Aufbrach aus der nacht (Liebesromane) (Tagebücher der Dunkelheit: Band 3) (German Edition)
Heiligtum gestürmt hatte, seine Gegenwart laut proklamiert hatte, dem ganzen Raum seinen Stempel aufgedrückt hatte. Verdammt.
Ihr Magen verdrehte sich und sie spürte diesen vertrauten, kleinen Kitzel, ganz tief in ihr drin. Er wusste zur Hölle nochmal genau, wie er sie zu nehmen hatte. Und jep, zu ihrer Überraschung dann auch, wann er zuhören sollte und wann er reden sollte.
Letzte Nacht in der Kirche. Aaargh. Sie hatte voll geblubbert, Scheiße gelabert, andauernd ... bei der Erinnerung daran verdrehte Zoë die Augen. Es war ihm sicher scheißvoll peinlich gewesen. Aber ... er hatte zugehört. Hatte einfach nur ihre Hand berührt, anstatt zu versuchen sie abzulenken, indem er sie auszog. So als ob er wirklich etwas für sie empfand.
Es lag schon lange zurück, dass jemand etwas für sie empfunden hatte. Oder seitdem sie etwas für jemanden empfunden hatte.
Sie wusste, er verstand nicht, warum sie Raul Marck hatte umbringen müssen. Aber er hatte kein einziges Wort fallen lassen, das ihr einen Vorwurf gemacht hätte. Er hatte nur zugehört. Ein Teil von ihr wollte ihm noch sagen, dass es ihr nicht ganz so leicht gefallen war, wie sie sich vorgestellt hatte.
Aber sie konnte nicht. Sie wollte es alles hinter sich lassen.
Und Quent versuchte auch nicht, ihr seine eigene Meinung zu irgendwas einzureden. Er behandelte sie nicht, als ob sie kein Hirn hätte, entschied einfach alles alleine und kommandierte herum, wie Männer aus den Abenteuerromanen es mit den Frauen da taten. Das hatte sie immer scheißwütend gemacht.
Und heute Morgen, als sie schwimmen ging, war er ihr nachgekommen, als er soweit war. Auf seine Art und Weise. Er musste nicht wissen, warum sie ohne ihn los war, wo sie gewesen war. Er schien zu verstehen, dass sie ihre Freiräume brauchte. Sie brauchte Platz zum Atmen.
Sie war durch und durch gewohnt alleine zu leben.
So verdammt einsam.
Bei dem Gedanken keuchte Zoë laut auf und sah sich rasch um, als wolle sie sich sicher sein, niemand habe sie gehört. Als ob hier jemand rumlungerte. Total durchgeknallt. Das war sie.
Aber dieser Gedanke ließ ihr keine Ruhe.
Einsam. Hatte sie sich jemals als einsam betrachtet? Nach der Tragödie ihre Familie zu verlieren, verdammt, ja. Sie hatte eine Scheißsackkarre beladen mit Einsamkeit rumgeschleppt, alles schön verpackt in Super-Trauer. Für eine Weile. Aber dann hatte sie diese Rachemission gefunden – und die Jagd. Das füllte ihr Leben aus. Und sie baute sich ein neues, ein eigenes Leben.
Eines, das sie mochte. Eine Einzelgängerin. Simpel. So scheißpflichtbewusst, sie kam sicher in den Himmel.
Genau wie all diese Kommissare in den Büchern, die sie las, brannte sie vor Verlangen die Dinge wieder ins Lot zu bringen. Die Wahrheit aufzudecken, den Schaden wieder gutzumachen. Die gleiche Bürde und das gleiche Verlangen trieb auch sie voran.
Der einzige Unterscheid war, dass sie die Rache auf sich alleine gestellt üben musste. Mit ihren eigenen Händen. Weil es sonst niemanden gab.
Hatten die es irgendwie leichter – Charlotte und Tom Pitt oder Sam Spade oder irgendeiner von ihnen – einfach die Wahrheit herauszufinden, den Bösewicht zu entlarven ... und es dann jemand anderem zu überlassen sicherzustellen, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wurde? Sie überschritten nie diese Grenze, nahmen die Dinge nie in die eigenen Hände.
Wie sie es getan hatte. Und sie fing an die Tragweite dieser Entscheidung zu begreifen. Die kleinen Wellen, die das in ihr schlug, an ihr nagten. Zu wissen, dass sie ein Leben ausgelöscht hatte – ein elendiges, ein gewalttätiges und ein hässliches ... aber ohne ihm eine Chance zu geben. Dieses Wissen lastete schwer auf ihr.
Aber sie bereute es nicht. Sie hatte ein Leben geopfert, um viele zu retten. Sie hatte es akzeptiert.
Etwas prickelte an ihrem Rücken und sie wirbelte gerade noch rechtzeitig herum, um zu sehen, wie ein großer Schatten sich von einem noch dunkleren, stehenden Schatten löste. Zoë hatte einen Pfeil in der Hand, noch bevor sie einen weiteren Schritt getan hatte.
„Das kannst du weglegen“, sagte Ian, der jetzt vollständig in das zarte Licht von Mond und Sternen trat.
„Ich habe dir gestern Nacht gesagt, ich würde nicht auf dich schießen, aber das heißt nicht, dass ich es heute nicht tue“, sagte Zoë zu ihm. Das Herz hämmerte ihr in der Brust.
„Gleichfalls“, sagte er und sie sah, dass er eine Pistole
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