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Auferstehung

Auferstehung

Titel: Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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jetzt erwachsen und sie solle in Frieden ruhen. Es war nur ein Albtraum, Harry.«
    Als der Kaffee fertig war, hatte er sich angezogen. Sie sprachen nicht mehr über den Albtraum, sondern tranken schweigend ihren Kaffee. Dann brachte er sie zur Bushaltestelle in Richtung Harden, wo sie stumm warteten, bis der Bus kam. Als sie schließlich einstieg, küsste er sie leicht auf die Wange. »Bis bald«, sagte er.
    »Morgen?« Morgen war Sonntag.
    »Nein, während der Woche. Ich komme dich abholen. Tschüss, mein Schatz.«
    Sie setzte sich auf einen Platz im hinteren Teil des Busses und sah Harry allein an der Haltestelle stehen. Als der Bus losfuhr, machte er auf dem Absatz kehrt und ging nicht zu seiner Wohnung, sondern in die entgegengesetzte Richtung. Brenda fragte sich, wo er hinwollte, und sah ihm so lange nach, wie sie nur konnte. Als Letztes sah sie, wie er durch das Tor des Friedhofes schritt. Die letzten Strahlen der Sonne leuchteten in seinem Haar.
    Dann fuhr der Bus um die Kurve, und Harry war nicht mehr zu sehen.
    Harry kam während der folgenden Woche nicht zu ihr, und Brendas Arbeit bei einem Damenfriseur in Harden begann darunter zu leiden. Am Donnerstag war sie stark beunruhigt; am Freitagabend weinte sie, und ihr Vater sagte ihr, sie solle sich für ihn nicht zum Narren machen.
    »Dieser Kerl ist wirklich merkwürdig!«, verkündete er. »Meine liebe Brenda, du bist viel zu gutmütig!« Und er erlaubte ihr nicht, diesen Abend noch nach Hartlepool zu fahren. »Nicht am Freitagabend, Mädchen, wenn all die Typen ihr Geld versaufen gehen. Du kannst auch morgen noch nach deinem Spinner sehen!«
    Der Morgen schien eine Ewigkeit weit weg zu sein, und Brenda konnte kaum schlafen. Doch früh am Samstagmorgen fuhr sie mit dem Bus in die Stadt und lief zu Harrys Wohnung. Sie hatte einen eigenen Schlüssel und schloss auf, doch er war nicht da. In der Schreibmaschine steckte ein Blatt Papier mit dem gestrigen Datum und einer einfachen Botschaft:
    Brenda –
    ich bin übers Wochenende nach Edinburgh gefahren. Ich muss dort Leute besuchen. Ich bin spätestens am Montag zurück und dann werden wir uns sehen – versprochen. Tut mir leid, dass ich dich während der Woche nicht besucht habe – ich hatte viel im Kopf, und es wäre nicht sehr unterhaltsam gewesen.
    In Liebe, Harry
    Diese letzten Worte bedeuteten ihr sehr viel, und deshalb vergab sie ihm den Rest. Der Montag war ja auch nicht mehr weit weg – doch wen wollte er in Edinburgh besuchen? Er hatte einen Stiefvater dort oben, den er seit seiner Kindheit nicht mehr gesehen hatte, aber sonst? Niemand, von dem Brenda wusste. Andere Verwandte, die sie nicht kannte? Vielleicht. Und dann gab es noch seine Mutter, die dort ertrunken war, als er kaum älter als ein Baby gewesen war.
    Ertrunken, ja, aber Harry hatte mit ihr im Schlaf gesprochen ...
    Brenda schüttelte den Kopf. Einige ihrer Gedanken waren schon fast so morbid wie die Harrys! Nur Friedhöfe und Tod und Maden. Nein, natürlich würde er dort nicht seine Mutter besuchen, weil man ihre Leiche nie gefunden hatte. Es gab kein Grab, das er aufsuchen konnte.
    Dieser Gedanke verbesserte Brendas Stimmung auch nicht. Stattdessen tat sie etwas, was sie normalerweise nie auch nur in Betracht gezogen hätte. Sie ging vorsichtig durch Harrys Manuskripte und begutachtete jede Geschichte, ob sie nun vollendet oder kaum angefangen war. Sie wusste nicht, wonach sie suchte, doch als sie fertig war, wusste sie, dass sie es nicht gefunden hatte.
    Nirgends unter seinen Arbeiten war eine Geschichte über einen Necroscopen aufgetaucht. Also hatte Harry die Geschichte entweder noch nicht angefangen ... Oder er war ein Lügner ... Oder ... oder sie hatte ein ganz anderes Problem.
    Während Brenda Cowell im Morgenlicht in Harrys Wohnung stand und darüber nachgrübelte, wie merkwürdig der Mann doch war, mit dem sie zusammen war, stand Harry fast dreihundert Kilometer entfernt im gleichen Sonnenlicht am Ufer eines trägen Flusses in Schottland und betrachtete das große Haus auf der anderen Seite, das in einem großen, verwilderten Garten stand. Es hatte eine Zeit gegeben, da dieser Ort wohl gepflegt worden war, doch war das lange her, und Harry konnte sich nicht daran erinnern. Er war zu jung gewesen, ein Säugling noch, und es gab vieles, an das er sich nicht erinnern konnte. Doch er erinnerte sich an seine Mutter. Irgendwo tief in seinem Unterbewusstsein hatte er sie nie vergessen – und sie ihn auch nicht. Und sie machte sich

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