Aufstieg der Toten: Roman (German Edition)
auszuplündern, schicken Sie ihnen ein Fahrzeug voller Gewehrschützen auf den Hals. Lassen Sie sie mit ihrem Blut bezahlen. Die werden es lernen. Und zwar schnell.«
» Lieber Gott, das ist hart«, sagte Keaton leise und griff mit weißen Knöcheln in den Maschendraht. » Aber es ergibt auch Sinn. George und Herman werden nicht eher Ruhe geben, bis diese Stadt ihnen gehört oder all ihre Männer tot sind.«
Sherman schwieg einen Moment. Er stand noch immer mit den Händen auf dem Rücken da. Dann hob er eine Braue. » Warten Sie … Wie heißen die beiden Anführer noch mal? Lutz?«
» Ja, genau.« Keaton nickte. » Herman und George Lutz. Es sind Brüder. Herman ist der Ältere. George kam ein paar Jahre später auf die Welt.«
» Oh, Mist.« Sherman versteifte sich. Er wischte sich mit einer Hand über die Stirn, denn ihm war plötzlich der Schweiß ausgebrochen.
» Was ist los?«, fragte Keaton.
Sherman dachte an die Schießerei vor der Brücke. Mehrere Szenen huschten durch seine Erinnerung. Wie er hinter der Tür des Lasters in Deckung gegangen war. Wie die Laster ihren Fluchtweg blockiert hatten. Da war ein Mann namens George, der uns zum Aufgeben aufgefordert hat.
» Können Sie die beiden mal beschreiben, Keaton?«, fragte Sherman.
» Wie denn? Äußerlich? Klar. Könnte nie vergessen, wie die aussehen. Herman Lutz ist ein großer Kerl, um die eins achtzig, wiegt so neunzig Kilo. Schütteres braunes Haar, große Nase. Leichte Hängebacken. Kriegt allmählich ’ne Wampe. George Lutz ist schmaler, etwa gleich groß und vielleicht zehn bis zwölf Kilo leichter. Längeres braunes Haar, die gleiche Nase, keine Hängebacken. George ist mehr so der Typ mit ’nem viereckigen Kinn.« Keaton spulte die Beschreibung der Verbrecher flüssig aus dem Gedächtnis ab. Er war eben ein Kleinstadtpolizist. Männer seiner Art neigten dazu, das Aussehen von Schwerverbrechern eher im Kopf als in Aktenschränken abzuspeichern.
» Verdammt«, sagte Sherman kopfschüttelnd. Die Beschreibung des George Lutz passte haarklein auf die Züge des Mannes, den Krueger während der Schießerei an der Brücke getötet hatte.
» Was ist denn?«
» Ich glaube, wir haben George Lutz getötet, Sheriff«, sagte Sherman. Er erzählte noch einmal von dem Hinterhalt an der Brücke und dem Mann, der von ihnen Wegzoll verlangt hatte. Er erzählte dem Sheriff auch, dass ein anderer Bandit diesen Mann George genannt hatte, er ganz vorn an der Front gestanden hatte und Kruegers erstes Opfer gewesen war. » Wenn das Herman Lutz’ Bruder war, liegt er etwa fünfzehn Kilometer westlich von hier mit dem Gesicht nach unten im Straßengraben.«
Keaton trat fluchend gegen den Maschendraht. Dann schrie er eine Verwünschung zum Himmel hinauf.
» Ich weiß zwar nicht, ob Herman schon davon weiß, aber vermutlich doch«, sagte Keaton. » Er wird stinksauer sein.« Und er ratterte eine Salve von Flüchen herunter, bei der jeder Seemann rot geworden wäre. » Er wird Blut sehen wollen!«
» Tja, nun«, sagte Sherman. » Ich schätze, dann hat der Kampf gerade erst angefangen. Tut mir leid, Keaton. Tut mir leid, dass ich Ihrer Stadt das angetan habe.«
Der Sheriff lehnte sich an den Zaun, stierte zu Boden und schwieg eine ziemliche Weile. Schließlich trat er noch einmal gegen den Maschendraht und fuhr herum, um Sherman anzusehen. Mehrere Emotionen zugleich spielten über sein Gesicht. Er wartete eine Weile, atmete tief durch und sprach dann weiter.
» Irgendwann hätten wir diese Leute so oder so am Hals, Sherman«, sagte er. » Ob Sie nun hier aufgekreuzt wären oder nicht. Sie hatten recht. Diese Typen hören nicht auf. Man muss etwas gegen sie unternehmen. Sie und Ihre Leute waren eigentlich nur der Auslöser. Wir müssen auf sie vorbereitet sein. Ich bete nur zu Gott, dass wir heil durch den Sturm kommen.«
12 . 34 Uhr
Keaton hatte eine Bürgerversammlung einberufen. Der Bürgermeister, ein älterer Mann namens Nathan York, war kontaktiert und über die Lage aufgeklärt worden. Sherman hatte den deutlichen Eindruck, dass der Bürgermeister zwar offiziell das Ruder in der Hand hatte, doch in Wahrheit nur ein Strohmann war. Sheriff Keaton hatte in der kurzen Zeit, die Sherman ihn kannte, Initiative und Intelligenz bewiesen, und daher nahm er an, dass er auch der wahre Anführer des kleinen überlebenden Ortes war.
Die Einwohner versammelten sich langsam. Man hatte die Bürger in ihren Häusern oder auf den frisch gepflügten Feldern gleich
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