaf glaubst auch alles! Als wenn ein Reeder sich an eine Betty Kahrmayr verirrt …!«
    »Er ist wirklich ein Reeder. Er besitzt das schnellste und modernste Binnenschiff Europas. Die ›Fidelitas‹!«
    »Was du nicht schon alles weißt!« Herbert Willke kaute am Mundstück seiner Zigarre. »Es wird ein alter Äppelkahn sein, auf dem die Ratten Rock'n Roll tanzen.«
    Betty Kahrmayr hatte die Bar aufgeräumt, die Gläser gespült und die Flaschen in die Spiegelschränke einsortiert. Nun machte sie die Kasse und verschloß die Bündel Geldscheine in einer stählernen Kassette.
    »Sicherlich holt er dich ab, dein Goldfasan?«
    »Das geht euch einen Dreck an!«
    »Spricht so eine Reedersfreundin?« Willke erhob sich.
    »Was wollt ihr eigentlich hier?«
    »Dir mitteilen, mein Engelchen, daß du deinen Kokain- und Evipan-Kunden sagen kannst, sie könnten auf ihre Ware lange warten! Unser Mittelsmann in Aachen ist hops gegangen! Mit zehn Kilogramm Kokain! Die haben an der Grenze gestaunt! Soviel Schnee haben die noch nie auf einem Haufen gesehen! Und nun ist uns der Weg über Belgien und Frankreich gesperrt – und in die Schweiz kommen wir nicht rein.«
    »Merde!« bestätigte Domaine diese Feststellung.
    »Der Laden geht zurück, Puppe. Wir haben einen dicken Kopf und wissen nicht weiter.«
    Die Uhr über der Bartheke rückte auf drei Uhr. Die beiden Kellner drehten die Lichter aus – auf Domaine und Willke nahmen sie keine Rücksicht. Es waren keine Gäste, sondern Ungeziefer.
    Betty nahm die Geldkassette unter den Arm. Der Besitzer der Bar wohnte ein Stockwerk höher. Dort waren auch die heimlichen Glücksspielzimmer. Herbert Willke setzte seinen Diplomaten-Homburg auf.
    »Hast du keine Verbindungen zur Schweiz, Betty?«
    »Nein! Laßt mich in Ruhe mit euren Kokaingeschäften!«
    »Bisher haste gut daran verdient. Und auf einmal … Aber als Frau Reeder geziemt es sich wohl nicht, he? Was denkst du, was dein Süßer sagt, wenn wir ihm erzählen, daß du …«
    Betty wandte Willke den Rücken zu und verließ wortlos die Bar. Pierre Domaine schüttelte den Kopf.
    »Idiot!« sagte er laut.
    Willke zuckte zusammen. »Wieso?«
    Pierre Domaine nahm seinen Hut und drängte Willke auf die Straße. Die kalte Nachtluft schlug ihnen entgegen wie eine Faust. Herbert Willke klappte den Mantelkragen hoch.
    »Was soll das alles? Ich habe keine Lust, durch die Kälte zu laufen. Du hast ein Benehmen, Pierre …«
    »Silence!« Domaine verhielt den Schritt und musterte seinen Partner. »Ist dir kein Gedanke gekommen? Keine Idee?«
    »Wobei?!«
    »Bei dem Reeder von Betty? Sie sagte: Er ist Binnenschiffer! Attention! Binnenschiffe fahren auch über den Rhein. Wie weit ist der Rhein schiffbar?«
    »Bis Basel.«
    »Und wo liegt Basel?«
    »In der Schweiz«, stöhnte Willke. Er wollte noch etwas sagen, aber plötzlich zündete der Gedanke auch bei ihm. Er sah Domaine mit großen Augen an. Ein Leuchten zog über seine mißmutigen Züge. »Pierre! In der Schweiz! Da wollen wir ja hin! Da suchen wir ja …«
    Am zweiten Weihnachtsfeiertag kehrte Karl Bunzel auf die ›Fidelitas‹ zurück.
    Schon am Fallreep, an dem der Erste Steuermann stand, erfuhr er die große Neuigkeit: Der ›Alte‹ hat eine Flamme an Bord!
    »Kinder, wir gehen anderen Zeiten entgegen!« stellte Karl Bunzel darauf fest. »Wenn erst eine Frau an Bord ist, wird es gemütlicher!«
    Diese Meinung änderte er, als er Betty Kahrmayr sah. Sie stand in einem weiten Pelzmantel oben auf der Brücke und betrachtete den Hamburger Binnenhafen.
    »Das is se!« flüsterte der Erste Steuermann Bunzel ins Ohr.
    »'ne Nutte!«
    »Wenn das der Alte hört, schlägt er dich von Bord.«
    »Er wird doch wissen, wo er se hergeholt hat!« Karl Bunzel rieb sich die kalte Nase. »Wenn das mal gutgeht, Leute!«
    Der Erste Steuermann stieß den ›Kapitän‹ an. »Sieh dir das an!«
    Betty hatte den Mantel aufgeknöpft, als sei es ihr zu warm unter dem dichten Fell. Ihre schlanke Figur steckte in einem engen Wollkleid wie in einem Futteral. Es war hellblau, schmucklos und konzentrierte gerade in dieser Einfachheit die Blicke auf den Körper. Jetzt breitete sie die Arme aus und ließ den kalten Schneewind auf sie eindringen. Karl Bunzel schnaubte durch die Nase.
    »Das macht einen Menschenfresser zum Vegetarier!« sagte er leise. »Wenn die an Bord bleibt, wird die Mannschaft verrückt!«
    Betty Kahrmayr blieb

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