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Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition)

Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition)

Titel: Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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von ihr eine Wohnung an der Misericordia habe, die er an ›anständige Leute‹ vermieten wolle. An Mieteinnahmen sei er nicht interessiert, er wolle vor allem anständige, zuverlässige Leute in der Wohnung haben.«
    Penzo sah sie an, als wollte er von ihnen wissen, ob sie so etwas schon je gehört hatten. »Bevor er sich an mich wandte, hat Araldo den Fehler gemacht, mit seiner Mutter darüber zu sprechen.«
    »Und die wollte umziehen?«, fragte Brunetti.
    »Sie wohnten auf fünfzig Quadratmetern: zwei Zimmer für zwei Personen, eine davon eine kranke Frau. Der Boiler war mindestens vierzig Jahre alt, Araldo sagte damals, sie wüssten nie, wann sie heißes Wasser hätten«, sagte Penzo.
    »Waren Sie mal da?«, fragte Vianello.
    »Ich bin nie in irgendeiner ihrer Wohnungen gewesen«, antwortete Penzo in einem Ton, der jede weitere Diskussion dieses Themas ausschloss.
    »Die Wohnung an der Misericordia war billiger, und sie war erst zwei Jahre zuvor renoviert worden; die Heizung war neu, die Nebenkosten waren auch schon mit drin. Und so, wie Coltellini es darstellte, würden sie dem Vermieter geradezu einen Gefallen tun. Araldos Mutter war sofort Feuer und Flamme. Die hat sich immer für was Besseres gehalten.« Bitter fügte Penzo hinzu: »Genau die Sorte Frau, die sich gnädig zu einem Hausbesitzer herablässt.«
    »Also hat er die Wohnung genommen?«, fragte Brunetti.
    »Als er ihr erst einmal davon erzählt hatte«, sagte Penzo mit resigniertem Kopfschütteln, »kam er nicht mehr daran vorbei. Sie hätte ihn sonst in den Wahnsinn getrieben.«
    »Und als sie eingezogen waren?«
    »Gab sie sich zufrieden, jedenfalls am Anfang.« Penzo betrachtete das Sandwich, das er immer noch nicht angerührt hatte. »Aber sie war keine, die lange zufrieden sein konnte.« Er legte einen Finger auf das nachgiebige Weißbrot, drückte fest zu und nahm den Finger wieder weg. Die Delle blieb. Er schob den Teller weit von sich und trank einen Schluck Wasser.
    Brunetti und Vianello warteten.
    »Nachdem sie dort etwa sechs Monate lang gewohnt hatten, gab Richterin Coltellini ihm einmal nach einer Verhandlung eine Akte zurück. Araldo trug die Akte in sein Büro und prüfte die Dokumente auf Vollständigkeit. Ich nehme an, er ist der Einzige im Tribunale, der sich die Mühe macht – gemacht hat –, so etwas zu tun. Ein Papier fehlte, die Übertragungsurkunde für ein Haus. Also brachte er der Richterin die Akte zurück und fragte nach; sie sagte, davon wisse sie nichts, die Urkunde sei nicht in der Akte gewesen, als sie sie gelesen habe, oder jedenfalls könne sie sich nicht daran erinnern.«
    »Wie hat er reagiert?«
    »Natürlich hat er ihr geglaubt. Schließlich war sie Richterin, und er war dazu erzogen worden, Autoritäten zu respektieren.«
    »Und dann?«, half Vianello ihm weiter.
    »Ein paar Monate später verschob die Richterin einen Termin, weil die Akte zu dem Fall nicht aufzufinden war«, sagte er.
    »Und wo war sie?«, fragte Brunetti.
    »Auf ihrem Schreibtisch, begraben unter anderen Akten. Araldo entdeckte sie, als er am Nachmittag dort hinging, um die Prozessakten abzuholen.«
    »Hat er mit ihr gesprochen?«
    »Ja. Sie hat sich entschuldigt und behauptet, das sei ihr entgangen, die müsse irgendwie zwischen die anderen geraten sein.«
    »Und diesmal?«, fragte jetzt wieder Vianello.
    »Er hat sich immer noch nichts dabei gedacht. Zumindest hat er mir das so erzählt.«
    »Und dann?«, fragte Brunetti.
    »Und dann hat er aufgehört, mir davon zu erzählen.«
    »Wie kommen Sie darauf, dass es etwas zu erzählen gab?«
    »Wie gesagt, Commissario. Wir waren zusammen auf dem liceo. Und hatten dann vierzig Jahre lang Kontakt. In dieser Zeit lernt man den anderen gut kennen, was er denkt, ob ihn etwas bedrückt.«
    »Haben Sie ihn darauf angesprochen?«, fragte Brunetti.
    »Ja, ein paar Mal.«
    »Und?«
    »Er hat gesagt, ich soll ihn in Ruhe lassen, es habe mit seiner Arbeit zu tun, er wolle nicht mit mir darüber sprechen.« Er zog den Teller mit seinem Sandwich wieder zu sich heran, drückte mit dem Daumennagel ein X in die Delle und sah Brunetti an.
    »Also habe ich nicht mehr davon angefangen, und wir taten, als sei alles in Ordnung.«
    »Aber?«
    Penzo nahm das große Glas, schwenkte das restliche Wasser ein paarmal herum und trank es dann aus. »Sie müssen wissen, Araldo war ein ehrlicher Mensch. Ein guter Mann und ein ehrlicher Mann.«
    »Und das heißt?«, fragte Brunetti.
    »Das heißt, dass die Vorstellung, die

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