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Auf verlorenem Posten

Auf verlorenem Posten

Titel: Auf verlorenem Posten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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vierhunderttausend Kilometern.
    Insgesamt hatte das zur Folge, daß Schlachten im offenen Raum die unangenehme Neigung aufwiesen, endlos hin- und herzutaktieren, ganz egal, wie wichtig sie strategisch auch sein mochten. Wenn ein Flottenverband in Gefahr geriet, rollte er einfach die Schiffe auf die Seiten und wandte dem Gegner die undurchdringlichen Impellerkeile zu, während er versuchte, sich aus dem Kampf zu lösen. Dem Gegner blieb als einzig möglicher Gegenzug nur die entschlossene Verfolgung übrig, doch dazu mußten die Verfolger den ungeschützten Bug ihrer Schiffe auf die Fliehenden richten. Das gab den Verfolgten wiederum Gelegenheit, ihnen ein paar Breitseiten ›in den Rachen‹ zu jagen. Kreuzerkämpfe wurden in der Regel bis zum bitteren Ende durchgestanden, doch Gefechte zwischen Großkampfschiffen besaßen nur zu häufig den Formalismus eines komplizierten Gesellschaftstanzes, bei dem beide Partner alle Schritte kannten.
    An dieser Lage hatte sich seit über sechs Standardjahrhunderten nichts geändert, sah man von den Variationen der Gefechtsentfernungen ab, die auftraten, wenn eine Strahlenwaffe verbessert wurde oder die Konstrukteure einen neuen Trick ersannen, das Durchbrechen von Schilden zu erschweren. Hemphill und ihre Technophilen fanden diesen Zustand unerträglich. Sie glaubten, die Gravolanze könne die ›festgefahrene Situation‹ aufbrechen, und sie waren fest entschlossen, dies zu beweisen.
    Theoretisch mußte Honor eingestehen, daß Hemphill nicht ganz unrecht hatte. Theoretisch. Tief in ihrem Innern wünschte sie sich sogar inbrünstig, daß es so war. Die Taktikerin in Honor haßte den Gedanken an blutige, zeremonienhafte Schlachten. Das Einsatzziel mußte die gegnerische Flotte sein, kein Territorialgewinn. Wenn die feindlichen Geschwader entkamen, stand man ihnen bald wieder gegenüber und sah sich gezwungen, die Strategie der Zermürbung und Blockade anzuwenden und in dieser Art Krieg waren die Verluste letzten Endes wesentlich höher.
    Trotzdem irrte die jeune école. Die Gravolanze war eine Neuentwicklung und würde eines Tages vielleicht wirklich das Potential besitzen, das Hemphill ihr zusprach, aber noch war es nicht so weit. Mit ein wenig Glück konnte ein Volltreffer mit der Gravolanze ins Seitenschildfeld eine Resonanzkatastrophe auslösen, die jeden Seitenschildgenerator ausbrannte, doch die Lanze war eine schwerfällige, langsam feuernde, massenintensive Waffe, und ihre Maximalreichweite betrug selbst unter günstigsten Umständen kaum einhunderttausend Kilometer.
    Und das, dachte Honor düster, war der entscheidende Makel. Um die Lanze einzusetzen, mußte ein Schiff sich auf Kernschußweite einem Feind nähern, der aus einer Entfernung von einer Million Kilometern versuchen würde, es mit Raketen zu vernichten, und es auf die vierfache Reichweite der Lanze mit Energiewaffenfeuer eindeckte. Vielleicht wäre die Gravolanze in einem Großkampfschiff mit genügend Platz an Bord sogar sinnvoll einsetzbar gewesen, doch nur ein Idiot (oder die Horrible Hemphill) konnte glauben, sie würde in einem Leichten Kreuzer etwas ausrichten! Die Fearless besaß einfach nicht die Verteidigungseinrichtungen, um dem feindlichen Feuer bei der Annäherung standzuhalten, und dank der Gravolanze besaß sie auch nicht mehr die Offensivbewaffnung, die sie brauchte, um wirksam zurückschlagen zu können! Klar, natürlich, falls die Fearless in Gravolanzenreichweite an das Ziel herankam und falls die Lanze dann auch funktionierte, konnten die Energietorpedobatterien, mit denen die Hemphill den Kreuzer vollgestopft hatte, sogar einen Superdreadnought in Fetzen schießen; aber auch nur, falls die Lanze funktioniert hatte, denn gegen einen intaken Seitenschild besaßen Energietorpedos ungefähr so viel Wirkung wie weichgekochte Eier.
    Der Plan war Irrsinn, und Honor sollte ihn verwirklichen.
    Sie funkelte den Bildschirm wieder an, dann schaltete sie ihn voller Abscheu ab und flegelte sich auf die Koje. Nimitz streckte sich und schlenderte gemütlich von seinem Ruheplatz herüber, um sich auf Honors Bauch zusammenzurollen. Diesmal gurrte sie ihm zu und strich über sein Fell, und um sie beim Denken zu unterstützen, legte er sich so, daß seine Schnauze auf ihrem Brustbein ruhte.
    Honor hatte erwogen, Protest einzulegen. Schließlich und endlich gestand die Tradition einer Kommandantin die Autorität zu, Änderungen an ihrem Kommando in Frage zu stellen, doch die Fearless hatte sich nicht unter ihrem

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