Aufs Spiel gesetzt (German Edition)
hinein versetzen, so dass er nicht sagen konnte, ob es ein Ehemann oder ein Vater oder ein Bruder war, der gestorben war. Aber er erinnerte sich an die Gesichter der Familie, wie sie zuerst versuchten, stark zu sein, dann aber doch zusammenbrachen wie Stahlträger unter zu viel Gewicht und einem beginnenden Erdbeben.
Sie sagten sehr oft "Nein, nein, nein, nein, nein, nein …“ und Xander fragte sich, ob, wenn er nett fragte, wenn der Chirurg zu ihm kam, Gott Xanders Herz zum Stillstand bringen würde, bevor er das „Doch, es ist wahr und du wirst niemals wieder Chris Lächeln sehen“ richtig verstehen konnte.
Das war also das erste Mal, dass Xander dabei zu sah, wie jemand die schlechten Nachrichten bekam. Das zweite Mal war Mandy bei ihm und sie bekam mit, wie seine Knie nachgaben und er hart zu Boden sank, als die Chirurgin mit diesem speziellen Ausdruck auf dem Gesicht herein kam und auf die andere Familie im Zimmer zu ging.
In diesem Moment wurde die Entscheidung getroffen, dass nicht nur jemand da sein sollte, wenn Xander schlief, sondern auch dann, wenn er wach war.
Xander sagte allen, dass es ihm gut ging. Er stellte sicher, dass alle nach Hause gingen und sich ausruhten. Er ging, um Essen und fürchterlichen Kaffee zu holen und auch Kissen für alle. Er schickte sogar Leo, um einen Computer mit Zubehör zu holen, so dass sie sich mit ihren Smartphones und Fernsehen und schlechten Filmen ablenken konnten, mit allem eben, was das Warten weniger unerträglich machte.
Offensichtlich hatte Leo im Walmart auch die Übergrößenabteilung geplündert, denn er kam mit ein paar Sweatshirts zurück, ein paar Hosen und T-Shirts, ein Paar Socken, Unterwäsche, ein paar ziemlich billigen Tennisschuhen und einer Laune, die niemanden täuschen konnte.
„War das nicht ein Spaß. Den Onkel Leo kannste dir sonst wohin stecken … du gewinnst besser diese verdammten Play-Offs, Xander und mehr sage ich nicht. Scheiß auf die „Vielen Danks“, lass mich einfach gut aussehen, okay?“
„Vielen Dank“, murmelte Xander, bevor er von der jetzt sehr freundlichen Krankenschwester in die Duschkabine geschickt wurde.
„Ja, Dank dir selber. Es war dein gottverdammtes Stück Plastik, du großer Idiot.“
Aber Xander erinnerte sich gar nicht daran, Leo seine Kreditkarte gegeben zu haben. Monate später fand er heraus, dass er es gar nicht getan hatte, dass es von Leos Seite alles nur großes Geschrei gewesen war. Er war eben doch Onkel Leo.
All das war bereits passiert und es waren immer noch drei Tage, bevor sie überhaupt erfahren würden, dass Chris überleben würde. Während der achtstündigen Pausen zwischen den Operationen, verbrachte Xander einen Teil der Zeit am Fußende von Chris Bett und sah ihn einfach nur an. Sie hatten seinen Kopf wieder kahl rasieren müssen – zumindest einen Teil davon – um die Kopfwunde zu nähen, außerdem hatte er sich die Nase gebrochen und der Airbag hatte unzählige blaue Flecken auf seinem Gesicht hinterlassen.
Aber trotzdem konnte Xander, müde, hungrig (niemand konnte ihn dazu bringen zu Essen, Leo hatte ihn mit einem Beruhigungsmittel und künstlicher Ernährung gedroht, damit er wenigstens so tat, als würde er essen) und fast schon wahnsinnig, es sehen.
„Siehst du das, Leo? Diesen goldenen Schimmer? Er ist immer noch da. Ich kann ihn sehen. Er ist immer noch in ihm.“
Xander hatte sich hingesetzt und lehnte sich wackelig auf seine Knie, um näher bei Chris zu sein, trotz der Schläuche und Maschinen, die es schwierig machten. Leo gab seinem Kopf einen kleinen Schubs, einen sehr kleinen zur Seite, so dass Xander seinen Kopf auf seinen ausgestreckten Arm legte und schlief, das erste mal seit zwei Tagen wirklich schlief.
Er wachte auf, als sie kamen, um Chris zur nächsten Operation zu bringen und es ging wieder von vorne los. Nach vier Tagen war Xander so erschöpft, dass er sich von einer Realität in die nächste flüchtete. Er blinzelte und sah Penny als kleines Mädchen, das ihn auf dem Sofa der Edwards wach schüttelte und ihm sagte, dass es Zeit fürs Frühstück war. Er tat so, als ob er aß und schlief dann wieder ein, auf der verdreckten Couch in dieser kleinen, dunklen, kalten Wohnung, in der er ganz alleine war. Er saß und sah sich einen Film an und versuchte zuzuhören, während Mandy über den Dialog hinweg belangloses Zeug quatschte (darin war sie gut). Dann war er am College und träumte davon, wie er und Chris Ritter in schimmernden Rüstungen wären
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