Aufstieg der Toten: Roman (German Edition)
sehen, den ein Uninfizierter getötet hatte.
Julie lag unter der dünnen Wolldecke, auf der sie auf ihrer langen Reise nach Westen immer geschlafen hatte, auf der Ladefläche. Als Trev anbot, beim Tragen zu helfen, schauten Mason und Anna ihn nur finster an und lehnten sein Angebot schweigend ab. Sie hoben die Journalistin zu zweit hoch, trugen sie aufs Feld hinaus und legten sie dort sanft ins Gras.
Einen Moment sagten die fünf Überlebenden nichts, sondern musterten nur den unter der Decke liegenden Leichnam. Trev nahm seine Mütze ab und drückte sie an sein Herz.
Nach einer Minute unterbrach Mason das Schweigen. » Haben wir eine Schaufel?«
Trev schüttelte den Kopf. » Nein. Nein, wir haben keine. In der Werkzeugkiste hinten ist vielleicht ein Klappspaten, aber mehr auch nicht.«
Mason nickte schweigend, wandte sich auf dem Absatz um und marschierte zum Pick-up zurück. Er kramte auf der Ladefläche herum und kam schließlich mit einem kleinen Handspaten zurück, wie man ihn im Garten benutzte. Ohne ein Wort zu sagen, ging er neben Julies Leichnam in die Knie und fing mühselig an zu graben.
Trev öffnete den Mund. Er hatte die Absicht zu sagen, dass es zu viel Zeit kosten würde, ohne richtiges Werkzeug ein Grab auszuheben, doch dann entschied er sich dagegen und machte den Mund wieder zu. Stattdessen griff er zu seinem Stiefel hinab und zog eine lange Jagdklinge aus dem Schaft, die so scharf war wie ein Rasiermesser. Er kniete sich neben Mason hin und fing an, auf den Boden einzustechen, um ihn zu lösen und die Erde mit der freien Hand beiseitezuwischen.
Mason schaute Trev an, und ihm gelang ein gefühlloses Lächeln, ein stummes Dankeschön.
Es dauerte nicht lange, dann machten auch die anderen mit und setzten jedes Werkzeug ein, das ihnen in die Hände fiel. Anna grub mit bloßen Händen, ohne jedoch den Ausdruck der Frustration und des Kummers zu verlieren, der sich in ihre Miene gegraben hatte. Sie empfand es als schrecklich, nicht in der Lage gewesen zu sein, Julie zu helfen, als sie ihrer Hilfe am meisten bedurft hatte.
Sie brauchten zwei Stunden, doch dann war das Grab endlich fertig. Es war zwar nicht einen Meter achtzig tief, aber fast. Trev und Mason standen im Loch, während Matt und Anna ihnen Julies Leichnam reichten. Man legte sie sanft zur Ruhe hin und ihr Haupt auf einen kleinen Hügel aus loser Erde. Dann kletterten die beiden Männer aus dem Loch, wischten die Erde von sich ab und schauten auf den unter ihnen liegenden Leichnam.
» Möchte irgendjemand etwas sagen?«, fragte Trev nach einer Weile.
Niemand antwortete.
» Jemand sollte aber was sagen«, sagte Trev.
Noch immer meldete sich niemand zu Wort. Matt und Junko schauten von einem zum anderen, dann blickten sie zu Boden. Annas Miene spiegelte noch immer eine Mischung aus Bedauern und Frustration, und Mason … In seinen Augen brannten Wut und Entschlossenheit. Keiner von ihnen sah so aus, als sei ihm oder ihr nach einer Grabrede zumute.
Trev räusperte sich.
» Tja«, sagte er und nahm zum zweiten Mal seine Mütze ab, um sie an sein Herz zu drücken. » Wenn keiner von euch was sagen will, werde ich es wohl tun. Es gibt, jedenfalls hab ich es so erfahren, zwei Arten von Menschen auf der Welt: die, die ganz allgemein gut, und die, die ganz allgemein böse sind. Ich habe Julie Ortiz nicht sehr gut gekannt. Eigentlich bin ich ihr gerade erst begegnet, aber mir ist schon in der kurzen Zeit unserer Bekanntschaft aufgefallen, dass sie zu den Menschen gehört, die ganz allgemein gut sind. Sie hat es nicht verdient, auf diese Weise zu sterben, wie auch alle anderen guten Menschen, die sterben mussten, seit diese blutäugigen Dämonen aufgetaucht sind.«
Junko warf Trev aus den Augenwinkeln einen Blick zu, doch kein anderer reagierte auf seinen Ausrutscher, und so sagte sie nichts und ließ ihn fortfahren.
» Wir begraben hier nicht nur eine Frau. Wir begraben eine Freundin, eine Verbündete, eine zuverlässige Gefährtin – und das ist etwas, das in der heutigen Welt äußerst selten geworden ist. Julie, ich habe dich zwar nicht gut gekannt, aber ich kann ehrlich sagen, dass du mir fehlen wirst. Gute Reise!«
Mit diesen Worten setzte Trev die Mütze wieder auf, nickte einmal vor sich hin und verschränkte die Hände hinter dem Rücken. Die anderen schienen zu spüren, dass seine Grabrede sachgerecht war. Sie hockten sich neben die Erdhaufen hin und schaufelten die Erde in das Grab hinein. Als sie das Loch gefüllt hatten,
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