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Auferstehung

Auferstehung

Titel: Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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einen Moment und blickte dann zurück. »Max? Ach, Sie kennen ihn, nicht wahr? Na ja, es war ein Unfall.«
    »Oh«, sagte Vlady mit einem Nicken. »Natürlich ...«
    Als er wieder alleine war, trank Vlady seinen Wodka aus und blieb noch bis tief in die Nacht sitzen, eingehüllt in seine Gedanken. Aber als eine Uhr irgendwo da draußen in der kalten Stadt zur Mitternacht schlug, zuckte er zusammen und schauderte und entschloss sich schließlich, seine eigenen Regeln zu brechen. Schnell sandte er seinen Geist in die Zukunft und folgte seiner Lebenslinie zu ihrem unvermeidlichen Ende. Und das ereignete sich in nur drei Tagen, mit einem heftigen, ruckartigen letzten Schnörkel.
    Automatisch begann Vlady daraufhin, ein paar Sachen zu packen und sich auf eine Flucht vorzubereiten. Zuoberst in seinem Bewusstsein lag der Gedanke, dass nach Borowitz Dragosani Chef des Dezernats werden würde. Was Gregor Borowitz auch immer sein mochte, wenigstens war er ein Mensch! Dragosani jedoch ...? Vlady wusste, dass er niemals unter ihm Dienst tun würde. Natürlich konnte es durchaus geschehen, dass Dragosani morgen Nacht starb – aber was, wenn nicht? Seine Linie war so verwirrend, so absolut fremdartig. Nein, für Vlady gab es nur noch eine Möglichkeit. Er musste versuchen – wenigstens versuchen –, das Unvermeidliche zu vermeiden.
    Und über 1600 Kilometer entfernt, dort, wo ein düsterer Wachturm die Mauer in Ostberlin überblickte, wartete ein Kalaschnikow-Maschinengewehr auf Igor Vlady. Er wusste es noch nicht, aber bereits jetzt neigten seine Zukunft und die der Waffe sich einander zu. Um genau 22.32 Uhr würden sie aufeinandertreffen – in nur drei Tagen.
    Dragosani fuhr direkt in seine Wohnung zurück. Von dort rief er im Schloss an und bekam den diensthabenden Offizier an den Apparat. Er gab Harry Keoghs Namen und seine Personenbeschreibung durch, zur sofortigen Weiterleitung an die Grenzposten und internationalen Flughäfen der UdSSR, zusammen mit der Information, dass Keogh ein Spion für den Westen sei, der unverzüglich verhaftet, oder falls dies schwierig sein sollte, ohne Vorwarnung erschossen werden solle. Der KGB würde davon natürlich Wind bekommen, aber das war Dragosani egal. Falls sie Keogh lebendig schnappten, würden sie nicht wissen, was sie mit ihm anstellen sollten; so oder so würde er Dragosani in die Hände fallen. Falls sie ihn töteten ... wäre die Angelegenheit eben beendet.
    In Vladys Prophezeiungen hatte Dragosani nur ein gewisses Maß an Vertrauen. Vlady bestand darauf, dass die Zukunft nicht verändert werden könne. Dragosani war darüber anderer Meinung. In jedem Fall konnte es sich durchaus herausstellen, dass der versprochene ›große Ärger‹ auf Schloss Bronnitsy überhaupt nichts mit Harry Keogh zu tun hatte; also musste alles nach Plan geschehen, wenigstens bis dahin. Nachdem er seine Informationen an das Schloss weitergegeben hatte, genehmigte sich Dragosani noch einen ordentlichen Drink – mehr als er gewohnt war – und fiel schließlich ins Bett. Erschöpft schlief er bis zum Vormittag durch.
    Um 11.40 Uhr parkte er seinen alten Wolga in einem Wäldchen abseits der Hauptstraße, einen halben Kilometer von der nächsten Datscha entfernt, stellte den Kragen seines Mantels hoch und ging den Rest des Weges zu Fuß in den Bezirk Zhukovka. Kurz vor Mittag bog er in einen zentimeterdick mit Schnee bedeckten Weg ein und durchquerte ein Waldstück, das sich am Fluss entlang zog, bis er bei Borowitz’ Datscha eintraf. Grimmig lächelnd ging er rasch über den gepflasterten Weg zur Tür. Vorsichtig klopfte er an die alten Eichenpaneele. Die Härchen in seiner Nase knisterten vor Kälte, aber die schmelzenden Eiszapfen, die von Borowitz’ Dach herabhingen, verrieten ihm, dass die Temperatur bereits stieg. Bald würde der Schnee schmelzen und Dragosanis Fußspuren verschwinden; nichts würde ihn mit diesem Ort in Verbindung bringen.
    Langsame Schritte ertönten aus dem Innern und knarrend öffnete sich die Tür. Bleich, zerzaust und rotäugig sah Gregor Borowitz heraus und blinzelte in dem grauen Tageslicht.
    »Dragosani?« Er runzelte unmutig die Stirn. »Ich sagte doch, ich will nicht gestört werden. Ich ...«
    »Genosse General«, schnitt ihm Dragosani das Wort ab, »wenn es keine Angelegenheit der allerhöchsten Dringlichkeit wäre ...«
    Borowitz trat beiseite und öffnete die Tür weiter. »Kommen Sie, kommen Sie«, brummte er ohne seine gewohnte Leidenschaft. Er war seit einer

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