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Auferstehung

Auferstehung

Titel: Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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war.
    Er fand eine Stelle, wo das Schilf hoch wuchs, vergewisserte sich, dass er allein war, zog sich bis auf die Unterhose aus und trat an den Rand des Flusses. Einen Moment später war er im Wasser und tauchte hinab zur Mitte, wo die Strömung am stärksten war. Selbst dort war die Kraft des Flusses kaum spürbar, und nach zwanzigminütigem Tauchen und Forschen am steinigen Grund fand er, wonach er suchte. Der Gegenstand lag wenige Zentimeter von der Stelle entfernt, wo er ihn zuerst vermutet hatte, beschlagen und etwas schleimig, aber es war eindeutig ein Ring. Sobald er daran rieb, schimmerte das Gold hindurch, und das Katzenauge starrte ihn kalt an.
    Harry hatte den Ring nie zuvor gesehen – jedenfalls nicht bewusst. Aber er erkannte ihn sofort. Er war ihm vertraut. Es schien ihm auch nicht seltsam, dass er gewusst hatte, wo er suchen musste. Es wäre weitaus seltsamer gewesen, wenn er den Ring nicht gefunden hätte.
    Am Flussufer reinigte er ihn und steckte ihn an den Zeigefinger der linken Hand, wo er zwar etwas locker saß, doch nicht so locker, dass er ihn verlieren würde. Er drehte ihn nachdenklich zwischen den Fingern und gewöhnte sich an das Gefühl. Selbst in der heißen Sonne blieb der Ring kalt, so kalt wie der Tag, an dem sein Besitzer ihn verloren hatte. Dann zog Harry sich an und machte sich auf den Weg nach Bonnyrigg. Dort würde er den Bus nach Edinburgh nehmen und dann in den ersten Zug heim nach Hartlepool steigen. Seine Arbeit hier war getan – fürs Erste.
    Nun, da er seine Mutter gefunden hatte, würde er keine Probleme mehr haben, wieder mit ihr in Verbindung zu treten, ganz gleich, wie weit er auch von ihr entfernt war, und er würde ihre Ängste zerstreuen und ihr ein wenig von dem Frieden geben können, nach dem sie schon so lange suchte. Sie würde sich keine Sorgen mehr um den kleinen Harry machen müssen.
    Bevor er jedoch das Flussufer verließ, hielt er noch einmal inne, um das große Haus auf der anderen Seite zu betrachten. Er starrte lange auf die alten Giebel und den wilden Garten. Sein Stiefvater lebte und arbeitete noch immer dort, das wusste er. Und es würde nicht mehr lange dauern, bis Harry ihm einen Besuch abstattete.
    Doch vorher gab es noch viel für ihn zu tun. Viktor Shukshin war ein gefährlicher Mann, ein Mörder, und Harry musste sich ihm vorsichtig nähern. Er hatte vor, seinen Stiefvater den Preis für den Tod seiner Mutter bezahlen zu lassen – er sollte seine volle Strafe erhalten –, doch diese Strafe musste dem Verbrechen angemessen sein. Und es wäre zwecklos, den Mann einfach zu beschuldigen, denn welchen Beweis gab es schon nach all den Jahren? Nein, Harry musste eine Falle mit einem Köder stellen, dem Shukshin nicht widerstehen könnte. Aber ohne Hast, denn Harry hatte die Zeit auf seiner Seite. Die Zeit würde ihm erlauben, in vielen Dingen zum Meister zu werden, und er hatte wirklich viel zu lernen.
    Denn warum war er ein Necroscope, wenn er keinen Nutzen davon haben sollte? Wie er seine Gabe nutzen würde, wenn er den Tod seiner Mutter gerächt hatte – das würde man dann ja sehen. Es würde kommen, wie es kommen musste.
    Nun warteten seine Lehrer auf ihn, und es waren die besten der Welt, denn jetzt wussten sie weit mehr, als sie zu Lebzeiten je gewusst hatten.

ACHTES KAPITEL
    Sommer 1975
    Es waren drei Jahre seit Dragosanis letzter Reise nach Hause vergangen, und nur noch ein Jahr hin bis zu dem Zeitpunkt, an dem das alte Ding unter der Erde sein Versprechen einlösen und Dragosani die Geheimnisse der Wamphyri preisgeben wollte. Im Austausch dafür würde Dragosani dem Wesen sein Leben zurückgeben – beziehungsweise seinen Zustand des Untods auffrischen, damit es erneut auf Erden wandeln konnte.
    Drei Jahre, und der Nekromant hatte einen Erfolg nach dem anderen erzielt, bis seine Stellung als Gregor Borowitz’ rechte Hand jetzt praktisch unantastbar erschien. Wenn der alte Mann seinen Hut nehmen würde, wäre Dragosani da, um seinen Platz einzunehmen. Und danach würden sich mit der gesamten sowjetischen ESP-Organisation unter seinem Kommando, dem ganzen Wissen der Wamphyri in seinen Händen und seinem Intellekt ungeheure Möglichkeiten auftun. Ein Sterblicher erreicht in seiner winzigen Lebensspanne nur wenig, aber einem Unsterblichen könnte einfach alles gelingen.
    Während er diesen Gedanken nachhing, tauchte wieder einmal eine Frage auf, mit der sich Dragosani schon oft beschäftigt hatte: Wenn es stimmte, dass Langlebigkeit Macht

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