Auf verlorenem Posten
dabei mit jeder verstreichenden Sekunde um fast drei Kilometer pro Sekunde zu.
Das havenitische Kurierboot hing drohend direkt vor ihnen in Honors visuellem Display. Seine Impelleremitter glühten auf, als der Keil hochgefahren wurde, doch noch arbeiteten sie nicht. Aus den Schubdüsen des Bootes schossen Dampfstrahlen, weil der Captain des Bootes verzweifelt versuchte, dem wahnsinnigen Ansturm der Fearless auszuweichen, doch die Schubdüsen waren viel zu schwach, um das Boot in der kurzen Zeit um mehr als ein paar Meter von der Stelle zu bewegen. Der Leichte Kreuzer stürzte sich wie ein rachedürstender Falke auf das zerbrechlich wirkende Kurierboot.
Zischendes Atmen war überall zu hören, als sich Honors Crew auf den unausbleiblichen, selbstmörderischen Aufprall vorbereitete. Honors Gesicht aber schien aus gehauenem Fels zu bestehen, als der Rand des Antriebsfeldes der Fearless das Kurierboot um weniger als zwei Kilometer verfehlte. Doch zwei Kilometer waren immer noch viel näher als der minimale Sicherheitsabstand zweier Impellerantriebe. Aus dem Heck des kleineren Raumschiffs brach verdampfter Durastahl hervor, als der viel kraftvollere Impellerkeil des Kreuzers die Heckemitter des Bootes in eine glühende Gaswolke verwandelte; dann war die Fearless vorbei. Im visuellen Display verschoben sich die Sterne desorientierend, als sie nach oben und in einer wahnwitzigen schrägen Kurve am Planeten vorbeizog und dann auf volle Kraft vorausging, auf ganze fünfhundertundzwanzig Gravos.
»Mein Gott!« keuchte jemand – die Fearless sauste mit nur zehn Kilometern Abstand an einem Vier-Millionen-Tonnen-Frachter vorbei, der im Parkorbit lag. Honor wandte nicht einmal den Kopf. Ihre Aufmerksamkeit konzentrierte sich bereits auf den scharlachroten Lichtpunkt der fliehenden Sirius im taktischen Display.
»Captain?« fragte Webster. Er klang genauso mitgenommen wie die anderen auch.
»Ja, Samuel?« fragte Honor geistesabwesend.
»Captain, wir werden von diesem Kurierboot angerufen. Sie klingen recht aufgebracht, Ma’am.«
»Das kann ich mir gut vorstellen.« Honor gestattete sich ein Grinsen und spürte das plötzliche Nachlassen der Anspannung ihrer Brückencrew. »Geben Sie den Ruf auf meinen Schirm.«
»Jawohl, Ma’am.« Ihr Display erhellte sich mit dem Bild eines sehr jungen Offiziers in der grünen und grauen Uniform der Volksflotte. Er trug die Rangabzeichen eines Lieutenants. Seine Gesichtsfarbe war eine abenteuerliche, gefleckte Mischung aus Zornesröte und Schreckensbleiche.
»Captain Harrington, ich protestiere gegen Ihre rücksichtslose, gesetzwidrige Schiffsführung!« rief der junge Mann. »Sie hätten beinahe mein Schiff zerstört! Unsere gesamte Heck …«
»Es tut mir sehr leid, Captain«, unterbrach Honor ihn in ihrem beruhigendsten Tonfall. »Ich fürchte, ich habe nicht genau darauf geachtet, wohin ich fahre.«
» Sie haben nicht genau … « Der havenitische Lieutenant bezwang seinen Ausbruch und fletschte die Zähne. »Ich verlange, daß Sie beidrehen und meinem Kommando behilflich sind, den von Ihnen verursachten Schaden zu beheben!« fuhr er sie an.
»Ich fürchte, das wird nicht möglich sein, Captain«, entgegnete Honor.
»Nach der interstellaren …« begann der Lieutenant wieder, doch Honor schnitt ihm mit einem freundlichen Lächeln das Wort ab.
»Ich weiß, technisch ist das jetzt gar nicht richtig, wie ich mich verhalte, Captain«, sagte sie gleichbleibend beruhigend, »aber ich bin sicher, daß Ihrer Majestät Residierende Kommissarin Ihnen alle Unterstützung zukommen läßt, die Sie benötigen. Wir haben es leider zu eilig, um uns länger aufzuhalten. Leben Sie wohl, Captain.«
Sie schaltete das Com ab und unterbrach damit neuerliches Protestgeschrei des Lieutenants, dann lehnte sie sich in den Kommandosessel zurück.
»Meine Güte, das war ganz schön unachtsam von mir, was?« murmelte sie.
Die gesamte Brückencrew starrte sie verdutzt an, dann löste sich die Anspannung in lautes Gelächter auf. Honor grinste, doch dann sah sie zu McKeon auf. Sein Gesicht war ernst, und aus seinen Augen sprach keinerlei Belustigung.
»Sie haben den Kurier aufgehalten, Skipper«, sagte er leise unter dem Schutz des Gelächters der anderen, »aber was ist mit dem Frachter?«
»Den müssen wir auch aufhalten«, antwortete Honor. »Und zwar um jeden Preis.«
»Aber wieso , Ma’am? Sie sagten, Sie wüßten, was vor sich geht, aber ich will verdammt sein, wenn ich’s weiß!«
»Der
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