Aufgebügelt: Roman (German Edition)
was!«, belehrt mich Horst.
Ich glaube, es ist das erste Mal, dass er das Wort an mich richtet. Er scheint mir ein eher ruhiger Mann zu sein. Makler-untypisch. Horst ist gepflegt, mittelgroß und eher unauffällig. Nicht hübsch, nicht hässlich. Sachbearbeitertyp. Könnte gut Beamter sein. Beige Hose, hellblaues Hemd und Resthaar.
Rakete hat inzwischen den Arm um mich gelegt, und es fühlt sich gut, aber auch seltsam an. Wir sind kein Paar, ich weiß nichts von ihm, er ist mir fremd – auch wenn ich seine Zunge kenne und ihn in Unterhose gesehen habe.
Die Stadt wirkt insgesamt, auch trotz des Sonnenscheins, düster. Die Gebäude sind grau, viele könnten eine Renovierung gebrauchen, und noch kann ich nicht verstehen, warum Istanbul das neue Paris sein soll. Rund um den Basar sind schon jede Menge Stände aufgebaut. T-Shirts, Schals, Tücher und jede Art von Schnickschnack. Darunter eine große Auswahl an Wasserpfeifen. Wahrscheinlich ein Mitbringsel, über das sich mein Kiffersohn freuen würde. Für die weitere Planung setzen wir uns in eine kleine Teestube nah am Eingang des Basars.
»Gehen wir alle zusammen, oder teilen wir uns auf?«, fragt Horst, der mir so langsam wie der Planer der Gruppe vorkommt.
»Also, ich muss diese Céline-Bag finden!«, betont Tini ein weiteres Mal. »Ohne die verlasse ich diese Stadt auf keinen Fall, und da Steffi, Conny und Andi auch ’ne Tasche suchen, ist es wahrscheinlich das Beste, wir gehen zusammen. Ihr könnt ja solange nach Schmuck gucken!«, sagt sie mit einem süßen Lächeln und schaut dabei die Männer auffordernd an.
»Das ist doch mal ’ne gute Idee, das mit dem Schmuck! Da gibt es dieses tolle Armband von Cartier mit den Schrauben – das würde mir schon sehr gefallen«, bekommt sie Unterstützung von Steffi.
Will schaut auf, und der Blick, den er seiner Steffi zuwirft, spricht Bände. Erst der Whirlpool, jetzt der Schmuck – was denn noch alles? Er sieht wenig begeistert aus.
Little Ed zögert. »Ich komme auch gerne mit euch mit«, bietet er seine Begleitung an.
»Schatz, das musst du nicht! Ich habe doch deine wunderbare Karte, das sollte reichen. Männer sind beim Einkaufen nur hinderlich. Ich führ dir nachher alles vor, bevor wir im Whirlpool versinken!«
»Noch einmal dieser verdammte Whirlpool, und ich krieg was an mich!«, poltert es da aus Will raus.
»Ganz ruhig!«, mischt sich Rakete ein. »Wir nehmen jetzt einen schönen Drink und treffen uns dann in drei Stunden wieder. Ich will auch noch nach ein paar Hemden gucken oder einer Lederjacke. Lass die doch Taschen jagen gehen!«
Will brummt irgendwas vor sich hin, und Steffi steht direkt auf.
»Warte mal!«, knurrt da Will und greift in seine Hosentasche. »Hier, such dir ein schönes Täschchen aus«, murmelt er und drückt Steffi Geldscheine in die Hand.
Wie peinlich ist das denn jetzt? Die würde ich ihm um die Ohren klatschen, vor allem nach seinem kleinkarierten Whirlpool-Ausbruch. Steffi allerdings steckt das Geld ein.
»Danke«, sagt sie sogar artig. »Cartier mit Schrauben in Gold oder Bicolor – ist auch chic!«, erwähnt sie dann noch mal.
Alles im Leben hat wahrscheinlich einen Preis. Eine Geliebte zu haben eben auch. Und wenn man sie zappeln lässt und immer wieder vertröstet, wird’s eventuell noch teurer.
»In drei Stunden hier zur Beutebegutachtung!«, lacht nun Tini, und wir machen uns auf in den Basar.
Schon nach zehn Minuten bin ich total reizüberflutet. Ein Juwelier reiht sich an den nächsten.
»Das hier ist die Schmuckzone, das ist alles so ein bisschen aufgeteilt«, erklärt mir Conny. Man traut sich kaum, in ein Schaufenster zu gucken, denn sofort steht irgendein Kerl neben einem und versucht, einen in den Laden zu locken.
»Kommen Sie rein. Wie ist dein Name? Bist du aus Deutschland? Mein Schwager war Köln, Ford. Kommst du rein, kannst du rausgucke!«
Die Sprüche ähneln sich, und führen bei mir zu einer gewissen Guck-Phobie. Ich wage mich kaum mehr näher an die Schaufenster heran. Aber selbst wenn, erschlägt mich die Masse des Angebots. Schmuckstück neben Schmuckstück. Ständig liegt einem irgendeine Männerhand auf der Schulter, und mir wurde im ganzen Leben noch nicht so viel Tee angeboten.
»Çay, elma çayi?«, fragen die unterschiedlichsten Kerle.
»Tee oder Apfeltee«, übersetzt mir Steffi.
Das begehrte Schraubenarmband sehen wir in diversen Ausfertigungen. Schon nach einer halben Stunde habe ich genug. Ich bin gespannt, ob einer der
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