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Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition)

Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition)

Titel: Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Richterin könnte ihn anlügen oder könnte überhaupt lügen, ihn fassungslos machte. Und dann zornig.«
    »Was wollte er dagegen unternehmen?«, fragte Brunetti.
    Penzo zuckte die Schultern. »Was konnte er schon tun? Er saß doch in der Falle. Seine Mutter war so zufrieden, wie jemand wie sie nur sein konnte. Sollte er ihr das etwa wegnehmen?«
    »Stand für ihn fest, dass sie die Wohnung verlieren würden?«
    Darauf antwortete Penzo gar nicht erst.
    »Für seine Mutter zählte nur die Wohnung?«
    »Allerdings«, entfuhr es Penzo. »Das war eine Adresse, wohin sie ihre Freunde einladen konnte – die wenigen, die sie hatte –, um ihnen vorzuführen, wie weit sie es gebracht hatten, sie und ihr Sohn, der doch bloß Gerichtsdiener war. Und nicht Anwalt.«
    »Und?«, fragte Brunetti.
    »Also hat er den Mund gehalten. Und ich habe nicht weiter nachgefragt.«
    »Und das war’s?«, meinte Brunetti.
    Penzo warf ihm einen befremdeten Blick zu. »Ja. Das war’s«, sagte er. Bei dieser Hitze hatten sie alle einen leichten Schweißfilm auf Gesicht und Armen, so dass Brunetti die Tränen, die Penzo über die Wangen liefen, zunächst gar nicht bemerkte. Er schien sie selbst nicht zu bemerken, jedenfalls unternahm er keinen Versuch, sie wegzuwischen. Schließlich tropften sie ihm vom Kinn und versickerten in seinem weißen Hemd.
    »Ich werde mir noch an meinem Todestag wünschen, ich hätte was unternommen. Ihn zum Reden gebracht. Dass er mir erzählt, was er tut. Was sie von ihm verlangt hat«, sagte Penzo und wischte sich geistesabwesend die Tränen ab. »Ich wollte doch nur keinen Ärger machen.«
    »Haben Sie ihn an diesem Tag gesehen?«, fragte Brunetti. »Oder mit ihm gesprochen?«
    »Sie meinen an dem Tag, als er getötet wurde?«
    »Ja.«
    »Nein, da war ich bei einem Klienten in Belluno und bin erst am nächsten Morgen zurückgekommen.«
    »In welchem Hotel?«, fragte Vianello vorsichtig.
    Penzos Miene erstarrte, und es kostete ihn Mühe, sich zu dem Inspektor umzudrehen. »Hotel Pineta«, sagte er schroff. Er hob seine Aktentasche vom Boden auf und verließ die Bar so schnell, dass weder Brunetti noch Vianello ihn hätten aufhalten können, selbst wenn sie gewollt hätten.

23
     
    Brunetti ging zur Bar und kam wenig später mit zwei weiteren Gläsern Weißwein zurück. Er stellte eins vor Vianello hin und nahm von seinem einen Schluck.
    »Und?«, fragte er Vianello.
    Der Inspektor zerbrach den Zahnstocher, mit dem er eine Artischocke gegessen hatte, grübelnd in kleine Stücke und legte sie eins nach dem anderen auf den Teller neben das von Penzo zurückgelassene Sandwich. »Sieht so aus«, sagte er schließlich, »als müssten wir uns mit seinem Leben beschäftigen.«
    »Fontanas oder Penzos?«
    Vianello blickte auf. »Eigentlich mit beiden, aber mit Fontana haben wir ja schon angefangen. Erst finden wir heraus, dass er schwul war, und dann hören wir seine Lebensgeschichte tränenreich erzählt von einem Mann, bei dem es sich – falls ich nicht völlig danebenliege – ohne weiteres um seinen Liebhaber handeln könnte. Also sollten wir uns vergewissern, wo Penzo sich in der Tatnacht aufgehalten hat.«
    »Das heißt also, seine Tränen haben dich nicht überzeugt?«, fragte Brunetti zynischer, als es seine Gewohnheit war.
    Vianello brach noch ein Stückchen von dem Zahnstocher ab. »Doch, ich habe ihm Glauben geschenkt und glaube ihm noch. Jedenfalls, dass er Fontana geliebt hat.«
    »Aber?«
    »Tag für Tag töten Leute jene, die sie lieben«, sagte Vianello.
    »Stimmt«, bestätigte Brunetti.
    »Das heißt, wir zählen ihn zu den Verdächtigen?«
    »Das heißt, wir müssen ihn zu den Verdächtigen zählen«, sagte Brunetti. Er sah den Inspektor fragend an. »Was meinst du?«
    »Wie gesagt, ich vermute, dass Penzo ihn geliebt hat«, sagte Vianello, hielt kurz inne und bemerkte dann irgendwie enttäuscht: »Aber ich glaube nicht, dass er ihn getötet hat.«
    Brunetti sah das genauso, konnte jetzt aber ein Unbehagen, das die Unterredung mit dem Anwalt in ihm ausgelöst hatte, nicht mehr für sich behalten: »Du meinst also wirklich, Penzo war sein Geliebter?«
    »Du hast selbst gehört, wie er von ihm gesprochen hat«, beharrte Vianello.
    »Jemanden vierzig Jahre lang lieben ist nicht dasselbe wie sein Geliebter sein«, sagte Brunetti.
    Vianello setzte eine störrische Miene auf, und Brunetti kam ihm mit der Antwort zuvor: »Es ist nicht dasselbe, Lorenzo.« Plötzlich dachte Brunetti, dass er und Vianello sich

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