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Auferstehung

Auferstehung

Titel: Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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davon.
    Der Raum im Erdgeschoss mit den Erkerfenstern war noch da – ohne Fenster, nur der Raum – die Hülle eines Raums. Alles andere war weg – oder würde es bald sein. Das Gebäude brannte lodernd.
    Da erinnerte ich mich an die wütende Gestalt, deren Umrisse ich in jenem Fenster gesehen hatte. Wenn das Zimmer noch stand, könnte die Gestalt, er, nicht auch noch irgendwo sein? Es war Instinkt, ein Job, der unbezwingbare Berg. Ich rannte aufs Haus zu. Vielleicht war es auch Selbsterhaltungstrieb, denn wenn eine Bombe bereits auf dem Haus niedergegangen war, erschien es mir unwahrscheinlich, dass eine weitere folgen würde. Bis der Angriff vorüber war, wäre ich dort so sicher wie nirgendwo sonst. In meinem benommenen Zustand hatte ich nicht in Betracht gezogen, dass das Haus brannte, und dass das Feuer ein Signal für die nächste Welle sein könnte.
    Ich gelangte sicher ins Haus, kletterte durch den zerfallenen Erker in die Überreste einer Bibliothek und fand den wütenden Mann – oder was von ihm übrig war. Was von ihm hätte übrig sein sollen, war eine Leiche, aber so war es nicht. Ich meine, sein Zustand ... er hätte tot sein müssen. Er war es aber nicht. Er war untot!
    Dragosani, ich weiß ja nicht, wie viel Sie über die Wamphyri wissen. Wenn es viel ist, wird Sie der Rest, den ich zu erzählen habe, nicht besonders überraschen. Ich jedenfalls wusste nichts, damals, und was ich sah, was ich hörte, die ganze Erfahrung war für mich einfach grauenhaft. Natürlich sind Sie nicht der Erste, dem ich diese Geschichte erzähle; ich habe sie später berichtet, sie sprudelte aus mir heraus, und seither habe ich sie noch einige Male erzählt. Aber jedes Mal wurde ich zögerlicher, denn ich wusste, dass ich nur Skepsis und Unglauben ernten würde. Dennoch, es muss erzählt werden; diese Erfahrung war die Initialzündung – der Schock, der meine Suche, Forschung, ja, meine Obsession in Gang setzte – und bleibt die alles beherrschende Erinnerung meines ganzen Lebens. Obwohl ich den Kreis meiner möglichen Zuhörer über die Jahre drastisch eingeschränkt habe, muss es dennoch erzählt werden. Sie, Dragosani, werden der Erste seit sieben Jahren sein, der es hört. Der Letzte war ein Amerikaner – er wollte später alles umschreiben und als sensationelle ›Tatsachengeschichte‹ veröffentlichen. Ich musste ihn mit einer Schrotflinte bedrohen, um ihn eines Besseren zu belehren. Es ist ganz klar, dass ich die Aufmerksamkeit nicht auf mich lenken will, und mit seinem Plan wäre ja genau das geschehen!
    Ich sehe, Sie werden ungeduldig, also lassen Sie mich weiter berichten: Zuerst konnte ich in dem Zimmer nichts außer Trümmern und Schutt erkennen. Ich hatte auch nicht erwartet, irgendetwas zu entdecken. Nichts Lebendiges jedenfalls. Die Decke war auf der einen Seite eingestürzt; eine Mauer war durch die Explosion gespalten und eingedrückt worden und im Begriff, einzustürzen. Umgefallene Bücherregale lagen verstreut in der Gegend herum, hier und da sah ich Bände durcheinander auf dem Boden; einige brannten und trugen zum Rauch, den Dämpfen und dem Chaos bei. Der Gestank der Bombe lag in der Luft, beißend und scharf.
    Und dann hörte ich ein Stöhnen. Dragosani, davon gibt es sehr unterschiedliche ... das Stöhnen von Menschen, die bis zum Umfallen erschöpft sind; das Leben spendende Stöhnen von Frauen auf dem Kindbett; das Stöhnen von Lebenden, die zu den Toten hinübergehen. Und es gibt das Stöhnen der Untoten! Davon wusste ich damals noch nichts: Es waren einfach Laute der Todesqual. Aber solch eine Qual, solch eine Ewigkeit der Schmerzen ...
    Es drang hinter einem alten umgekippten Tisch hervor, der sich nahe dem ausgebombten Erker befand, wo ich stand. Ich kletterte über den Schutt und zog an dem Tisch, bis ich ihn aufrecht auf seine kurzen Beine stellen konnte, weg von der zerbrochenen Wand. Dort zwischen der Stelle, wohin der Tisch von der Explosion geschleudert worden war, und der schweren Fußleiste, lag ein Mensch. Im Grunde war es jedenfalls ein Mensch, wie sollte ich es denn auch besser wissen? Sie müssen selber entscheiden, aber im Moment genügt, dass es ein ›Mensch‹ war.
    Er hatte prägnante Gesichtszüge; wenn sein Gesicht nicht von Todesqualen verzerrt gewesen wäre, sogar schöne. Und groß war er auch, ein Mordskerl – und stark! Gott, wie stark er gewesen sein musste. Genau das dachte ich, während ich seine Verletzungen besah. Niemand hatte je solche Verletzungen

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