AUFBRECHEN! - Warum Wir Eine Exzellenzgesellschaft Werden Muessen
die neuen Bedürfnisse und den Kunden von morgen. Die Wirtschaftskultur muss wieder zu Wir-Formen zurück, um gemeinsam die neuen Infrastrukturen von morgen zu begründen und auf ihrer Basis neue Berufe und neue Arbeit zu schaffen.
Der Eintritt in die neue quartäre Gesellschaft ist wie die Besiedlung eines neuen Landes. Jeder steckt sich Land ab, so viel wie er bewirtschaften kann. Alle helfen sich gegenseitig beim Bau der gemeinsamen Struktur (Laden, Sheriff, Saloon, Post). Und jeder schafft auf seinem Grund und Boden so viel Wohlstand, wie er selbst es nur vermag. Streit gibt es erst viel später, wenn das Land knapp wird oder der Brunnen nicht genug Wasser gibt. Dann wird es wieder Ich-Phasen der Gesellschaft geben. In den Gründungsphasen aber ist genug Raum für alle.
Deutschland muss also umschalten in eine Kulturform des Gemeinsinns und der Meisterehre. Mehr Bildung also statt weniger! Mehr studieren statt nur den Bachelor! Mehr Kompetenzen erwerben als nur Wissen! Der Rohstoff der quartären Gesellschaft ist der fähige Mensch. Noch vor Jahrzehnten ging es um den Besitz von Rohstoffen, von Grund und Boden. Kriege wurden um Länder geführt. Die Großgrundbesitzer hatten den Reichtum und die Macht. Nach den Landadligen kamen die Industriebarone, dann die Service-Ketten-Besitzer. Bald aber werden fähige Mitarbeiter zählen – so wie die Größe des Landes einst.
Nach Krisen geht es woandershin – nicht zurück
Im quartären Zeitalter ist der exzellente Mensch der wesentliche Rohstoff – also sind Staaten dann am besten für diese Zeit gerüstet, wenn sie (am besten durchweg) fähige Menschen erzeugen und ihnen eine Heimat bieten können, in der sie gerne arbeiten möchten.
Was also wäre die Aufgabe des Staates? Er sollte den Weg Deutschlands in den quartären Sektor bereiten und die Kompetenzbildung seiner Bürger aktiv vorantreiben.
Das ist eine Forderung, die Zukunft zu gestalten. Leider aber drehen sich die Diskussionen immer nur um das gerade aufgetretene gegenwärtige Problem, nämlich den Niedergang der Dienstleistungsarbeit. Das hilft an unserer heutigen Stelle nicht, weil sich ja die Welt bald in einen anderen Zustand bewegt. Wir kurieren ein Problem am Ort, an dem wir stehen, sehen aber nicht, dass wir diesen Ort doch sehr bald verlassen.
Wir verlassen die Dienstleistungsgesellschaft, wobei einige zehn Prozent der Deutschen ihren ursprünglichen Beruf verlieren. Diese Einsparung von Arbeitsplätzen durch Automatisierung führt zunächst zu gewaltigen Gewinnen der Dienstleistungsunternehmen, weil die treuen Kunden die nun viel billiger herstellbaren Dienstleistungen zum gleichen hohen Preis bezahlen wie bisher. Nach dieser Scheinblüte der Dienstleistungsunternehmen werden sie selbst Opfer der Entwicklung.
Ich habe geschildert, wie diese Entwicklung endet: Die normale Wir-Kultur des deutschen Bürgers spaltet sich in eine brutale Ich-Kultur, die nahe am »Prekariat« angesiedelt ist, und in eine »gierige« Kultur der Gewinner.
Die Politik und die Diskussion der Bürger sind aber darum bemüht, sich wieder dem alten Zustand anzunähern, also das Rad zurückzudrehen! Alle wollen wieder zum großen Wir-System der sozialen Marktwirtschaft zurück, weil sie von der wahren Zukunft der Wissensgesellschaft gar nichts »ahnen«. Was also steht in der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit?
Maßnahmen gegen Verarmung durch Mindestlöhne
Regulierungen gegen gierige Risikogeschäfte
Stützen der Nachfrage nach der Lehre von Keynes, etwa durch die Abwrackprämie
Das Ziel ist die »Herbeiführung normaler Zustände«.
Ich kann diese Reaktion auf den Finanzcrash 2008/2009 gut verstehen, aber der Crash zeigt uns eigentlich, dass wir eine Reise in eine neue Gesellschaft antreten.
Eine Politik, die es sich nur zum Ziel setzt, zu den vergangenen guten Zuständen zurückzukehren, muss scheitern. Sie sieht nicht, dass es unumkehrbar woandershin geht:
Die USA haben das Aufkommen der neuen Zeit kaum in ihren wirtschaftlichen Handlungen berücksichtigt. Sie haben am radikalsten Geld dadurch verdient, dass sie die Effizienz der Dienstleistungen steigerten, die Produktion weitgehend in Niedriglohnländer auslagerten und der eigenen Bevölkerung alles gegen hohe Preise auf Kredit verkauften. Immer stärker wird erkannt, dass die USA über ihre Verhältnisse gelebt haben. Viele sagen – heute noch ein bisschen schamhaft hinter vorgehaltener Hand: »Das amerikanische Jahrhundert ist vorüber.«
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