Aufgebügelt: Roman (German Edition)
Männer es tatsächlich kaufen wird. Am ehesten wohl Ed, denke ich. Meine Füße schmerzen, und all das Bling-Bling in den Auslagen macht mich komplett wuschig.
»Ich brauche dringend andere Schuhe!«, stöhne ich.
»Die kannst du eh mal entsorgen!«, bricht es aus Tini heraus.
Unter ihrer Leitung kaufe ich in Windeseile ein paar Chucks. Flache Baumwollturnschuhe, die bei uns zu Hause reihenweise rumstehen. Es sind Marks bevorzugte Turnschuhe. Hier kosten sie nicht mal 20 Euro. Als ich die Pumps ausziehe und in die Turnschuhe schlüpfe, betrachtet Steffi meine Fußnägel.
»Machst du die etwa selbst?«, fragt sie überrascht, um mir dann, in einem minutenlangen Vortrag, die Vorzüge ihres neuartigen Shellacks zu erklären. »Der hält gut zwei, drei Wochen und sieht immer perfekt aus.«
Ich nicke und bin froh, meine Pumps los zu sein.
»Die kannst du an sich direkt hierlassen!«, sagt Tini.
Was bilden die sich eigentlich ein? Dass sie die internationale Geschmackspolizei sind? Dass sie darüber entscheiden, was schön und was nicht schön ist? In mir regt sich leiser Widerstand. Ich lehne ab.
»Ich mag die Schuhe, die sind nur nichts für stundenlanges Rumlaufen. Aber an sich mag ich sie. Und ich werde sie definitiv behalten – sind ja noch fast neu!«, erwidere ich.
»Ist ja gut! Geschmäcker sind nun mal verschieden«, lenkt sie ein.
Bei Geschmack fällt mir ein, dass ich dringend mal was essen muss.
»Gehen wir mal was Kleines essen?«, frage ich in die Runde.
»Essen?«, fragt Steffi konsterniert zurück, gerade so als hätte ich gefragt, ob wir eben mal ein paar Kinder verhauen wollen.
»Wir haben doch im Flieger was gehabt!«, fügt Tini hinzu.
»Erst der Einkauf, dann das Essen. Das können wir doch nachher mit den Männern machen«, ergänzt Conny.
»Gut, dann kaufe ich mir irgendwas auf die Hand. Ich habe das Essen im Flieger leider verschlafen!«, versuche ich, meine in diesem Kreis wohl unbekannten Hungergefühle zu erklären.
Am nächstbesten Stand kaufe ich mir einen ziemlich trocken aussehenden Sesamkringel. Da ich keine türkische Lira habe, muss ich in Euro bezahlen. 2,50 Euro knöpft mir der Verkäufer ab. Der Kringel ist tatsächlich so staubtrocken, wie er aussieht, und in meinem Strickjäckchen ist mir inzwischen ordentlich warm.
»Jetzt die Taschen!«, beschließt Tini. Das ist ja geradezu obsessiv bei ihr.
Nach zwei Stunden und unzähligen Taschengeschäften haben wir eine Céline-Trapeze-Bag gefunden, die ihren Ansprüchen genügt. Blau, beige und schwarz mit schwarzem Henkel. Tini hat sehr genaue Vorstellungen. Sie ist verzückt.
»Das ist genau die, die auch Kate Walsh von ›Private Practice‹ hat!«, stöhnt sie vor Begeisterung.
Der Verkäufer, Ahmed, spricht fließend deutsch und will 500 Euro für die Tasche. 500 Euro für eine nachgemachte Handtasche – das erscheint mir unverschämt.
»Ist das nicht ein bisschen teuer?«, frage ich, wahrscheinlich naiv, in die Runde.
Ahmed ist entsetzt. »Orginal kostet zweitausend Euro – mindestens. Ist perfekte Kopie. Alles echtes Leder, handgenäht. Keiner sieht Unterschied. Wirst du nicht finden bessere Tasche in ganz Istanbul«, rechtfertigt er den Preis. »Wenn zu teuer, nimmst du Louis Vuitton, ist billiger!«, bietet er Tini ein anderes Modell an.
»Die habe ich längst!«, schüttelt sie energisch den Kopf.
350 Euro will sie zahlen. Das Spiel beginnt. Ahmed muss sich auf den Schreck erst mal setzen.
»Willst du mich ruiniere?«, fragt er Tini. »Zahle ich fast mehr für Tasche! Kann ich dir doch nicht schenken, schöne Frau!«
Das Schöne-Frau gefällt Tini offensichtlich. Sie lacht und wirft ihr langes seidiges Haar nach hinten.
»Wieso eigentlich nicht?«, kichert sie.
»Muss ich auch leben. Vierhundertachtzig Euro – letzte Preis! Aber nur für dich«, macht Ahmed ein Angebot.
»Dann bin ich ruiniert!«, entgegnet Tini und drückt die Tasche an ihr Herz. »Ich muss diese Tasche haben. Dreihundertachtzig Euro könnte ich gerade noch bezahlen!«, geht sie in die nächste Verhandlungsrunde.
Während sie hin- und herfeilschen, schaue ich mir die Taschen an. Es sind schöne Taschen – keine Frage. Sie sehen hochwertig aus. Ich sollte mir auch eine gönnen, denke ich. Als Erinnerung an diese kleine Reise. Und einfach, weil ich so günstig so schnell keine mehr bekomme. Also, günstig ist natürlich relativ. Es ist nicht so, dass ich keine Handtasche besitze. Um genau zu sein, ich habe einiges an
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