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Aufstand der Gerechten

Aufstand der Gerechten

Titel: Aufstand der Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B McGilloway
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nicht, was wir
nun tun sollten.
    »Sie können ihr gerne einen Gutenachtkuss geben«, sagte der Arzt so
liebenswürdig, dass ich schlucken musste, um die Tränen zurückzudrängen. Debbie
begann zu weinen, ich spürte, wie ihr Körper bebte.
    Wir gingen beide nochmals zu Penny und küssten sie, als würde sie
jetzt wirklich einfach nur eine Weile schlafen. Ihre Haut fühlte sich
ungewöhnlich warm an, ich roch deutlich ihr Shampoo.
    Nun konnte Debbie sich nicht mehr beherrschen, sie sackte gegen mich
und wurde von Schluchzern geschüttelt. Einer der Krankenpfleger half mir, sie
zu stützen und aus dem Zimmer zu führen. Ich warf einen letzten Blick auf meine
Tochter, die in diesem Raum allein mit Fremden zurückblieb, deren Handlungen darüber
entscheiden würden, ob sie überlebte oder starb.
    Wir wurden in einen kleinen Raum abseits des Aufwachbereichs
geführt, wo eine Krankenschwester uns Tee und Toast brachte, den wir zwar beide
aßen, den aber zumindest ich nicht schmeckte. Alle Viertelstunde sah jemand
nach uns. Ich betete stumm den Rosenkranz, während wir warteten, und ich
vermutete, dass Debbie etwas Ähnliches tat.
    Nach gefühlten Stunden stand sie auf und begann, im Raum auf und ab
zu gehen.
    »Und wenn etwas schiefgeht?«
    »Es wird nichts schiefgehen«, sagte ich überzeugter, als ich mich
fühlte. »Sie ist in guten Händen.«
    »Und wenn sie es nicht wieder hinbekommen? Wenn sie nicht mehr
aufwacht?« Flehentlich sah sie mich an, als könnte ich ihre Ängste zerstreuen.
    »So darfst du nicht denken – sie wird wieder gesund.«
    »Und wenn nicht?«, beharrte Debbie.
    »Ich fahre zu Morrison«, sagte ich. »Ich glaube nicht, dass das ein
Unfall war.«
    »Um Himmels willen, Ben, hör auf damit, ja? Hör auf. Es war ein
Unfall. Da gibt es kein Verbrechen – nichts aufzuklären. Niemanden, der Schuld
hat. Hör einfach auf«, sagte sie zornig.
    »Irgendjemand hat immer Schuld«, gab ich zurück.
    »Meinst du mich?«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Aber du hast es so gemeint, ja? Dass es meine Schuld ist?«
    Gegen meinen Willen ließ ich mich auf diese Diskussion ein. »Du
wolltest doch unbedingt, dass sie zu der Party geht.«
    »Ich wusste nicht, dass sie zu Morrison will. Sie hat mir gesagt,
sie geht zur Schule. Wenn du sie nicht so drangsaliert hättest, dann hätte sie
auch nicht gelogen.«
    Ich stand auf. Der Raum kam mir unglaublich heiß vor, und ich
lockerte den Hemdkragen. »Gib nicht mir die Schuld. Du hast sie da hingehen
lassen. Wenn du nein gesagt hättest, wäre das nicht passiert.«
    »Gib ja nicht mir die Schuld. Ich übernehme nicht die Verantwortung
dafür, hörst du? Das war nicht meine Schuld.«
    »Das redest du dir schön ein«, fuhr ich sie an und in ihren Augen
sah ich schließlich die Angst, sie könne irgendwie doch Schuld an dem tragen,
was geschehen war. Ich ging zu ihr, um mich zu entschuldigen, doch sie wich
zurück, stürzte zur Toilette am anderen Ende des Raums und schloss hinter sich
ab.
    Ich ließ mich auf meinen Stuhl sacken, wütend und frustriert, weil
ich trotz meines überwältigenden Bedürfnisses danach, jemandem die Schuld zu
geben, wusste, dass das Pennys Zustand nicht verbessern würde.
    Kurz darauf kam Debbie wieder von der Toilette und setzte sich auf
die Kante des Sofas mir gegenüber.
    Ich ging zu ihr und setzte mich neben sie, doch sie rückte von mir
ab, verschränkte die Arme vor der Brust und presste eine Hand auf den Mund.
    »Entschuldige«, bat ich. »Das wollte ich nicht sagen.«
    Ich legte ihr die Hand auf die Schulter, doch sie schüttelte mich
ab.
    »Aber du denkst es«, flüsterte sie. »Du gibst mir die Schuld.«
    »Ich … ich gebe dir nicht die Schuld, Debs. Ich weiß, es war nicht
deine Schuld.«
    »Aber du hast recht. Ich habe sie hingehen lassen. An dem Abend, als
du ihr gesagt hast, sie dürfe nicht zu dieser ersten Party gehen, und dann
selbst noch mal wegmusstest? Ich habe sie trotzdem hingefahren.«
    Sie wandte mir das Gesicht zu und sah mich herausfordernd an, als
wollte sie mich zu irgendeiner Erwiderung provozieren, als hoffte sie, ich
werde ihr erneut die Schuld geben. Und da begriff ich, dass auch Debbie
jemandem die Schuld geben musste.
    Jemand kam um die Ecke. Es war der Arzt. Im Gehen zog er sich das
grüne OP-Hemd
aus, in dem wir ihn zuletzt gesehen hatten.
    »Sie ist jetzt aus dem OP raus«, sagte er. »Da war eine starke
Schwellung. Wir mussten ein Gerinnsel entfernen.«
    »Wird sie wieder aufwachen?«, fragte

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