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Auferstehung 2. Band (German Edition)

Auferstehung 2. Band (German Edition)

Titel: Auferstehung 2. Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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der mit halbrasiertem Kopfe und Eisen an den Füßen an der andern Seite des Gitters ihr gegenüberstand.
    Als Nechludoff erkannte, er würde sich auch mit Katuscha unter denselben Bedingungen unterhalten müssen, wandelte ihn ein heftiger Haß gegen die Menschen an, die eine solche Qual hatten erfinden und gestatten können. Entsetzen packte ihn bei dem Gedanken, daß eine so gräßliche Einrichtung, ein so grausamer Schimpf den heiligsten Gefühlen gegenüber noch niemand vor ihm empört hatte. Mit Entrüstung sah er, daß die Soldaten und der Aufseher, ja, die Gefangenen selbst sich darin fügten, sich in dieser Weise zu unterhalten, als wäre das ganz natürlich und unvermeidlich.
    Nechludoff blieb so einige Minuten im Banne einer tiefen Schwermut stehen, in die sich der Ekel vor allem Möglichen und das Gefühl seiner eigenen Schwäche mischten.
    »Trotzdem muß ich das thun, weshalb ich hierhergekommen bin,« sagte sich Nechludoff, »doch an wen soll ich mich wenden?«
    Er suchte mit den Augen den Aufseher des Saales und entdeckte ihn schließlich unter der Menge. Es war ein kleiner, magerer Mann mit Offiziersepauletten an seiner Uniform. Nechludoff trat auf ihn zu und sagte mit erzwungener Unterwürfigkeit:
    »Verzeihung, mein Herr, können Sie mir nicht sagen, wo die Frauenabteilung ist und an wen ich mich wenden muß, um dort jemand zu sprechen?«
    »Sie wollen nach dem Frauensprechzimmer?«
    »Ja, ich möchte eine Frau sprechen!«
    »Warum haben Sie das nicht gleich in dem ersten Saale gesagt, als man Sie danach fragte?«
    Dann wurde er ruhiger:
    »Wen wollen Sie denn sprechen?«
    »Die unverehelichte Katharina Maslow!«
    »Eine politische Gefangene?«
    »Nein, sie ist nur ...«
    »Na, was denn? Eine Angeklagte oder eine Verurteilte?«
    »Ja, seit vorgestern verurteilt,« versetzte Nechludoff in sanftem Tone, denn er fürchtete, durch eine zu heftige Bemerkung die gute Laune zu zerstören, die er bei dem Aufseher zu bemerken geglaubt, und thatsächlich schien seine Sanftmut den schrecklichen Menschen zu rühren.
    »Ich werde Sie in das Frauensprechzimmer bringen lassen, obwohl es mir verboten ist, jemand vor dem Signal hier hinausgehen zu lassen. Aber ein andermal irren Sie sich gefälligst nicht wieder!«
    »Sidoroff,« rief er einem ganz mit Medaillen behangenen Aufseher zu, »komm' mal hierher und führe den Herrn ins Frauensprechzimmer.«
    Der Aufseher öffnete die Thür, die doppelt verschlossen war, ließ Nechludoff in den Korridor treten, führte ihn wieder in den großen gewölbten Saal und dann durch einen andern Korridor in das Frauensprecchzimmer.
    Dieses Sprechzimmer war wie das andere durch zwei Gitter in drei Teile geteilt, und obwohl es bedeutend kleiner und die Zahl der Besucher geringer war, so war das Geschrei hier vielleicht noch betäubender. Auch hier stand die Behörde zwischen den beiden Gittern, doch diesmal wurde sie von einer Aufseherin verkörpert, ebenfalls in Uniform mit Galons auf den Aermeln, blauen Aufschlägen und einem Gürtel von derselben Farbe. Ganz wie in dem andern Sprechzimmer klammerten sich auf der einen Seite die in der verschiedensten Weise gekleideten freien Besucher an das Gitter; auf der andern standen die Gefangenen, meistens im weißen Kleide mit weißen Kopftüchern. Auf der ganzen Breitseite des Gitters war nicht ein freies Plätzchen, und auf der Seite der Besucher war das Gedränge so groß, daß sich mehrere Frauen auf die Fußspitzen stellen mußten, um über die Köpfe der vor ihnen stehenden Personen hinwegzuschreien.
    Als Nechludoff sich ein wenig an den Lärm des Saales gewöhnt hatte, wurde seine Aufmerksamkeit von der langen und mageren Gestalt einer Zigeunerin erregt, die im Mittelpunkte des Gitters auf der Seite der Gefangenen mit hastigen Bewegungen und einer kreischenden Stimme einem Besucher in blauer Jacke, ebenfalls einem Zigeuner, der auf der andern Seite stand, etwas erklärte. Neben diesem Zigeuner stand ein junger Bauer mit blondem Knebelbart, der sich unter heftigem Erröten bemühte, seine Thränen zurückzuhalten; er lauschte auf die Worte, die eine ihm gegenüberstehende hübsche Gefangene zu ihm sprach, die ihn zärtlich mit ihren großen blauen Augen betrachtete. Das war Fenitschka mit ihrem Gatten.
    Nechludoff betrachtete die Gesichter der Gefangenen, die sich gegen das Gitter lehnten; die Maslow war nicht darunter. Doch hinter der ersten Reihe verborgen, stand eine Frau, und Nechludoff sah, daß sie das war. Der Atem stockte ihm

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