auf toedlichem Kurs
schließlich, als Bob ihm das Getränk auf den Tisch gestellt hatte. »Das ist alles ferne Vergangenheit und über allem liegt der Nebel der Zeit. Als der alte Rothman uns Seeleute rausgeschmissen hatte, habe ich mich lange nicht mehr für die Boote interessiert. So enttäuscht war ich. Erst als ich dieses Gemälde bei deinem Onkel entdeckt habe, kamen die Erinnerungen wieder hoch. Inzwischen waren viele Jahre vergangen und ich spürte: Es war doch eine schöne Zeit, damals, als es Rothman noch gut ging und wir den ein oder anderen Segeltörn unternommen haben. Nun, das Schiff, das ich meistens befahren habe, war die Samuel . Das Boot muss schließlich Rothmans Sohn geerbt haben. Ich glaube nicht, dass Samuel es verschrottet hat. Immerhin trägt es seinen Namen. Ich vermute, heute findet ihr es im Hafen Marina del Rey, da, wo die meisten Leute ihr Boot liegen haben. – Dann gab es noch Samantha , genannt die ›Rote‹, die größte der drei Jachten. Sie hatte Rothman nach seiner Frau benannt. Dies war das Schiff, dessen Bild bis heute Mittag in meinem Haus hing. Ein elegantes Boot, ja, aber für meinen Geschmack ein wenig zu behäbig. Vor einigen Jahren habe ich gehört, dass das Schiff an Land geholt wurde. Es steht jetzt wohl an der Hafenpier in einem Ort nördlich von hier und beherbergt ein angesehenes Speiselokal.« Er sah, wie Bobs Stift über den Notizblock kritzelte, und fügte den Namen der Stadt hinzu.
»Und das dritte Boot?«, fragte Justus.
Horowitz hustete. »Ja, und dann bleibt das kleinste, aber feinste der drei Schiffe. Ein Boot, in das man sich verlieben konnte. Weiß, schlank, wendig, schnell. Es trug den Namen von Rothmans Mutter: Gwendolyn .«
»Und?«
»Wo die Gwendolyn liegt und ob das Schiff überhaupt noch existiert, kann ich euch nicht sagen. Niemand kann das, bis auf zwei Personen. Und eine davon lebt nicht mehr. Eines Tages lief die Gwendolyn für eine mehrtägige Fahrt aus dem Hafen von Long Beach aus. Bis heute weiß ich nicht, wohin die kleine Reise gehen sollte. An Bord waren nur Samuel Rothman und mein Kollege Paddy O’Rien. Offiziell hieß es, Samuel Rothman wolle eine Ausflugsfahrt unternehmen. Die dann allerdings etwas länger als geplant ausfiel. Und böse endete.«
Horowitz trank einen Schluck und blickte gedankenvoll zwischen Justus und Bob hindurch. »Ein Sturm kam auf. Das Schiff trieb herum und sank schließlich. Samuel und der Matrose konnten sich retten. Von der Jacht fehlt bis heute jede Spur.« Horowitz trank erneut. Plötzlich hatte sich die innere Spannung, die sich auf seinem Gesicht abgezeichnet hatte, in Nichts aufgelöst. »Das Schiff ist im Sturm gekentert«, sagte er müde und stellte das Glas zurück. »So etwas kann passieren. Was sollen diese alten Geschichten.«
»Aber Sie haben die Erklärung für das Unglück nicht geglaubt?«, fragte Justus nach.
Mr Horowitz rang um eine Antwort. Also gut, wenn es euch so interessiert: Es gab zwei Dinge, die mich stutzig machten. Paddy war ein guter Kumpel von mir. Nach dem Unglück veränderte er sich. Wir kamen zwar noch miteinander aus. Doch seitdem stand irgendetwas zwischen uns. Über die Reise verlor er nie mehr ein Wort. Wo ich doch eigentlich erwartet hätte, dass man schier überbordet vor Geschichten, wenn man auf dem Meer solch ein Unwetter überlebt hat.«
»In der Tat! Da sollte man einiges zu erzählen haben. Aber was war der zweite Grund für Ihre Zweifel?«
»Der alte Rothman selbst. Er war plötzlich wie ausgewechselt. Nachdem das alles passiert war, betrat er keines der Schiffe mehr. Er schmiss uns Matrosen einfach raus. Zwei Jahre später starb Rothman. Er war viel zu schnell gealtert.«
»Vielleicht hängt alles zusammen«, sagte Justus nachdenklich. »Ein Schiff geht unter. Ein Mann verliert die Lust am Leben. Gwendolyn . Es geht offenbar um das Bild, das Peter bewacht. Mr Horowitz, Sie sagten, es war nach der Mutter des Ölbarons benannt? Wann ist sie gestorben? Zur gleichen Zeit, als das Boot verschwand?«
»Nein, einige Jahre vorher, an einer Krankheit, soweit ich mich erinnere. Der alte Rothman hat den Verlust kaum verkraftet.«
»Wir sollten das Bild von Anita Caballero erneut unter die Lupe nehmen«, sagte Justus. »Irgendetwas müssen wir übersehen haben!«
»Vielleicht geht es um einen Schatz«, warf Bob spontan ein. »Die Gwendolyn kann damals mit irgendeinem geheimen Auftrag ausgelaufen sein. Bei der Bergung des Schatzes muss es dann zu dem Verlust des Schiffes gekommen sein.
Weitere Kostenlose Bücher