Auf verlorenem Posten
heran kommen wir nicht.«
»Und ich werde Chief Killian nicht abstellen.« Honor runzelte die Stirn, dann lächelte sie. »Ich glaube, ich habe eine andere Idee.« Sie drückte einen Knopf auf dem Intercom.
»Wachhabender Offizier«, antwortete Lieutenant Strombolis Stimme.
»Captain hier, Lieutenant. Bitte schicken Sie die Bosun in meinen Besprechungsraum.«
»Aye, aye, Ma’am.« Honor ließ den Knopf los und lehnte sich zurück. Sie verbarg ihr Vergnügen hinter einem gelassenen Gesichtsausdruck, während Isvarian und McKeon zuerst sie und dann einander ansahen. Honor summte leise vor sich hin und ließ die beiden im Ungewissen, bis die Luke zischend auffuhr.
Senior Chief Boatswain’s Mate Sally MacBride trat hindurch und ging in Habachtstellung. An ihrem linken Ärmel prangten fünf goldene Winkel, von denen jeder drei manticoranische Jahre – mehr als fünf T-Jahre – Dienstzeit symbolisierte, und sie stand kurz vor dem Erlangen eines sechsten. Sie war eine kräftig gebaute Frau mit kühlen Augen und dienstältester Bootsmann an Bord der Fearless .
»Der Captain haben nach mir geschickt?«
»Ja, vielen Dank, Bosun.« Honor gab MacBride nickend das Zeichen, sich zu rühren. »Ich benötige einige Leute mit relativ spezialisierten Begabungen, und ich dachte, Sie wären vielleicht in der Lage, mir zu helfen.«
»Was immer der Captain wünschen, Ma’am.« MacBride stammte von Gryphon, wie ein erstaunlich hoher Prozentsatz an Unteroffizieren in der RMN, wenn man die relativ geringe Bevölkerungsdichte des Planeten bedachte. Manticore Bs einziger bewohnbarer Planet war die unwirtlichste und am wenigsten besiedelte Welt unter den drei erdähnlichen Planeten des Manticore-Systems. Gebürtige Manticoraner und Sphinxianer behaupteten, Gryphoner würden nur in die Navy eintreten, um dem gryphortischen Wetter zu entkommen. Aus ihrer eigenen Sicht folgten die auf Gryphon geborenen Untertanen der Königin einer Art göttlicher Berufung, die Weichlinge von Manticore A in Form zu halten. Die kontroversen Meinungen führten zu gelegentlichen außerdienstlichen ›Diskussionen‹, die es ein wenig schwer machen konnten, mit Gryphonern zu leben und zu dienen, doch Honor war froh, daß sie MacBride hatte. Der oder die ›Bosun‹ war an Bord aller Kriegsschiffe das unverzichtbare Bindeglied zwischen Brückenoffizieren und Mannschaft, und MacBride brachte aus all ihren Dienstjahren hartes, professionelles Selbstvertrauen mit.
»Ich werde Sie nicht darum bitten, irgendwelche Geheimnisse auszuplaudern, Bosun«, sagte Honor. »Ich benötige Leute, die – sagen wir mal aus eigener Erfahrung – vertraut sind mit den Möglichkeiten, an Bord eines Shuttles oder eines Sternenschiffs Konterbande zu verbergen.« MacBrides linke Augenbraue hob sich unmerklich; sonst blieb ihr Gesichtsausdruck unverändert. »Ich brauche die Leute als Kern des Zollinspektionsteams, das ich nach Medusa abkommandieren werde, daher sollten sie über ihre, äh, Erfahrungen hinaus Initiative und Umsicht besitzen. Können Sie solche Leute für mich finden?«
»An wieviel Leute haben der Captain gedacht?«
»Nun, sagen wir fünfzehn«, antwortete Honor und ignorierte dabei das untypische Amüsement in McKeons grauen Augen. »Wir werden drei Pinassen und zwei Shuttles zur Verfügung haben, und ich hätte gern in jeder Wache einen Spezialisten auf jedem der Boote.«
»Ich verstehe.« MacBride dachte eine kurze Weile nach, bevor sie nickte. »Jawohl, Ma’am. Ich kann die entsprechenden Leute finden. Benötigen der Captain noch etwas anderes?«
»Nein, Bosun. Sorgen Sie dafür, daß der Eins-O die Liste am Ende der Wache erhält.«
»Aye, aye, Ma’am.« MacBride nahm erneut Haltung an, drehte auf dem Absatz und verschwand durch die Luke. Sie schloß sich hinter ihr.
»Entschuldigen Sie, Captain«, fragte Major Isvarian in vorsichtigem Ton, »aber habe ich Sie gerade die Bosun bitten hören, fünfzehn Schmuggler zu finden, um unsere Zollboote zu bemannen?«
»Selbstverständlich nicht, Major. Dies ist ein Schiff der Königin. Wie könnten wir Schmuggler an Bord haben? Andererseits bin ich sicher, daß im Laufe der Jahre einige meiner Leute andere dabei beobachtet haben, wie sie verbotene Güter an Bord eines Schiffes zu verstecken versuchten. So traurig es auch klingt, einige könnten sogar Individuen gekannt haben, die an Bord von Schiffen der Navy in Schwarzmarktgeschäfte verwickelt waren. Ich habe die Bosun lediglich gebeten, mir einige dieser
Weitere Kostenlose Bücher