Aufstand der Maenner
Dumm bist du nicht, und doch wirst du noch viel zu lernen haben.«
»Da, Mütterchen, Sie es sagen, ist es so. Das eine aber lernte ich bereits: daß der erste auf dem Markt die besseren Preise erzielt, und wenn ich mich nicht irre, werde ich der erste sein.«
»Meinst du?« war alles,was Belit erwiderte.
Aber Cheta überhörte den Unterton und bekam vielmehr großen Auftrieb durch die Annahme, daß er sich mit der Großen Dame gemessen und sie besiegt habe. Er war durchaus nicht mehr ängstlich. Sogar einen Angriff wagte er. Ein Zusammengehen der beiden Häuser verspreche zwar mittelbaren Vorteil, sagte er, aber er habe Pläne, auf deren Billi-
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6 Tralow, Aufstand gung durch die Große Dame er kaum hoffen dürfe. Die Familie der Dame Arta befürworte, wie so viele andere große Häuser, den freien Handel und beklage sehr die Beschränkungen, die von der Partei der Großen Dame durchgesetzt seien. Dennoch verbürge der Freihandel immer noch den größten Gewinn.
»Gewinn? Für wen?« fragte Belit.
»Für wen? Nun, für die Handelshäuser«, erwiderte Cheta. Er war nicht wenig erstaunt über eine solche Frage.
»So, so . . .«
»Für wen sonst?«
»Sprich weiter, mein Lieber, ich möchte dich hören.«
Und da Cheta ernstlich an die Möglichkeit des Triumphes glaubte, die Große Dame für eine weniger rückständige Auffassung der Geschäfte gewinnen zu können, verlor sich der immer noch junge Mann ganz an seinen Eifer.
»Schon allein die Einwanderungsbeschränkung oder sagen wir besser das Verbot, einzuwandern! Denn in Wahrheit ist beides dasselbe. Früher konnte kommen, wer wollte. War es ein Freier, so blieb er es, und nach einem Jahr und einem Tag wurde er den Einheimischen gleichgestellt. Aus der ganzen Welt zog dieser Brauch Leute herbei. Wer wollte auch untersuchen, ob ein Ankömmling in seiner Heimat oder anderswo etwa Sklave gewesen sei. Nach einem Jahr konnte er auf keinen Fall mehr zurückgefordert werden. Jetzt dagegen können im Grunde nur noch Sklaven herein, und an denen haben wir übergenug. Sklavenarbeit lohnt nicht mehr.«
»Behandelt sie gut, und sie werden gut arbeiten.«
»Gute Behandlung ist teuer. Das kann jeder. Die Kunst des Unternehmers ist es, auch bei schlechter Behandlung gute Arbeit zu bekommen. Und dann vergessen Sie, Mütterchen, daß Sklaven nicht immer arbeiten: wenn sie zu alt sind, nicht und auch nicht, wenn sie krank werden. Was dann? Neuerdings ist es ja verboten, Sklaven ohne Genehmigung freizulassen. Man kann mit seinem Eigentum nicht mehr schalten, wie man will. Nicht mehr Herr ist man im eignen Haus!«
»Daraus solltest du lieber ersehen, daß es so schlimm nicht ist mit der Einfuhr von Sklaven. Deren Herren müssen für sie aufkommen.«
»Die Freien müssen für sich selbst aufkommen, und so müssen sie nehmen, was wir ihnen bieten, weil sie sonst überhaupt nichts kriegen. Das alles ist viel vorteilhafter für uns. Denken Sie nur an unsere Keramik, Mütterchen. Sie wissen doch selbst, wie stark der ägyptische Wettbewerb wurde und mit welch schmutzigen Mitteln er arbeitet. Dem kann man nur mit billigen Arbeitskräften begegnen, Mütterchen Belit. glauben Sie mir, bitte.«
»Wie hoch war dein Gewinn, Cheta?«
»In Gold berechnet, Mütterchen?«
»Ist er gewachsen?«
»Er ist sehr gewachsen«, sagte Cheta voller Stolz. »Und das muß er auch. Es ist ein Gesetz: Gewinne müssen wachsen, sollen sie nicht Verluste werden.«
»Und was tust du mit deinen Gewinnen?«
»Ich verwende sie mit der bescheidenen Klugheit eines Unwürdigen, auf daß die Göttin das Haus meiner Mutter segne und höhere daraus werden.«
»Und deine Mutter Arta, deine Gänse von Schwestern und du ihr müßtet verhungern, wenn die Gewinne nicht wüchsen?«
»Aber Mütterchen! Das Haus Arta ist nicht das kleinste in Knossos.«
»Dann tust du es also ohne Not und nur, um Schaden zu stiften? Ich sehe keinen rechten Sinn in deinem Tun, mein Chet.«
»Ich bin Kaufmann«, sagte er trotzig, weil er den ersten Zweifel empfand, ob er wirklich Belit bekehrt habe.
»Und ich bin Kauffrau - wir sind also dasselbe. Aber ich denke nicht daran, Gewinne zu erzielen und wiederum Gewinne mit den Gewinnen, ohne zu überlegen, ob ich nicht auf diese Weise vielleicht bald alles verloren haben werde.«
»Wie wäre das möglich, Mütterchen?« Obwohl ihn bei seinem Mißverstehen ein freudiger Schreck durchfuhr, tat Cheta besorgt: »Das Haus der Großen Dame steht doch so fest . . .?«
Belit lachte nicht
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