Aufstand der Maenner
dank kretischer Empfehlungen mit seiner Beute an Sklaven und Waren ganz offen die Häfen sogar im Mutterland Kreta ansteuern, und zuletzt gebot er über so viele Schiffe, daß es allmählich gefährlich wurde, ihm etwas in den Weg zu legen. Nur das Reich des Minos oder die phönikischen Städte wären dazu noch imstande gewesen.
Welchen Anteil Garps Löwensiegel an dieser Entwicklung hatte, wußte niemand so gut wie Tuk, der es bewahrte und überhaupt seines Herrn Garparuda ständiger Begleiter war. Ob er dabei selbst neue Einsichten gewonnen hatte, ließ er nicht erkennen. Ganz aus dem Hintergrund und selbst für Garp nicht mehr ersichtlich, hatte er dessen Schritte bis jetzt so gelenkt, daß der Sohn der Sipha nicht nur in Geschäften aufgegangen war, sondern sich auch mit den Menschen, die alles hervorbrachten, beschäftigte mit ihren Behausungen, ihrer Ernährung, mit ihren Freuden, wenn solche zu verzeichnen waren, und ihren Kümmernissen, die in keinem
Falle fehlten. Herrn Cheta aus dem Hause Arta war das, als er davon erfahren hatte, unbegreiflich gewesen. Sehr wohl hatte ihm dabei der Gedanke getan, daß ihm im Großsohn der Belit niemals ein Wettbewerber erstehen würde. Sohn der Göttin, Freund des göttlichen Hengstes! — so hatte er des Gewispers gedacht, das Garp umschwebte, und dabei ein wenig die Mundwinkel nach unten verzogen — gerade nur ein wenig.
Von Tuk dagegen wußte keiner etwas, und Garp war sehr erstaunt gewesen, als sein Schreiber ihm zum erstenmal ganz offen und dann immer dringlicher vorgestellt hatte, er möge doch dieses ferne Bergwerk im wilden, menschenleeren Westen aufsuchen. Ereignet hatte sich das, als Garp seine Arbeit in der Abteilung für Bergwerke begonnen oder vielmehr - wie das bei seinem Familienstand selbstverständlich war - dessen Leitung übernommen hatte. Offenbar mußte Tuk etwas Bestimmtes wissen und wollen, doch gesagt hatte er nichts, auch dann nicht, als sich beide der Ochsenkarawane angeschlossen hatten, deren Aufgabe es war, alle sechs Monate Lebensmittel hinzuschaffen und die Ausbeute zu holen.
Über die Stadt Thyliss hinaus war von eigentlichen Wegen kaum noch zu reden gewesen, und Garp hatte sich gefragt, ob dieses entlegene Unternehmen nicht besser von Phalasarne und vom Westen aus zu versorgen war. Für die letzte Wegstrecke hatte er sich jedenfalls, weil es ihm zu lange dauerte, von der Karawane getrennt und war mit Tuk, immer den Schneegipfel des Ida vor Augen, auf Eseln vorausgeritten.
Ungläubig hatte er nach manchem Ungemach Tuks Bemerkung vernommen, daß sie angelangt seien. Nichts war zu sehen gewesen. Tuk hatte ihm den Zaun zeigen müssen, der sich im Gelände verlor. Erst dieser Zaun hatte Garp überzeugt; denn ein Bergwerk mußte, um die Eigentumsrechte zu sichern, eingehegt sein, während bei den Weidegründen des Stierhofs zu diesem Zweck Grenzpfosten genügten.
Von Gebäuden jedoch war nichts zu sehen, und Garp hatte doch den Tafeln zu entnehmen geglaubt, daß eine Belegschaft von einhundertneunundachtzig Köpfen vorhanden sei. Eine ganze Weile nach dem Durchreiten eines Gatters hatte sich schließlich ein an den Felsen gelehntes Verwaltungsgebäude gezeigt, dagegen kein einziges Arbeiterhaus, und wenn es eine mit Rasen gedeckte Hütte gewesen wäre. Ein wenig unbefriedigt hatte Garp das alles gelassen, so günstig Bestandsaufnahmen und Abrechnungen auch gewesen waren. Über etwas anderes hatte er den Oberaufseher vorerst nicht befragt, so daß dieser Beamte der Meinung war, der junge Herr Garparuda sei über alles, was mit diesem Betrieb Zusammenhänge, völlig unterrichtet. Wie hätte er wissen können, daß Garp diese Reise ganz überraschend und im geheimen angetreten und bis jetzt nur geschwiegen hatte, um desto mehr zu sehen? - Vor allem in der Unterwelt. — Der Verwalter war also vorangegangen, und zwar in der Ausrüstung, wie die Aufseher die Grube zu betreten pflegten: mit einer Peitsche und einem Dolchmesser von der halben Länge eines Kurzschwertes. Nun ja - hatte Garp gedacht -, zum Antreiben und zur Verteidigung bei einem Überfall von seiten der Sklaven. Nur einen Mann trug die Leiter, und erst beim Zuruf des vorangehenden Verwalters konnte Garp die nächste betreten.
Jugenderlebnisse am Pontus bestimmten noch heute seine Gefühle. Nichts von Geborgensein empfand er bei diesem Eindringen in den mütterlichen Schoß der Erde. Wohl hatte er sich in Kreta mit dem Dienst der Rhea vertraut gemacht. Gerade darauf hatte die
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