Aufbruch zu den Sternen - Roman
Grund dafür auch sein mochte, jedenfalls hatte er die Schriften jener Männer studiert, die die Bezwingung des Weltraums vorausgesagt hatten, und war zu dem Entschluss gelangt, dass dem um jeden Preis Einhalt geboten werden müsse.
Soviel man wusste, glaubte er, dass der Versuch, in den Weltraum vorzudringen, irgendein fürchterliches metaphysisches Verhängnis heraufbeschwören würde. Es gab sogar Beweise dafür, dass er den Mond für die Hölle, zum Mindesten aber für das Fegefeuer hielt und befürchtete, dass die vorzeitige Ankunft eines Menschen in jenen infernalischen Regionen unberechenbare und schlimme Folgen haben könnte.
Und so tat er, was schon Tausende vor ihm getan hatten, um Unterstützung für ihre Ideen zu finden: Er versuchte andere zu seinen Überzeugungen zu bekehren, indem er eine Sekte gründete, die sich deklamatorisch »Brüderschaft der Raketengegner« nannte. Da jede Lehre, und sei sie noch so phantastisch, stets irgendwelche Anhänger gewinnt, fand Wilkes nach und nach die Unterstützung einer kleinen Schar von religiösen Schwärmern und Fanatikern im Westen der Vereinigten Staaten. Sehr bald jedoch schon kam es zum Schisma und Gegenschisma innerhalb der mikroskopisch kleinen Bewegung. Und am Ende stand ihr Gründer mit zerrütteten Nerven und zerrütteten Finanzen da. Falls man einen so feinen Unterschied machen will, kann man sagen, dass er daraufhin wahnsinnig wurde.
Als die »Prometheus« gebaut wurde, kam Wilkes zu der Überzeugung, dass nur er allein ihren Abflug verhindern könne. Ein paar Wochen vor dem Start gab er seine Stellung auf und hob den Rest seines Bankkontos ab. Er musste jedoch feststellen, dass ihm zur Reise nach Australien noch hundertfünfzig Dollar fehlten.
Sein plötzliches Verschwinden überraschte und schmerzte seine Arbeitgeber, doch nach einer hastigen Überprüfung seiner Bücher unternahm man nichts, um ihm auf die Spur zu kommen. Man alarmiert nicht gleich die Polizei, wenn ein Angestellter, dem sonst nichts vorzuwerfen war, nach dreißigjähriger Dienstzeit einem Safe, das mehrere tausend Dollar enthält, hundertfünfzig entnimmt und sich damit aus dem Staube macht.
Wilkes gelangte ohne Schwierigkeiten nach Luna City. Einmal dort angekommen, nahm kaum jemand Notiz von ihm. Offiziellerseits hielt man ihn anscheinend für einen von den vielen hundert Reportern, die im Ort herumlungerten, während die Reporter ihn für einen Bediensteten hielten. Er gehörte jedenfalls zu der Sorte Mensch, die sich, ohne das geringste Aufsehen zu erregen, geradenwegs in den Buckhingham-Palast hätte begeben können, ohne dass die Wache etwas gemerkt hätte.
Niemand wird je erfahren, was für Gedanken durch Jefferson Wilkes' beschränktes Gehirn schossen, als er die »Prometheus« startbereit daliegen sah. Vielleicht kam ihm sogar erst in diesem Augenblick die Schwierigkeit seines Vorhabens zu Bewusstsein. Wohl hätte er mit einer Bombe beträchtlichen Schaden anrichten können – aber obwohl eine Bombe in Pittsburg wie in allen größeren Städten aufzutreiben gewesen wäre, so wissen doch nur die wenigsten, an wen man sich mit einem derartigen Anliegen wenden muss – ehrbare Buchhalter schon gleich gar nicht.
Von der Absperrung, deren Zweck er nicht ganz einsah, hatte er beobachtet, wie die Güter verladen wurden und wie die Ingenieure die letzten Prüfungen vornahmen. Auch war ihm nicht entgangen, dass das große Schiff nachtsüber unbewacht war; nur die Scheinwerfer brannten, und selbst diese wurden gegen Morgen abgeschaltet.
Er überlegte, ob es nicht besser wäre, das Schiff ruhig abfliegen zu lassen und nur dafür zu sorgen, dass es nicht mehr zurückkehren könnte? Ein schadhaftes Schiff ließ sich reparieren; eines jedoch, das ohne Erklärung einfach verschwand, würde vielleicht eine viel wirksamere Warnung darstellen.
Jefferson Wilkes war in wissenschaftlichen Dingen völlig unbewandert, wusste jedoch, dass ein Raumschiff seinen eigenen Luftvorrat mitführen musste und dass diese Luft in Zylindern aufbewahrt wurde. Wäre es nicht das Einfachste, die Luft aus diesen Zylindern so geschickt abzulassen, dass man es erst entdecken würde, wenn es bereits zu spät war? Er wollte die Besatzung keineswegs ums Leben bringen und bedauerte aufrichtig, dass sie ein solches Ende finden würde, aber er sah keinen anderen Ausweg.
Es würde langweilig sein, wollte man die Mängel, die seinem Plan anhafteten, im Einzelnen aufzählen. Die Luft, mit der die »Prometheus«
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